Mein Auslandsjahr in den USA -
Weihnachten, Schneesturm und Lacrosse
Zweiter Erfahrungsbericht
WELTBÜRGER-Stipendiatin
Helena K. - USA
Stipendium gestiftet durch:
weltweiser

Meine Zeit in Bloomington, Indiana, vergeht immer schneller und in weniger als 100 Tagen bin ich wieder in Berlin. Kaum vorstellbar. Nach Thanksgiving begann das Auslandsjahr Normalität anzunehmen und alles verlor etwas an Spannung. Ich war nicht mehr die Neue in der Schule, die vorher für mich komischen amerikanischen Sitten wurden zu meinem Alltag und das Englischsprechen wurde für mich selbstverständlich.
Mit anderen Worten: Es wurde etwas gewöhnlich für mich und ich
bekam allmählich Heimweh. Die Winterpause im Lacrosse-Training setzte ein und draußen wurde es immer kälter und
dunkler. Die Tage ähnelten sich, ich stand morgens auf, ging zur
Schule und saß nach der Schule allein zu Hause, da meine Freunde
und Gasteltern arbeiteten.
Dies war die Zeit, wo ich
mich zum ersten Mal in den
USA einsam gefühlt habe.
Doch die Einsamkeit dauerte
nicht lange an. Denn schon
bald begann der Weihnachtsstress.
In Deutschland ist
Geschenkbesorgung für mich
einfach. Ich habe Großeltern,
Eltern, eine Tante und eine Schwester mit Familie zu beschenken.
Recht übersichtlich. Und wenn ich kein Geschenk für jemanden
finden kann, läuft es meistens auf "Mama, kauf mal was für
mich mit, bitte" hinaus. Hier in den USA ist dies aber eine
komplett andere Geschichte. Ich habe 5 Geschwister, Gasteltern,
5 Gasttanten und 3 Paar
Gastgroßeltern.
Es waren mehrere Ausflüge
zur Mall nötig, um alle
Geschenke zusammenzubekommen.
Meine
Freundin Camila musste
darunter sehr leiden und mit
mir stundenlang durch die
Geschäfte laufen.
Als ich alle Geschenke beisammen hatte, stand auch schon Weihnachten vor der Tür. Wir hatten zwei Wochen schulfrei und somit war endlich Ausschlafen für mich und meine Gastschwester Gabbie angesagt. Wir haben uns viele Criminal-Minds-Folgen gemütlich angeschaut und Monopoly mit den jüngeren Geschwistern gespielt. Eine sehr entspannte Zeit war das. Die Bescherung findet in den USA erst am 25. Dezember statt, doch am Heiligabend trafen wir uns alle zum Essen zusammen. Dieses Essen fand nicht bei uns zu Hause statt, sondern bei dem Vater meines Gastvaters. Alles war stillvoll dekoriert und das Essen schmeckte köstlich. Leider konnten meine Gastgeschwister nicht lange mit uns bleiben, da alle natürlich auch zu ihren anderen Elternteilen gehen wollten. Ich kehrte also nur mit meinen Gasteltern nach Hause zurück. Normalerweise würde man am nächsten Morgen die Geschenke auspacken, doch da keiner zu Hause war, mussten wir bis 12.00 Uhr auf alle Kinder warten. Die Bescherung war für mich ein sehr schönes Erlebnis. Es war auch einfach anders als bei mir zu Hause. Wir saßen alle auf der Couch in unseren Schlafanzügen und jeder überreichte sein Geschenk der jeweiligen Person. Draußen gab es leider keine weiße Weihnachten, sondern warme +15 Grad Celsius. Dafür konnten wir aber Pfeil und Bogen, das Weihnachtsgeschenk meines Gastbruders, gleich draußen ausprobieren.
Nach Weihnachten hatten wir noch eine Woche Ferien. In dieser Zeit habe ich eine Neujahrsliste mit guten Vorsätzen zusammengefasst, nach denen ich mich im nächsten Jahr richten wollte. Ein Punkt auf der Liste war der Verzicht auf alle sozialen Medien, da ich in Amerika noch mehr von ihnen abhängig geworden bin, als ich es bis dahin ohnehin schon war. Im neuen Jahr konnte ich den Vorsatz immerhin zwei Monate lang durchhalten (länger als ich gedacht hatte). Silvester war nicht gerade der Knaller für mich, da alle von meinen Freunden zu Hause blieben und mit ihren Eltern Fernsehen guckten. Den 1. Januar empfand ich als einen frischen Neustart. Ich wollte so viel wie möglich in den nächsten sechs Monaten erleben und alles ganz bewusst genießen, damit mein Auslandsjahr noch wertvoller für mich werden konnte.
Es war ein schöner Jahresanfang, dann
ich habe richtige Freunde gefunden, mit
denen ich mich so gut wie mit meinen
Freunden in Berlin verstehe. Wir sind
dann öfter zusammen Essen, ins Kino
oder einfach in die Mall gegangen.
Die etwas träge
Weihnachtszeit war
überstanden und ich fing an, wieder Lacrosse zu
spielen. Doch sobald wir wieder mit dem Training
anfingen, schneite es so heftig, dass am ersten Tag
des neuen Trimesters die Schule wegen massiven
Schneestürmen abgesagt werden musste. Für die
nächste Woche durften wir das Haus nicht
verlassen. Nach den vielen Tagen der Zwangspause
waren wir dann ehrlich gesagt alle zu Hause sehr
froh, zurück zur Schule zu können.
Mein neues Fach ist AP Latein. Ich bereue es, dieses Fach gewählt zu haben, da es wirklich nicht einfach ist, eine fast neue Sprache in einer ohnehin fremden Sprache zu lernen. Dazu überkommt mich manchmal das Gefühl, dass ich wirklich nicht gut in Latein bin. Des Weiteren habe ich Theater 2 gewählt. Es ist der weiterführende Teil zu dem Fach, welches ich im ersten Trimester hatte. Ich verehre die Lehrerin, da sie wirklich Ahnung hat, wenn es ums Theater geht.
Ich habe auch Zeichnen gewählt. Eigentlich dachte ich nie, dass
ich irgendein Talent fürs Zeichnen habe, doch wie es sich
herausgestellte, bin ich doch recht gut und eins meiner Bilder
wurde sogar in der Schulausstellung gezeigt
.
Ich habe auch erneut Kochen
gewählt, um ein paar
amerikanische Gerichte nach
Hause mitzunehmen.
Mein Lieblingsfach ist aber
weiterhin Mathe. Wie ich
immer wieder gerne sage:
Ich bin eine überzeugte
Humanistin, die aber gut mit Zahlen umgehen kann. Ich habe
dieses Fach mit meiner Gastschwester Gabbie zusammen, so dass
wir uns bei mathematischen Fragen auch zu Hause gegenseitig
helfen können.
Die meiste Freizeit habe ich nun in Lacrosse investiert. Ich bin sehr gut mit den Spielern vom Team befreundet. Wir haben viel Spaß zusammen. Es ist schade, dass diese Sportart in Deutschland nicht so verbreitet ist, doch ich hoffe, es wird sich eine Möglichkeit finden, auch zu Hause Lacrosse spielen zu können. Über die sozialen Medien (Fluch und Segen) bleibe ich hoffentlich mit dem Team in Kontakt. Im März kam dann auch schon Spring Break und wir hatten wieder eine Woche Ferien. Wir wollten mit der Familie nach Florida fahren, aber daraus wurde leider nichts und so blieb ich zu Hause. Meine Freunde mussten entweder arbeiten oder waren verreist, also verbrachte ich die Zeit mit Zeichnen und Joggen. Übers Wochenende fuhren wir dann aber in ein Hotel, welches eine Stunde Autofahrt von uns entfernt ist, um ein wenig Tapetenwechsel zu kriegen. Wir hatten ein paar schöne Tage und konnten dort am Pool faulenzen.
Nach dem Spring Break fing wohl die beste Zeit in meinem Auslandsjahr an, da unsere Lacrosse-Spiele angefangen haben. Dadurch bin ich jetzt viel mit Sport beschäftigt. Das Team ist neu, wir stehen am Anfang und wir sind zwar nicht sehr erfolgreich, doch wie unser Trainer sagt immer gerne: Wir sind die Sieger der Herzen.
Am 26. März habe ich nach acht Monaten
meine Eltern wieder gesehen. Sie kamen nach
Amerika, um mich zehn Tage in Bloomington
zu besuchen. Es war eine sehr emotionale und
sehr schöne Zeit. Wir sind in Indianapolis ins
Kunstmuseum gegangen, um unter anderen die "Funky Bones" zu sehen, wo einige Szenen des
Films " Das Schicksal ist ein
mieser Verräter" gedreht
wurden. Wir haben auch
gemeinsam Bloomington mit seinem großen Uni-Campus erkundet. Meine Eltern haben mich bei
meinem ersten Lacrosse-Spiel angefeuert. Sie
haben mit mir und meiner Gastfamilie auch die
Osterzeit verbracht. Wir haben die Gastgroßeltern und die Gasttanten besucht. Meine Eltern wurden
somit der ganzen großen Familie vorgestellt. Durch all die
Ausflüge und Besuche konnten sie sich ein
ziemlich gutes Bild von meinem Leben in den
USA machen. Am Ostermontag mussten sie aber
schon wieder zurück nach Hause fliegen. Ich kann
es jetzt kaum abwarten, mit meiner ganzen Familie
in Berlin wieder zusammen zu sein.
Mein Auslandsjahr dauert nur noch zwei Monate und ich habe das Gefühl, diese Zeit gut nutzen zu können. Letztes Wochenende z.B. habe ich einen Trip mit vielen Austauschschülern nach Chicago gemacht. Wir hatten eine tolle Zeit zusammen. Nicht nur, dass Chicago eine wunderschöne Stadt ist, doch es war auch sehr schön, sich mit anderen Auslandsjahrschülern zu treffen und mit den gemeinsamen Erfahrungen auszutauschen, die wir in den USA erlebt haben.
Nächstes Wochenende steht schon der Prom-Ball vor der Tür.
Ich bin gespannt, ob es wirklich so sein wird, wie in einem
klassischen High-School-Teenie-Film oder ich mit etwas ganz
anderem überrascht werde.
Genau zum richtigen Zeitpunkt, zur Prom, habe ich mir während eines Lacrosse Spiels einen Sonnenbrand auf dem ganzen Rücken und im Gesicht eingeholt. Nächste Woche wird wohl viel Make-Up zum Einsatz kommen müssen. Am meisten freue ich mich nun aber auf eine Kreuzfahrt, die ich mit meinen älteren Gastschwestern und meiner Gastmutter unternehmen werde. Wir fahren nämlich zu den Bahamas. Ich war noch nie auf einer Kreuzfahrt und ich bin auch noch nie im Ozean geschwommen, also bin ich schon sehr aufgeregt. An die Sonnenschutzcreme werde ich aber diesmal denken.