- WELTBÜRGER-Stifter: Highschool Australia
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Australien
- Dauer: 6 Monate
- Name: Johanna
Bericht 1/2
Eine Wominjeka Heilungs-Zeremonie am Nationalfeiertag, die Aussichtsplattform auf dem Skydeck, Graffiti-Straßenkunst und ein Picknick neben dem Melbourne Cricket Ground, wo gerade Taylor Swift ein Konzert singt – das ist nur ein Bruchteil von dem, was ich bisher in Australien erlebt habe. Es ist krass, was in drei Wochen alles passiert ist.
Aber ich fange von vorne an. Ich stelle mich erst einmal vor. Hey, ich bin Johanna, 16 Jahre alt – meine Freundinnen und Freunde nennen mich Jojo. Mit mulmigem Gefühl bin ich am 24.01.2024 in das Flugzeug in München gestiegen, um ganz allein die rund 16.000 km nach Melbourne zu fliegen. Der Umstieg in Singapur war ganz einfach, obwohl ich das Terminal wechseln musste und von Mitternacht bis 4:00 Uhr morgens (meiner „alten“ Zeit) auf den Anschlussflug nach Melbourne warten musste. Trotz des langen Flugs war ich erstaunlicherweise gar nicht müde, als mich Gabby von meiner Schule vom Flughafen abholte, um mich zu meiner Gastfamilie zu begleiten. Wie alle an der Schule, war sie sehr nett und hat mir meine erste Aufregung genommen.
Meine Gastfamilie besteht aus meiner Gastmutter, einem 5-jährigen Gastbruder und zwei Gastschwestern aus Deutschland und aus Brasilien, die beinahe gleichzeitig mit mir angekommen sind. An meinem ersten Tag – noch etwas angeschlagen vom Jetlag – nahm uns unsere Gastmutter gleich mit zu einer Feier der Wominjeka, der Nachfahren der ursprünglichen Bewohnerinnen und Bewohner der Gegend von Melbourne, auf der viel gesungen und getanzt wurde.
An unserem ersten Wochenende in Melbourne versuchten meine Gastschwestern, mit denen ich mich auf Anhieb gut verstand, und ich, uns mit dem Nötigsten auszustatten: schwarze Lederschuhe für die Schuluniform, eine australische SIM-Card für unsere Handys und die myki-card, mit der wir in Melbourne mit Zügen, Trambahnen und Bussen überall hinkommen.
Am ersten Schultag, dem Orientation Day, wurden wir erst einmal im Elwood College, meiner Schule, herumgeführt. Mein erster Eindruck war gleich, dass die Lehrerinnen und Lehrer sehr offen und freundlich sind. Ein Lehrer hat in der ersten Unterrichtsstunde seine Familie und sich, sein Zuhause und seine Haustiere in einer Power-Point-Präsentation vorgestellt. Außerdem gibt es sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um die verschiedensten Dinge an der Schule kümmern (IT für Laptops der Schülerinnen und Schüler, Fragen der Internationals, Schulbücher, Organisation der Spinde, wo wir unsere Sachen lassen können, u.s.w.). Die Schuluniform gefiel mir von Anfang an: Die meisten tragen graue (kurze) Hosen oder kurze blaue Röcke und weiße Blusen oder Hemden. Sogar für den Sportunterricht gibt es eine eigene Uniform. Meine Fächer sind Food Studies, wo wir auch einmal in der Woche in einer großen Schulküche mit mehreren Kochinseln selbst kochen, Physical Education (eher Sporttheorie, nur einmal im Monat machen wir auch selbst Sport), Geography, Kunst, Englisch und Mathe. Der Schulhof ist sehr schön groß und die Klassenzimmer wirken insgesamt viel offener, weil nicht jedes Klassenzimmer ein richtig abgeschlossener Raum ist. Das Elwood College liegt nur 10 Minuten zu Fuß vom Strand entfernt. Wir treffen uns regelmäßig am Strand, um uns dort zu sonnen oder bei einem Picknick dem Sonnenuntergang zuzusehen.
Die Stadt ist toll. In der ersten Schulwoche hat die Schule für die Internationals einen Ausflug nach Melbourne Downtown organisiert. Wir sind den Melbourne Skydeck, die höchste Aussichtsplattform der südlichen Erdhalbkugel, hochgefahren und konnten uns die Stadt aus 300 Meter Höhe von oben ansehen. Unten in den Straßen wurden wir dann zu besonderen Graffiti-Kunstwerken geführt, die es überall in Melbourne gibt.
In Deutschland spiele ich sehr viel (Feld-) Hockey, deshalb wollte ich unbedingt auch in Australien Hockey spielen. Schon in Deutschland habe ich zwei Vereine per E-Mail angeschrieben, die auch beide sehr offen reagiert haben. Sie schrieben, ich soll mich melden, wenn ich in Melbourne angekommen bin. Außerdem haben sie mich gleich zu einem Probetraining eingeladen. Als ich dann das erste Mal zu einem Probetraining der Seniors (Damen) kam, war ich erstaunt über die Anlage, auf der trainiert wird: eine Tribüne, mehrere sehr gute Plätze und eine klasse Ausstattung. Ich wurde von Anfang an in das Team integriert. In Zukunft werde ich, wenn die Saison beginnt, auch mit den Juniors (unter 18) und mit den Damen trainieren dürfen.
Leider habe ich in der zweiten Woche meines Aufenthalts starke Halsschmerzen bekommen und musste eine Woche zuhause im Bett bleiben. Eine Mitarbeiterin der Schule, die International School Coordinator, ist mit mir zusammen in eine Arztpraxis gegangen und mit einem Medikament ging es mir schon nach zwei Tagen besser. So habe ich sogar schon Erfahrung mit dem australischen Gesundheitssystem gesammelt.
In meiner Freizeit treffe ich mich mit Freundinnen und Freunden. Wir haben sogar das Konzert von Taylor Swift im Melbourne Cricket Ground besucht, allerdings haben wir nur von dem nahe gelegenen Park zugehört. Eine Freundin hat dort ihren Geburtstag gefeiert. An das Stadtviertel Elwood, wo meine Schule liegt, schließt sich das Viertel St. Kilda an, berühmt für sein Musikfestival St. Kilda Festival. Da mussten wir natürlich auch dabei sein. Es waren wahnsinnig viele Leute auf den Straßen und am Strand. Es wurde auf mehreren Bühnen sehr gute Live-Musik gespielt und viele Leute haben dazu getanzt oder auch einfach nur von der Ferne zugehört und dabei am Strand gesessen. Außerdem konnte man sich dort bei einer großen Auswahl an Food-Spots etwas zu Essen holen.
Viele Grüße, Johanna
Bericht 2/2
In Melbourne gibt es so viel zu erleben! Am Montag, 11. März war ein Feiertag in Victoria, der Labour Day. Über das lange Wochenende fand in Melbourne das Moomba Festival, eines der größten Festivals in Australien statt – mit Live-Musik, coolen Vorführungen von Skatern, vielen tollen Fahrgeschäften und Food-spots und schließlich einem gigantischen Feuerwerk. Zu der Zeit herrschte in Melbourne, wo es sonst nicht so extrem heiß ist, eine Hitzewelle. Es war eine ganze Woche um die 37 Grad heiß! Da half nur ein Sprung ins kühle Meer. In der Zwischenzeit habe ich noch andere, weniger belebte Strände entdeckt, die ich mit meinen Freundinnen und Freunden gut mit dem Zug erreichen kann. Hier ist das Wasser dann noch klarer als an dem Strand in der Nähe unserer Schule, dem Elwood College.
Aber mein Aufenthalt hier besteht natürlich nicht nur aus Freizeitaktivitäten. In der Schule fühle ich mich sehr wohl und habe auch Anschluss zu Australierinnen und Australiern gefunden. Der Unterricht ist schon sehr anders als in Deutschland, nicht nur weil die Kurse in der 11. Klasse hier viel kleiner sind. In Kunst zum Beispiel zeichnen oder malen wir nicht nur, sondern analysieren auch ganz intensiv Bilder und besprechen, welche Wirkung durch bestimmte Gestaltungsmittel entsteht.
Im Englischunterricht bin ich nicht in dem Englischkurs „Englisch as an additional language“ (EAL), sondern Englisch, so wie wir in Deutschland Deutschunterricht haben. Ehrlich gesagt war ich etwas nervös, ob ich da mitkomme, denn die Texte waren für mich schon schwer zu lesen. Am Ende des ersten Terms standen Prüfungen an. Wir sollten einen Essay zu einem Text schreiben. In der Woche vor den Tests, den sogenannten SACs, wurde in jedem Fach ein Probe-SAC geschrieben, der auch korrigiert wurde. Der Lehrer hat sich die Mühe gemacht, sich mit jedem Schüler und jeder Schülerin hinzusetzen und seine Arbeit zu besprechen. Das hat mich beeindruckt. Er hat mir damit vor allem meine Unsicherheit genommen und die Prüfungen liefen dann auch ganz gut. Man muss sich also wirklich keine Sorgen machen, dass man in der Schule nicht so gut mitkommt, weil das Englisch vielleicht nicht so gut ist. Die Lehrerinnen und Lehrer sind wirklich sehr hilfsbereit.
Das erste Term war kurz vor Ostern vorbei und es standen zwei Wochen Osterferien an. Mein Osterfest war auch anders als sonst. Auch wenn unsere Gastmutter nicht wirklich mit uns zusammen gefeiert hat, habe ich es mir mit meinen Gastschwestern trotzdem schön gemacht. In den Ferien habe ich sehr viel mit Freundinnen und Freunden unternommen. Wir waren zum Beispiel bei einem AFL (Australian Football league) Spiel, was für mich eine ganz neue Erfahrung war, weil ich zuvor diesen Sport noch nie gesehen hatte. Außerdem musste ich mich in den Ferien schon von einer anderen deutschen Freundin verabschieden. Sie hat eine Good-Bye Party mit allen Freundschaften gemacht, die sie über die Zeit geschlossen hat. Sie war schon seit Oktober hier, war also auch für sechs Monate in Melbourne. Der Gedanke ist sehr komisch, dass ich jetzt schon die Hälfte meines Aufenthalts vorbei habe und in zweieinhalb Monaten wieder im Flugzeug zurück nach Deutschland sitze. Die Zeit vergeht hier rasend schnell.
Jetzt muss ich aber noch von den Erlebnissen mit meinem Hockey-Verein berichten. Das Training bei meinem Verein Powerhouse St. Kilda, der auch eine Damenmannschaft stellt, die in der Premier league in Victoria spielt, hat für mich in der Vor-Saison begonnen. Daher wechselte der Trainingsort oft, weil der Verein noch nicht auf seinem eigenen Platz spielen konnte. Ich werde aber meistens von einer anderen Hockeyspielerin aus dem Team mit dem Auto von einer Haltestelle mitgenommen. Bei der Gelegenheit habe ich meine Teamkolleginnen und meine Trainerin gleich besser kennengelernt und wir haben auch schon private Treffen ausgemacht. In meinen ersten 11 Wochen fanden bisher nur Freundschaftsspiele statt, bei denen ich auch schon mitspielen durfte. Das waren Gastspiele gegen Teams anderer Vereine in Melbourne. Die letzte Woche hat es dann richtig begonnen mit Punktspielen und Training auf unserem eigenen Platz im Albert Park in St Kilda. Das erste Spiel haben wir auch gleich mit einem 3:2 Sieg gemeistert.
Es wird tatsächlich langsam Winter hier und die Temperatur ist schlagartig von heißen 35 Grad auf 15-20 Grad heruntergekühlt. Man kann also nicht mehr den ganzen Tag am Strand liegen und sich sonnen. Dafür lernen ich jetzt noch ganz andere Seiten von Melbourne kennen.
Im Mai fährt eine Gruppe der Internationals mit der International Student Coordinatorin (ISC) der Schule ein paar Tage während der Schulzeit an die Gold Coast. Ich freue mich schon sehr darauf. Wir werden hinfliegen, Surf lessons haben, einen Wildlife Park besuchen und eine Wanderung machen.
Insgesamt fühle ich mich sehr wohl hier und ich bin gespannt, was ich in der anderen Hälfte noch alles erleben werde. Davon erzähle ich euch in meinem nächsten Bericht!
Bis dahin, Johanna