- WELTBÜRGER-Stifter: weltweiser
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Australien
- Dauer: 10 Monate
- Name: Jamina
20 Stunden unterwegs nach Down Under
Am 06. August 2018 bin ich in Bremen in den Flieger nach Frankfurt gestiegen, der mich nach Hong Kong bringen sollte. Von da aus sollte es weiter nach Sydney ins Soft-Landing-Camp gehen. Der Abschied von meiner Familie in Deutschland war nicht so schlimm, wie ich davor befürchtet hatte. Meine Mama hat ein bisschen geweint, aber ich erstaunlicherweise gar nicht. Ich war viel zu aufgeregt und habe eigentlich weniger realisiert, dass ich meine Familie jetzt für 10 Monate nicht sehen sollte. Auch auf den längeren Flügen, war mir gar nicht so richtig bewusst, was eigentlich gerade passiert. Zusammen mit den anderen deutschen Austauschschülern hat es sich selbst, als wir im Camp außerhalb von Sydney waren, eher wie ein Klassenausflug angefühlt.
Richtig real wurde es erst, als ich 3 Tage nach der Landung in Sydney meine Gastfamilie am Flughafen in Melbourne umarmt habe. Auf einmal war ich alleine und vollkommen auf mich gestellt, was die Verständigung anging. Ich habe mich trotzdem aber direkt super wohl dort gefühlt und wusste, dass ich in der Familie die 10 Monate meistern könnte.
Der Schulstart
Ungefähr eine Woche nach meiner Ankunft in Melbourne ging für mich die Schule los. Ich hab total gespannt meine lilafarbene Schuluniform angezogen und mir gedacht oh Gott, oh Gott, das sieht wirklich komisch aus, so mit Krawatte und Lackschuhen. Sobald ich allerdings in der Schule war, war ich erleichtert, weil alle so rumliefen. Jeder trug das Gleiche. Natürlich haben mich alle angestarrt, weil ich neu war – aber die Schuluniform hat mir irgendwie das Gefühl gegeben, nicht ganz so aufzufallen und irgendwie schon direkt dazu zu gehören.
Außerdem waren wirklich alle total hilfreich, sind auf mich zugekommen, haben sich vorgestellt, boten mir an, mich zum nächsten Kurs zu bringen. Das hatte ich wirklich gar nicht erwartet, weil uns vorher immer gesagt wurde, wir sollten auf die Leute zu gehen. Ich hatte mir vorher ganz umsonst so viel Stress gemacht, denn ich hatte Angst, nicht zu wissen, wo ich hingehen musste und alleine dazustehen. Das war aber wie erwähnt absolut nicht so, eher das Gegenteil. Das hat mir den Einstieg in die Schule sehr erleichtert.
Gastfamilienwechsel
Mit meiner Gastfamilie in Melbourne habe ich mich grundsätzlich sehr gut verstanden, trotzdem habe ich manchmal das Gefühl gehabt, dass irgendwas los ist. Als nach ungefähr 3 oder 4 Wochen sich dann meine Koordinatorin mit meiner Gastmutter und mir an den Tisch gesetzt hat und meine Gastmutter mir erzählte, dass sie krank sei und, wie ich schon bemerkt hatte, keiner meiner Gasteltern so richtig regelmäßig zur Arbeit ging, wurde mir Einiges klar. Mir war dann auch bewusst, was als Nächstes kam: Ein Gastfamilienwechsel.
Meine Gastmutter bat meine Koordinatorin darum, nach einer neuen Familie im Umkreis zu suchen, damit wir uns besuchen könnten und auch meine Koordinatorin sagte mir, dass die Organisation alles versuche, um mich auf der Schule zu lassen, da ich so schnell Anschluss gefunden hatte und sie mich da ungern rausreißen würden. Ich war natürlich traurig, dass ich die Familie wechseln musste, weil wir uns wirklich sehr gut verstanden, allerdings dachte ich nicht, dass es allzu schlimm werden könnte, wenn ich auch auf der Schule bliebe und die Familie weiter sehen könnte.
Fernweh? JuBi!
Es hat ca. eine Woche gedauert, bis meine Koordinatorin mich anrief und mir von den Neuigkeiten erzählte: Sie hatten eine neue Familie für mich gefunden. Als ich allerdings hörte, dass die neue Familie 3 Stunden nördlich am Murray River wohnte, war ich erstmal baff. In Deutschland war ich auf alles vorbereitet gewesen und mir war es vollkommen egal, ob Stadt oder Land, aber natürlich hatte ich mich gefreut zu hören, dass ich in einem Vorort der riesigen Metropole Melbourne wohnen würde. Noch dazu wurde mir gesagt, ich könnte in der Nähe bleiben, doch jetzt war ich so weit weg!
Die neue Schule war zwar auch in Victoria, allerdings mochte ich meine erste Schule sehr und noch dazu wohnte die neue Familie in New South Wales. Was das mit ,,in der Nähe bleiben’’ zu tun hatte, weiß ich immer noch nicht ganz. Aber na gut, dachte ich, wenigstens sehe ich dann etwas mehr von Australien. Und wer kann schon von sich sagen, dass er in seinem Auslandsjahr jeden Morgen auf dem Weg zur Schule von einem Bundesstaat in den Nächsten wechselt?
Die Geschichte über die zweite Gastfamilie möchte ich relativ kurz halten, weil es mir dort überhaupt nicht gut ging. Ich habe wirklich jeden Tag geweint und kurzzeitig darüber nachgedacht, alles abzubrechen, was erschreckend ist, da ich seit zwei Jahren darauf gewartet hatte, endlich nach Australien zu kommen!
Am Ende lief es darauf hinaus, dass ich in eine Übergangsfamilie gekommen bin, bei der ich zwei Wochen geblieben bin. Auch mit der Familie habe ich mich wieder sehr gut verstanden und meine älteren Gastgeschwister hatten sogar mit meiner Gastmutter zusammen überlegt, ob es irgendwie möglich wäre, dass ich dort die restliche Zeit des Auslandsjahres bleiben könnte. Allerdings hatten sie schon eine finnische Austauschschülerin und ich hätte wieder zu der Schule gehen müssen, wo ich vorher war (und die Gastgeschwister der zweiten Familie gingen auch dort zur Schule), also hieß es abwarten bis zum nächsten Wechsel.
Nach eineinhalb Wochen bekam ich eine Mail von meiner neuen Gastfamilie. Sie leben in South Australia in der Nähe der Stadt Berri am Murray River (mir wurde zwar gesagt, ich würde auf jeden Fall in Victoria wohnen bleiben, aber ich war nicht wirklich überrascht, dass ich jetzt doch wieder in einem anderen Staat wohnen sollte). Sie fuhren extra 7 Stunden, um mich mit dem Auto abzuholen, damit ich nicht nochmal fliegen musste.
Die Gegend hier in SA finde ich wirklich am allerbesten, sogar besser als Melbourne (was nur zeigt, dass man auch weit weg von einer Großstadt eine schöne Zeit haben kann!). Hier ist überall der bekannte rote Sandboden, täglich springen Kängurus durch die Gegend und das Klima lässt einen auch nicht vergessen, dass man in Australien ist. Die Schule finde ich ebenfalls besser, als meine erste Schule. Dann habe ich Fächer gewählt, die ich zuhause nicht habe. An der ersten australischen Schule hatte ich die Fächer gewählt, die ich auch in Deutschland habe, damit ich nicht wiederholen muss, wenn ich wieder da bin.
Ich kann nur sagen, dass es sich auf jeden Fall lohnt, neue Fächer auszuprobieren, selbst, wenn einem dann das Jahr zuhause nicht angerechnet wird! Ich gehe zweimal die Woche mit meinem Outdoor Education Kurs Kajakfahren, lerne in Independent living, wie man sich darauf vorbereitet, von Zuhause auszuziehen und was man beachten muss und in Food & Hospitality koche ich regelmäßig Muffins, Kekse und Lamingtons (australische Kuchen). Die Schule macht mir hier so unglaublich viel Spaß, dass ich gar nicht so richtig Lust auf 9 Wochen Sommerferien habe. Und das heißt doch was?
Mein Geburtstag in Australien
Das größte Highlight bis jetzt war mein Geburtstag hier. Am Tag meines Geburtstags sind meine Gastfamilie und ich essen gegangen und ich durfte am Ende die Kerzen auf meinem Geburtstagskuchen auspusten (mein Gastvater sagt, das Rezept für den Kuchen ist sein Geheimnis, aber eigentlich steht es auf der Rückseite einer Kekspackung;)). Das Schönste war aber, als ich am Sonntag zum Pizzaessen mit einer Freundin verabredet war. Ich hatte sie extra noch gefragt, ob wir nur zu zweit essen gehen würden und sie bestätigte es. Als wir dann die Türen zum Restaurant öffneten, konnte ich gar nicht glauben, dass alle meine Freunde an einem dekorierten Tisch saßen und laut ’’Happy Birthday’’ riefen, als wir reinkamen. Ich habe mich so sehr gefreut, das hatte ich echt gar nicht erwartet! Wir haben gegessen, geredet, gelacht und ich habe an diesem Abend einfach nur gedacht, dass ich am liebsten nicht mehr nach Hause will, so schön fand ich es.
Am Ende des Abends kamen dann die Restaurantmitarbeiter mit einem kunstvollen Schokoladenkuchen rein und alle zusammen haben ein Geburtstagslied gesungen (der Kuchen war übrigens auch genauso lecker, wie er aussah). Das war mein australischer Geburtstag, den ich mit absoluter Sicherheit nicht vergessen werde:)
Ich denke, mein Auslandsjahr ist an manchen Stellen genau das, wovor viele Austauschschüler Angst haben. Eine Gastfamilie, die leider gar nicht zu einem passt, zu viele Wechsel und das Umziehen in komplett andere Regionen. Es zeigt aber auch, dass es immer nur besser werden kann und man manchmal einfach daran glauben muss, dass sich alles zum Guten wendet. Ich bin hier in SA glücklicher, als in jedem anderen Ort, in dem ich war, habe sowohl, Sydney, Melbourne als auch Adelaide gesehen (Adelaide ist mein Favorit), war in drei verschiedenen Bundesstaaten, hab in der Stadt und auf dem Land gelebt, verstanden, dass nicht alles schlecht ist, nur weil es gerade so aussieht und gelernt, dass ich auch am anderen Ende der Welt Menschen finde, die mich nicht hängen lassen. Und es sind erst etwas über 3 Monate um!
Mein Sommer in Australien
Es ist April und während in Deutschland der Frühling eingetroffen ist, gehen im australischen Herbst die Temperaturen langsam runter. Auch wenn es an den meisten Tagen trotzdem noch um die 25 Grad Celsius sind, ist der Sommer definitiv vorbei. Ostern naht, der letzte große Feiertag bevor es für mich nach Hause geht. Weihnachten und Neujahr im Hochsommer, aber auch der Sommer im ganzen hier in Down Under waren wirklich tolle Erfahrungen, die ich froh bin gemacht zu haben und mit absoluter Sicherheit niemals vergessen werde.
Weihnachten im Hochsommer
Weihnachten in Australien war ziemlich anders als das Weihnachten, was ich aus Deutschland kenne. Natürlich haben wir auch dort nicht immer schneeweiße Weihnachten, aber in der Hitze schwitzen müssen wir auch nicht :). Weihnachten wird hier eigentlich am Morgen des 25. Dezembers, also mitten im Hochsommer gefeiert. Da meine Gastfamilie und ich uns aber morgens am 24. Dezember auf den etwas längeren Weg nach Port Lincoln machen wollten, gab es bei uns Bescherung sogar schon am Abend des 23. Dezembers! Die Bescherung hat mich von all den Traditionen hier am ehesten an das Weihnachten in Deutschland erinnert, weil die Geschenke auch unter einem Weihnachtsbaum lagen und die Bescherung eben am Abend war (der Tannenbaum war aber aus Plastik, wie in den meisten australischen Häusern – mit echten Tannenbäumen ist es in Down Under nicht so).
Am 24. Dezember saß ich dann also im Auto auf dem Weg zur Tante, die in dem oben genannten Ort Port Lincoln wohnt. Port Lincoln liegt im Süden South Australia’s und hat etwa 14.000 Einwohner. Der Ort ist direkt am Meer und total schön – und etwas kühler als hier oben im Outback. Am Weihnachtsmorgen sind wir zu weiteren Familienangehörigen ein paar Straßen weiter gefahren, wo die Vorbereitungen für Lunch stattfanden. Alle zusammen saßen wir dann draußen auf der Terrasse, mit Sonnenbrillen und kurzen Hosen, haben zusammen Lunch und Kuchen gegessen und so den 25. Dezember verbracht.
Neujahr
Am Tag des 31. Dezembers bin ich abends mit meinem Gastbruder zusammen zu Freunden gefahren. Diese hatten deren Terrasse total schön geschmückt und saßen gemütlich in einer Runde, haben Musik gehört, Tim Tams und Cheezels gegessen und gelacht. Wir haben dann ein Tischtennisturnier veranstaltet, während die Eltern den Grill angemacht haben und das Barbecue vorbereiteten. Die Australier lieben Barbecue und egal wo man auch hingeht, es sieht meistens immer gleich aus: Jemand steht mit seinen australischen Thongs vor dem Grill und brät die Lammwürstchen und die Beef patties, die dann zusammen mit einer Scheibe Toast und Barbecue Sauce genossen werden. Eine richtige typisch australische (und leckere) Tradition, die im Sommer ständig stattfindet.
Kurz vor Mitternacht haben wir dann Wunderkerzen angezündet und wie wahrscheinlich auf der ganzen Welt die letzten Sekunden von 2018 runter gezählt. 2018, was für ein Jahr! In der Mitte des Jahres begann mein Abenteuer, und jetzt stand ich da, nach 5 Monaten in Australien, und konnte es irgendwie trotzdem noch nicht glauben. All diese Leute um mich rum, die so fremd waren am Anfang, die mich aufgenommen haben in ihre Gruppe und die mittlerweile so unglaublich wichtig geworden waren! Und dann war es 0 Uhr und wir haben fröhlich “HAPPY NEW YEAR!!!“ in die Nacht gerufen.
Ich habe nach oben geguckt und etwas bemerkt, dass ich an Sylvester noch nie erlebt hatte. Ein stiller und dunkler Nachthimmel. Es war schon nach 0 Uhr und noch kein einziges Feuerwerk hatte ich gesehen oder in der Ferne gehört. Ich war so verwirrt, habe mir dann aber erstmal nichts weiter dazu gedacht und einfach den Abend mit meinen Freunden genossen. Bis ich dann am nächsten Tag wieder daran denken musste und meine Gastmutter auf dem Weg nach Hause einfach fragen musste: Warum gab es kein Feuerwerk? Die Antwort lag eigentlich auf der Hand, ich hatte aber absolut nicht daran gedacht. Hier oben im Outback sind überall Büsche und an jeder Kreuzung hängen Plakate, die daran erinnern sich vor Bushfires zu schützen. Die no fire season hatte im November angefangen und würde noch eine Weile gehen, eben bis der Hochsommer vorbei war. Dass an Neujahr dann keine Raketen gestartet werden dürfen, ist eigentlich selbsterklärend.
Ich hatte daran aber gar nicht gedacht, vor allem weil doch jedes Jahr bei uns in Deutschland gezeigt wird, wie Australien bereits vor uns mit riesigen Feuerwerken über dem Opera House das nächste Jahr begrüßt hatte. In großen australischen Städten wie Sydney gibt es auch öffentliche, kontrollierte Feuerwerke. Im Rest des Landes bleibt es dunkel in der Silvesternacht – was irgendwie komisch war, aber letztendlich ist es viel wichtiger, das Jahr mit Menschen zu beginnen, die einem wichtig sind…und immerhin bedeutet das, dass man am nächsten Tag nicht die Straßen von Böllern befreien muss.
Surfen
Dank meines Outdoor Education Kurses kann ich jetzt auch surfen:) Wir sind für drei Tage runter nach Goolwa Beach gefahren, wo der Instructor von KingoSurfing meiner Klasse und mir erklärt hat, warum Goolwa der ideale Ort für Surfanfänger ist. Keine starken RIPs, bis zu 40 Meter weit im Wasser ist es trotzdem noch flach und Weißwasserwellen die perfekt zum Surfen lernen sind. Unsere Gruppe durfte dann nach ein paar Trockenübungen auch endlich ins Wasser.
Am ersten Tag haben wir mit großen Softboards angefangen, die es leichter machen das Gleichgewicht zu halten, am Ende des Camps durften wir dann aber auch richtige Hardboards ausprobieren. Am Anfang war es erstmal schwierig genug, überhaupt die richtige Welle zu bekommen. Die Instructor haben uns aber gut geholfen und uns auch im Wasser immer Tipps gegeben, so dass ich am Ende kaum noch Probleme hatte, eine Welle zu bekommen. Viel schwieriger fand ich das Aufstehen auf dem Board, denn man muss eine bestimmte Reihenfolge von Bewegungen machen, um auf dem Bord aufzustehen, ohne direkt per nose dive oder zur Seite hin weg im Wasser zu landen.
Es war wirklich hart und anstrengend, was aber wieder wett gemacht wurde, als ich dann endlich den Dreh raus hatte und für ein paar gute Sekunden auch wirklich auf der Welle gesurft bin! Ich hatte vor dem Camp total Angst, in Australien ins Meer zu gehen, wegen den Haien und Quallen, aber als ich dann wirklich im Wasser war, war alles vergessen und ich habe mich nur noch aufs Surfen konzentriert. Am Ende des Camps hatte ich auch immer noch keinen einzigen Hai gesehen…und die ganze Angst auch irgendwie sowieso vergessen.
Mein erstes AFL Game im Stadion
Im März begann endlich wieder die AFL Season. Ich hatte immer mal wieder ein paar Spiele im Fernsehen gesehen und mich jedes mal geärgert, dass Deutschland Fußball so sehr feiert, anstatt AFL. AFL steht für Australian Football League und weil ich die Regeln nicht wirklich kenne, würde ich einfach sagen, dass ein Haufen Footballspieler sich auf einem riesigen, elliptischen Spielfeld wortwörtlich um einen Football kloppt. Am Ende gewinnt dann die Mannschaft, die den Football öfter durch das aus vier Stäben bestehende Tor kickt.Viel Action auf jeden Fall!
Mein Gastvater ist Fan von den Adelaide Crows und als dann Ende März deren erstes Spiel anstand, bin ich mit meiner Gastfamilie in das Adelaide Oval zum Zugucken gegangen. Ich war zuvor noch nie in einem großen Stadion und fand es so krass, wie viele Menschen da zusammen kamen, um das Spiel zu schauen. Die Atmosphäre war der Wahnsinn, das ist auf keinen Fall damit zu vergleichen, ein Spiel zuhause vom Fernseher aus anzugucken. Nach jedem Tor von den Crows gab es riesigen Applaus und Zurufe. Leider haben die Crows an diesem Tag gegen die Hawks aus Victoria verloren, weswegen mein Gastvater mit einer enttäuschten Miene das Oval am Ende des Spiels verlassen hat – ich musste trotzdem mein Grinsen unterdrücken, weil ich so glücklich war, dass ich endlich ein richtiges AFL Game geguckt habe. Wenn ich jetzt nicht zumindest ein bisschen Australier bin, weiß ich auch nicht 🙂
See ya later
Auch wenn ich eigentlich erst am Morgen des 31. Mai zum Adelaide Airport gefahren bin, musste ich mich trotzdem schon an dem Abend davor von meinen australischen Freunden verabschieden. Das war wirklich kein schöner Moment und es gab soooo viele Tränen. Am schwersten fiel mir der Abschied von meinen drei besten Freunden, weil sie mir so unglaublich wichtig geworden sind und man ja nicht genau sagen konnte, wann wir uns wiedersehen.
Wir haben natürlich abgemacht, uns immer zu schreiben und zu facetimen und uns auf jeden Fall gegenseitig zu besuchen. Ich habe wirklich gehofft, dass wir das einhalten können und werden, weil ich ja schon Erfahrungen mit meinen Leuten zuhause gemacht hatte und ganz genau wusste, wie lästig die Zeitverschiebungen sind und wie schwierig es sein kann, immer Kontakt zu halten. Und da Australien auch nicht gerade um die Ecke ist, war uns auch klar, dass wir uns längere Zeit nicht sehen würden. Um das Versprechen zu stützen, dass wir uns wiedersehen würden, sagte keiner von uns ’’Goodbye’’, denn es würde nur ein ’’See ya later’’ sein.
Die, die nur am heulen ist
Der Abschied mit meiner Gastfamilie verlief weniger emotional, was daran lag, dass sie mich schon etwa einen Monat nach Abreise in Deutschland besuchen würden. Ich war aber auch irgendwie viel zu aufgeregt, gleich in den Flieger nach Hause zu steigen (auch wenn die Reise lang und anstrengend werden würde und ich zweimal den Flieger wechseln müsste). Am Abend zuvor fühlte sich alles noch so unecht an und im nächsten Moment saß ich schon im Flugzeug auf dem Weg nach Hongkong, die Stadt, in der ich vor zehn Monaten schon gewesen bin, auf dem Weg nach DU!
Die Zeit dort verging so schnell, was ich erst auf dem Rückweg richtig realisierte. Ich dachte an all das, was ich erlebt hatte, die guten und die schlechten Zeiten und konnte einfach nicht kapieren, dass jetzt alles vorbei war. Als ich dann auch noch mein Abschiedsbuch, in das alle meine australischen Freunde und Klassenkameraden geschrieben hatten, anfing zu lesen, kam ich absolut nicht mehr klar und weinte einfach. Ich bin irgendwann eingeschlafen, was wahrscheinlich auch gut war, denn die Mitreisenden müssten sich auch schon gefragt haben, warum ich die ganze Zeit nur am heulen war…
Welcome back
So richtig, richtig real wurde es dann, als ich am Frankfurter Flughafen zum ersten Mal seit zehn Monaten wieder deutschen Boden betrat. Und ich war direkt genervt. Diese Unfreundlichkeit! Zehn Monate lang hatte ich fast nur mit den aufgeschlossenen, ehrlichen und so unglaublich freundlichen Australiern geredet…und am Flughafen in Deutschland hatte ich mich sofort so gefühlt, als hätte ich was verbrochen, so böse wie ich angeschaut wurde.
Der Kulturschock, den ich eigentlich eher bei der Ankunft in Australien erwartet hätte, hatte sich um zehn Monate verspätet und begrüßte mich nun zurück in der eigenen Heimat. Home Sweet Home, willkommen zurück in Deutschland, Jamina 🙂
Erinnerungen fürs Leben
Das Wiedersehen mit meiner Familie und meinen Freunden war total seltsam. Ich hatte eigentlich erwartet, dass ich in Tränen ausbrechen würde, stattdessen stand ich mit meinem Koffer in der Hand vor ihnen und sagte einfach nur richtig verwirrt Hallo. Ich glaube das war so eine Art Schockzustand oder ähnliches, ich verstand einfach wirklich nicht, dass ich wieder zuhause war. Wieder in Deutschland, und alles war wie vorher, nur dass ich Erinnerungen in meinem Kopf und Menschen in meinem Herzen hatte, die da vorher noch nicht waren.
Denn während bei all meinen Leuten zuhause der Alltag ganz normal weiterging, erlebte ich eine Zeit, die ich so nie wieder erleben würde, und ich schloss Freundschaften, die es ohne dieses Abenteuer niemals geben würde. Egal wo ich bin auf der Welt, es wird immer diese Menschen am anderen Ende geben, die mir so unglaublich viel bedeuten, mehr, als ich je gedacht hätte. Und ich weiss ganz genau, dass deren Türen für mich immer offen stehen werden, genau wie meine Tür immer für sie offen sein wird, wo auch immer in der Welt ich mal sein werde.
Ich bin jetzt seit etwas über einem Monat wieder zurück in Deutschland und habe mich auch gut wieder eingelebt. Meine Gastfamilie kommt Mitte dieser Woche zu mir nach Hause und ich kann sie endlich wiedersehen und ihnen meine Welt zeigen. Mein Zimmer ist voll mit Bildern von Erlebnissen mit Freunden und auch wenn es jetzt schon ein paar Wochen her ist, dass ich dort war, kullert mal die ein oder andere Träne über die Wangen, wenn ich an meine Freunde dort denke.
Aber wie versprochen halten wir regelmäßig Kontakt über Snapchat und Facetime und erzählen uns immer, wenn es was neues gibt. Natürlich gibt es nicht mehr wie damals jeden Tag Kontakt untereinander, aber alle paar Tage wird sich ausgetauscht.
Ich bin mehr als dankbar für meine Mama, die mir das Auslandsjahr ermöglicht hat und für jeden Einzelnen, der mich während dieser Reise unterstützt hat, inklusive weltweiser, die mir durch ihr monatliches Taschengeld die Türen für noch mehr Abenteuer und Entdeckungen in Australien geöffnet haben. Ich kann jedem, der diesen Artikel liest, wirklich nur empfehlen, ein Auslandsjahr zu machen (selbst wenn es nur ein paar Monate sind). Es ist die beste Entscheidung, die ich bis jetzt in meinem Leben getroffen habe 🙂