- WELTBÜRGER-Stifter: weltweiser
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Kanada
- Dauer: 5 Monate
- Name: Mara
Mein ganz persönliches Abenteuer für 5 Monate
Die Zeit verging immer schneller. Es kam mir vor, als ob es erst gestern noch 4 Monate bis zu meinem Abflug waren. Und plötzlich verblieben mir nur noch einige wenige Tage bis zu meiner Abreise nach Kanada. Die Nervosität stieg immer mehr. Einerseits konnte ich es kaum abwarten, endlich meine Reise anzutreten und neue Erfahrungen zu machen, andererseits war die Vorstellung meine Familie, meine Freunde und alles, was ich so sehr schätze und liebe, hier zurück zu lassen, auch ein komischer Gedanke.
An dem Wochenende, bevor ich nach Kanada ging, hatte ich eine kleine Abschiedsfeier mit meinem engsten Freunden. Wir alle genossen jeden Moment, doch ich konnte den Gedanken nicht aus meinen Kopf streichen, dass ich alle für ein halbes Jahr nicht sehen kann. Schon jetzt war mir klar, dass ich sie alle unheimlich vermissen würde. Doch ich war glücklich, diese Personen, die so viel mit mir erlebt hatten, und die bislang immer für mich da waren, meine Freunde nennen zu können.
Und endlich war der Tag gekommen. Mein Auslandsjahr stand unmittelbar vor der Tür. Die Koffer waren gepackt und standen fertig in meinem Zimmer. Alle waren bereit zu gehen. Außer ich. Ein letztes Mal ging ich durch mein Zimmer, schaute mich um, bemerkte Kleinigkeiten, die mir vorher nie wirklich aufgefallen waren, und mir wurde klar, wie viel Zeit ich in meinem Zimmer verbracht habe. Ich wusste, wenn ich nach 5 Monaten zurückkommen werde, dass mein Zimmer immer noch das gleiche ist, nichts wird sich verändert haben … Mein Zimmer wird immer noch das gleiche sein, im Gegensatz zu mir. Ich werde diejenige sein, die sich wahrscheinlich am meisten verändert hat. Das wurde mir in diesem Moment klar. Dennoch fuhr ich mit Freude und Aufregung mit meiner Familie zum Flughafen. Dort ging alles ziemlich schnell. Meine Koffer wurden auf die Reise geschickt, während ich noch darauf warten musste, das Flugzeug zu besteigen. Diese Zeit nutze ich, mit meinen Eltern, die mich auf den Flughafen begleitet haben, zu reden und ein letztes Mal zu verabschieden.
Doch dann war die Zeit gekommen. Nichts konnte mich mehr aufhalten. Ich musste mich auf den Weg zu meinem Flugzeug machen und meinen Liebsten „Good-Bye“ sagen. Der Abschied fiel mir jedoch nicht leicht. Und ich werde den Moment nie vergessen können, als ich durch die Tür des Zolls ging, mich ein letztes Mal umdrehte und meine Familie und Freunde unter Tränen sah. Doch dann atmete ich einmal tief durch und trat meine Reise an. Es dauerte nicht lange, bis wir in die Luft abhoben und ich ein letztes Mal die Gelegenheit hatte, mich von Deutschland zu verabschieden.
Ankunft in Kanada
Nach einem 10-Stunden-Flug war ich in Kanada angekommen, in dem Land, in dem ich von jetzt an mein Leben leben sollte. Allein auf mich gestellt. Es ging zum ersten aufregenden Höhepunkt: Ich traf meine Gastfamilie zum ersten Mal. Nervös zog ich meine Koffer hinter mir her und schon bald sah ich einen Haufen von Menschen. Doch wie sollte ich meine Gastfamilie finden? Da ich jedoch zuvor ein Bild von ihnen erhalten hatte, suchte ich nach den Gesichtern, die mir im Kopf waren. Und nach wenigen Minuten fand ich sie. Sie liefen auf mich zu und nahmen mich unerwartet in die Arme. Die Kinder waren ebenfalls sehr aufgeregt, mich endlich kennen zu lernen. Wie ich später erfahren habe, konnten sie von nichts anderem reden als meiner Ankunft. Nun lebe ich also mit einer Gastfamilie, bestehend aus Mutter, Vater und zwei kleinen Jungs (2 und 4 Jahre).
Nachdem sie mich herzlich begrüßt hatten, fuhren wir 2 Stunden von Grande Prairie nach High Prairie, eine kleine Stadt, in der ich zur Schule gehen würde. Jedoch leben wir nicht in High Prairie, sondern etwas außerhalb auf dem Land, ca. 20 Minuten entfernt ist die kleine Pferdefarm mit ca. 30 Pferden, Hunde, Katzen, Schafe, Hasen, und Hühnern. Anfangs war es sehr ungewohnt für mich, auf dem Land zu leben, da ich in Deutschland in einer Großstadt lebe. Alles war so weitläufig und ich fühlte mich etwas einsam. Doch mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt und das Landleben schätzen gelernt.
In den ersten Tagen habe ich viel mit meiner Familie unternommen und versucht, ihnen bei der Farmarbeit zu helfen. Wir sind reiten gegangen und mir wurde auf diesem Weg die Umgebung und Natur gezeigt. Ansonsten habe ich mich in den ersten Tagen ziemlich gut eingelebt und versucht, einen Platz in der Familie zu finden. Der ersten Tage waren für mich sehr aufregend, da alles so anders und neu war, woran ich mich natürlich erst noch gewöhnen musste.
Mein erster Schultag
Nach einer Woche war dann der nächste große Tag in meiner Reise gekommen. Mein erster Schultag! Natürlich war ich aufgeregt und wusste nicht was mich erwartet. Ich hatte die Schule zuvor zwar einmal besucht, um meine Kurse festzulegen, aber zu dem Zeitpunkt waren keine Schüler in der Schule. Ich kannte also niemanden. Doch bevor ich in der Schule ankam, musste ich mit dem typisch gelben Schulbus, den man aus US High-School-Filmen kennt, 40 Minuten zur Schule fahren. Auf dem Weg dorthin holten wir andere „Landeskinder“ ab, und mit einem vollen Bus ging es dann endlich zur Schule. Dort empfingen mich ein paar nette Schüler und wollten einiges über mich wissen. Mit ihnen ging ich dann also in die Sporthalle, wo alle anderen auch eintrafen. Wir hatten ein großes Assembly, wo neue Lehrer vorgestellt wurden, auf gewisse Neuigkeiten hingewiesen wurde und natürlich wurde ich als neue Austauschschülerin vorgestellt. Und plötzlich waren alle Augen auf mich gerichtet. Nachdem das jedoch überstanden war, ging der Unterricht ganz normal weiter. In meiner ersten Stunde hatte ich Kunst, wo ich meine erste Bekanntschaft mit einer Schweizer Austauschschülerin machte. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden und sie hat mich sofort in der ersten Pause ihren anderen Freunden vorgestellt. Zusammen haben wir dann meine erste Mittagspause verbracht und auch hier wurde ich natürlich viel über mich gefragt. Das Praktische hierbei war allerdings, dass die zwei Austauschschüler aus der Schweiz und Deutschland mit mir etwas deutsch geredet haben, wodurch es natürlich leichter war, mehr zu erzählen. Allerdings war das nur am Anfang, mittlerweile spreche ich mit den zweien auch nur noch Englisch, da es einfach viel besser ist, um die Sprache zu lernen. Allerdings war mein erster Schultag etwas chaotisch. Ich habe mehrere Male meine Kurse gewechselt, da es entweder zu schwer oder zu leicht war. Aber im Großen und Ganzen habe ich meinen ersten Schultag sehr gut überstanden und war sehr gespannt auf die darauf folgenden. Natürlich brauche ich auch hier Zeit, mich an alles zu gewöhnen, da meine Schule hier ziemlich anders zu meiner deutschen Schule ist.
Meine Schulfächer sind: Kunst, Sport, Calm (Career and Life Management) und Englisch. Im Englisch-Unterricht hatte ich anfangs einige Probleme, da der Unterricht wie bei uns der Deutsch-Unterricht ist. Da ich die Sprache zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht 100 %ig beherrschte, fiel mir das ziemlich schwer. Aber ich hatte gute Freunde in meinem Kurs, die mir viel erklärt und geholfen haben. Mit diesen Freunden habe ich auch oft meine Mittagspause verbracht. Wir sind meistens zu einer Freundin nach Hause gegangen, deren Haus nur 2 Minuten von der Schule entfernt ist. Wir hatten immer viel Spaß und es gab viel zu lachen.
Der Alltag
Die Tage vergehen und ich habe aufgehört, sie zu zählen. Ich habe hier nun meinen eigenen Alltag gefunden und genieße jeden Tag, den ich hier sein darf, in vollen Zügen. Nach ca. 3 Wochen ging es mit der Schule nach Jasper zum Skifahren. Auf diesen Ausflug hatte ich mich schon besonders gefreut und ich war ziemlich gespannt auf das, was mich erwartet. Da der Winter in High Prairie ziemlich mager ausgefallen war, hoffe ich, dass ich wenigstens in Jasper etwas mehr Schnee zu sehen bekomme. Und dem war auch so. An dem Tag als wir dort ankamen, fing es an zu schneien und es hörte nicht auf. Abends, nachdem wir unsere Zimmer eingeräumt und Betten bespannt hatten, gingen wir raus in die neu beschneite Winterlandschaft. Dort war sogar schon ein Schloss aus Schnee erbaut, das wir gut als Versteck für unsere große Schneeballschlacht nutzen konnten. Nach gut zwei Stunden im Schnee beschlossen wir jedoch alle ins Warme zu gehen und uns aufzuwärmen. Am nächsten Tag ging es dann endlich auf die Piste. Da es über Nacht nicht aufgehört hatte zu schneien und es sogar immer noch schneite, wurden die Pisten erst gar nicht gewalzt. Also fuhren wir den ganzen Tag in wundervollem, unberührten Tiefschnee. Meistens fuhr ich in einer größeren Gruppe von Freunden und bei jeder Abfahrt erkundeten wir die Piste von neuem. Wir hatten so viel Spaß und das Skigebiet war einfach toll. Ich genoss es so sehr, mit meinen Freunden hier in Jasper gewesen zu sein. Und keiner von uns wollte so richtig nach Hause gehen, als der Trip nach 3 Tagen zu Ende ging. Aber ich war froh, die Gelegenheit bekommen zu haben, etwas mehr von Kanada zu sehen und mitzuerleben.
In den nächsten Wochen ging mein Leben ganz normal weiter. Bis auf eine Sache. Ich bin dem Badminton-Schul-Team beigetreten und bin somit viel unterwegs gewesen. Die Wochenenden waren somit verplant, da wir immer Turniere hatten und dafür reisen mussten, was für mich natürlich unheimlich toll war. Ich war in einigen Städten, großen und kleinen, wie z.B. Edmonton, was mir am meisten gefallen hat. Abgesehen von Badminton war mein Alltag ziemlich normal. Aufstehen, Schule, Schule, Schule, nach Hause, reiten, Abendessen, schlafen.
Und dann waren auch schon die Frühlingsferien gekommen, in denen ich jedoch nicht sehr viel unternommen habe. Ich war viel draußen und habe meiner Gastfamilie bei der Farmarbeit geholfen. Ich genieße es sehr und es macht mir ebenso viel Spaß mit Tieren zusammen zu arbeiten oder einfach mit meiner Gastfamilie auf lange Reitausflüge zu gehen. Am Ende der Osterferien hatten wir dann auch endlich Ostern, in dieser Zeit hatte ich etwas Heimweh, da ich die Jahre zuvor immer diesen Tag mit meiner Familie verbracht habe. Aber meine Gastfamilie hat mir gar nicht viel Zeit gegeben, darüber nachzudenken, da wir zusammen Ostereier suchen gegangen sind und am Mittag traditionell Truthahn gegessen haben, was übrigens total lecker ist, und sonst habe ich einfach einen tollen, spannenden Tag mit der Familie verbracht.
Nach den Frühlingsferien hatte unsere Stadt ein kleines Rodeo Event veranstaltet. Rodeo ist hier in Kanada sehr beliebt und viele Menschen kamen zu dieser Veranstaltung. Für mich war es das erste Mal ein Rodeo mit zu erleben. Umso aufregender war es natürlich. Ich kann nicht unbedingt sagen, ob ich es mag oder nicht, aber es ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert. Da ich mit ein paar Freunden zu dieser Veranstaltung ging, war es selbstverständlich um einiges besser.
Prom
Und bald stand auch schön der nächst größere Tag an. Grad 2012 („Abschlussball“). Wie ich zuvor gehört hatte, kauften sich alle Mädchen unheimlich schöne Kleider für diesen Event, also musste ich das auch. Oder besser gesagt wollte ich das auch. Doch so einfach war das gar nicht. Ich fuhr nach Edmonton mit der Schule, und nach Grand Prairie mit meiner Gastmutter, um ein schönes und für mich passendes Kleid zu finden. Doch alles schien hoffnungslos und der große Tag kam immer näher. Doch zum Glück hatte ich in einem Laden in der Stadt ein schönes Kleid gefunden, das mir gut gefallen hat, allerdings einige Größen zu groß war. Doch das war kein Problem, es wurde einfach abgeändert. Nun konnte der Tag kommen. Und er kam schneller als erwartet. An dem Morgen hieß es für mich, früh aufstehen, da wir in die Stadt fahren mussten, um mein Haar bei einem Frisör machen zu lassen und anschließend mussten wir wieder nach Hause fahren. Schnell in mein Kleid geschlüpft und schon ging es mit der ganzen Familie wieder in Richtung Stadt. Meine Aufregung und Nervosität stieg. Ich war glücklich, all meine Freunde in der Schule anzutreffen und all die schönen Kleider zu bestaunen. Nach ein paar Bildern war es endlich so weit. Wir stellten uns alle mit unserer Begleitung in einer langen Schlange auf und warteten auf unser Kommando hinter der Halle, wo alle Eltern, Verwandten und Freunde saßen. Die Musik fing an zu spielen und mit ihr begann mein Herz schneller und schneller zu pochen. Wir hatten zwar zuvor geprobt, wie und wann wir in der Halle einlaufen, allerdings ist es etwas ganz anderes, wenn plötzlich alle Augen auf einen gerichtet sind. Und dann ging es los. Ich war so glücklich, dass ich nicht alleine laufen musste. Aber ich muss zugeben, es war ein wunderbares Gefühlt, das ich so schnell nicht vergessen werde. Die Zeremonie dauerte ca. 2 Stunden und es waren zwei schöne Stunden. Die Reden, die gehalten wurden, waren sehr gut und es wurde sogar eine Diashow mit Bildern von den letzten zwei Schuljahren gezeigt, wobei natürlich viel gelacht wurde und einige Erinnerungen erweckt wurden. Nachdem das alles zu Ende war, machte ich noch ein paar Bilder mit meinen Freunden zur Erinnerung an diesen Tag. Und man hat ja schließlich nicht jeden Tag ein schönes Kleid an und die Haare sind schön hochgesteckt. Anschließend ging ich mit meiner Gastfamilie zu einem Country-Music-Konzert.
Seit ca. 2 Wochen habe auch das Leichtathletik-Training angefangen und ich hatte auch schon meinen ersten Wettbewerb. Einige Schulen sind zu unserer gekommen, wo der Wettbewerb stattgefunden hat. Unser Food-Kurs hat an diesem Tag ein Barbecue vorbereitet, was sehr beliebt bei den Schülern ist. Ich musste 3000m, 400m und 1500m rennen. Und nachdem ich damit fertig war, sollte ich einfach nur noch schlafen. Meine Beine taten weh und ich war müde. Allerdings war ich stolz auf mich, dass ich es geschafft habe und es zur nächsten Runde („Zones“) gemacht habe. Auf diesen Wettbewerb freue ich mich schon jetzt. Der Tag war im Großen und Ganzen wirklich schön. Ich habe viel mit meinen Freunden unternommen und wir hatten gemeinsam eine tolle Zeit.
Und von jetzt an fängt der Countdown schon an. Nur noch wenige Wochen verbleiben mir in Kanada und ich kann kaum glauben, wie schnell die Zeit vergeht. Selbstverständlich freue ich mich auf meine Familie und Freunde, aber das Leben, das man sich hier aufgebaut hat, will man so schnell auch einfach nicht loslassen. Darum versuche ich jeden Tag in vollsten Zügen zu genießen und das Beste daraus zu machen. Und es lohnt sich.
Von Kanada zurück nach Deutschland
Meine Zeit in Kanada ging leider immer näher dem Ende zu. Ich werde diese Zeit jedoch niemals vergessen können, da ich so viele tolle Sachen erlebt habe und mich gerne an diese schönen Momente erinnere. Ich kann wirklich behaupten, meine letzten zwei Monate in Kanada waren einer meiner besten Zeiten in meinem bisherigen Leben!
Natürlich spielte die kanadische Schule, die schon sehr viel anders als unsere deutsche Schule ist, eine sehr große Rolle bei meinem Auslandsaufenthalt. Diese hatte ich mit größter Freude ein halbes Jahr lang besucht. Der wesentliche Unterschied besteht im Unterricht. Da ich nur vier Fächer, in meinem Fall Calm (Karriere und Lebensmanagement), Englisch, Sport und Kunst und diese jeden Tag hatte, konnte man natürlich ein Thema genauer, länger und mit mehr Freude besprechen. Wir haben zum Beispiel in Kunst 1m hohe Pappmache-Figuren gebaut und in Englisch „Romeo & Julia“ als Theaterstück eingeübt. Erstaunt hat mich auch, dass wir jeden Tag, bevor die Schule begonnen hat, die kanadische Hymne gesungen haben. Das Verhältnis zu den Lehrern war in Kanada eher auf einer freundschaftlichen Basis. Dazu waren sie immer sehr hilfsbereit, wenn man etwas nicht ganz so gut verstanden hatte und haben sich auch nach der Schule Zeit genommen, um alles noch einmal ganz genau zu erklären. In der Schule bekommt außerdem noch jedes Kind sein eigenes Schließfach, was sehr praktisch sein kann, denn dann braucht man seine schweren Bücher nicht mit nach Hause mitzunehmen.
Im Alltag habe ich natürlich sehr viele neue und schöne Sachen erlebt. Ich habe festgestellt, dass Kanadier sehr gerne in ihrer Freizeit draußen sind und Sport treiben. So bin ich oft nach der Schule in der näheren Umgebung reiten gewesen und am Wochenende ging es schon mal weit raus in größere Gebiete, wie den umliegenden Nationalparks. Im Sommer waren wir, also ich und meine Gastfamilie, dann auch wandern und angeln.
Aber eine Sache, die jedem sofort auffällt, wenn man nach Kanada reist, sind die großen Entfernungen. So fährt man zum Beispiel fast 2 Stunden nur für einen kurzen Besuch zur Oma oder zum Einkaufen in die nächstgrößere Stadt. Doch das war hier ganz normal und gehörte zum Alltag. Daran hatte man sich aber sehr schnell gewöhnt, genauso wie die Eigenart, dass der Fernseher den ganzen Tag über eingeschaltet ist. In punkto Essen musste ich mich auch sehr umstellen. Meistens hatte man zum Frühstück nur eine Kleinigkeit, zu Mittag Fastfood, da meine Schule keine Mensa hatte und zum Abendessen gab es fast immer Fleisch, und das in großen Mengen. Ob warm oder kalt, machten wir natürlich auch sehr oft ein Barbecue. Da könnt ihr euch ja vorstellen, dass das nach einem halben Jahr natürlich aufs Gewicht schlägt.
Während meiner Zeit in Kanada habe ich sehr viele und verschiedene neue Menschen kennengelernt. Meiner Meinung nach sind Kanadier sehr offen und gastfreundlich, sie zeigen einem gerne etwas Neues und versuchen immer zu helfen, wo sie nur können. Im Gegensatz zu uns Deutschen leben sie mit wesentlich weniger Stress und versuchen meistens, alles auf die einfachste Weise zu erledigen.
Wie jeder Austauschschüler, bin ich nicht nach Kanada gekommen, um nur einen Fleck von diesem wunderschönen Land zu sehen. Ehrlich, das hatte ich nämlich befürchtet, als ich hier ankam. Na ja, es ist so, auf einer Farm mit über 30 Pferden, vielen anderen Tieren und einer Familie mit zwei kleinen Kindern gab es immer sehr viel zu tun und das bis spät in den Abend. Deshalb war ich umso mehr überrascht, als meine Gastmutter mir erzählte, dass sie einen mehrtägigen Camping-Reit-Ausflug nach British Columbia mit mir plante. Und das auch noch während der Schulzeit, das sich hier aber nicht als ein Problem herausstellte. So ging es auch schon eine Woche später mit dem Auto und zwei Pferden im Anhänger zu unserem Campingplatz in den Banff National Park. Ich war schon auf der Fahrt dorthin von der Natur beeindruckt, diese ewige Weite und im Hintergrund die schönen Berge, die immer näher kamen. Eine Landschaft, wie im Bilderbuch und eine sehr willkommene Abwechslung für mich. Man muss wissen, dort wo ich in Alberta mit meiner Gastfamilie lebte, war fast nur Flachland, eben „High Prairie“. Wir verbrachten dann fünf schöne Tage in einer grandiosen Umgebung im Camp, waren in erster Linie reiten und trafen dort auch immer wieder neue Menschen mit interessanten Geschichten. Kanadier erzählten viel und gerne über sich und ihr Land. Somit saßen wir abends immer an einem gemütlichen Lagerfeuer, haben geplaudert und die Zeit dort genossen.
Nach diesem Kurzurlaub wurde es auch bei uns in Alberta endlich wärmer und es wurde langsam grüner. Ich hatte mich so auf diese Zeit gefreut, da ich in diesem Jahr schon genug Schnee gesehen hatte, sogar noch Anfang Mai. Auf Grund der niedrigen Temperaturen und dem starken Wind musste man auch schon mal zu Hause bleiben oder war froh, wieder daheim zu sein, wenn es dann doch mal raus ging. Doch jetzt traf man sich öfter mit Freunden nach der Schule draußen im Park oder in der Eisdiele und wir fuhren auch in die näheren Städte, um gemeinsam zu shoppen. Was mir persönlich sehr viel Spaß machte, waren die „Sleepovers“, das heißt, man hat sich mit einigen Freunden am Abend getroffen, geplaudert, im Garten gegrillt, Musik gehört, getanzt, einfach nur die Zeit zusammen genossen und dann gemeinsam übernachtet. Es machte mir immer Freude, etwas mit meinen Freunden zu unternehmen. Was mir sehr gefallen hat ist, dass ich durch die geringe Schülerzahl (ca. 300) an meiner High School auch sehr viele Kanadier kennengelernt habe, die mich, wie ich auch sie, richtig in ihr Herz geschlossen haben und mir wirklich einen Teil ihres Lebens gezeigt haben. Durch sie wurde mein Englisch von Tag zu Tag immer besser, ich verstehe jetzt vieles, was mir vorher wirklich Schwierigkeiten bereitet hat, wie ganze Texte und Filme, und freue mich, auch die Scheu vor der Sprache verloren zu haben.
So ging es auch schon langsam auf meine Abreise zu. Nur noch zwei Wochen waren übrig und mir wurde immer bewusster, dass ich bald mein Leben hier zurücklassen muss. Mein Ziel war aber, nicht Trübsal zu blasen, sondern diese letzten Wochen so richtig zu genießen!
Am Ende eines Schuljahres ist es jedoch auch in Kanada üblich „Final Exams“, also Abschlussprüfungen, zu schreiben. Hierfür musste man sich natürlich dementsprechend vorbereiten. Doch nach dem ganzen Lernstress traf man sich nochmal mit allen Freunden und unternahm tolle Sachen mit der Familie. Wie schnell die Zeit vergehen kann konnte ich mir im Januar noch nicht vorstellen, doch irgendwann musste ja der Zeitpunkt kommen, um Abschied zu nehmen. So sagte ich meine Freunden “ Auf Wiedersehen“, natürlich mit dem Versprechen in Kontakt zu bleiben. Da blieb natürlich kein Auge trocken, doch ich habe ja ganz fest vor, nächstes Jahr alle wieder zu besuchen.
Ich und meine Gastfamilie fuhren am Tag vor meiner Abreise noch ein letztes Mal zu Oma und Opa, die ich richtig gern hatte, um ihnen Tschüss zu sagen und reisten danach weiter zur nächst größeren Stadt Grand Prairie, wo mein Flieger am nächsten Tag abgehoben ist. Dort verbrachten wir noch einen schönen Familientag, wir gingen in die Stadt, schauten einen Film im Kino an und aßen lecker in einem Restaurant, ich würde sagen – ein richtig toller Abschluss.
Am nächsten Morgen erwachte ich relativ früh. Zum einen war ich traurig, Kanada und alle Menschen, die ich so in mein Herz geschlossen hatte zurückzulassen, zum anderen war ich total aufgeregt, meine Familie und Freunde in Deutschland wieder zu sehen. Und dann ging es auch schon los zum Flughafen, der Gepäckabgabe und wieder zu einem „Auf Wiedersehen“, ich würde sagen, das war das schwierigste von allen, nämlich von meiner Gastfamilie. Nach einigen Minuten wurde es aber Zeit durch die Sicherheitskontrolle zu gehen, damit ich meinen Flug nicht verpasste. Ein letzter Blick zurück, die letzten Glückwünsche wurden gerufen und kurz darauf war auch alles vorbei. Ich betrat meinen Flieger mit einem eher mulmigen Gefühl und noch in Gedanken an Kanada.
Fernweh? JuBi!
Nach einem sehr langen Flug, kam ich dann endlich in München, Deutschland an. Ich wusste, ich stehe kurz bevor, meine richtige Familie zu sehen, ich war so aufgeregt: Wie werden sie wohl aussehen? Werden sie sich sehr verändert haben…? und noch viel mehr Fragen schwirrten in meinem Kopf herum.
Ich ging durch die Zollkontrolle, und das erste was ich sah, war meine Familie, die mir freudig zugewunken hat und meinen Namen rief. Ich rannte zu ihnen und nahm sie glücklich in meine Arme, ich war so froh sie alle wieder zu sehen. Und nein, sie hatten sich wirklich nicht viel verändert, bis auf die Körpergröße meiner Geschwister.
Jetzt hatten wir nur noch eine zwei stündige Autofahrt in meine Heimatstadt Erlangen vor uns. Diese ging viel schneller vorbei als ich dachte, weil man sich ja ein halbes Jahr nicht gesehen und so viel zu erzählen hatte. Eigentlich war ich wirklich sehr müde, als wir zu Hause ankamen, denn ich hatte nicht wirklich viel im Flugzeug geschlafen. Doch aus dem Schlafen wurde nicht viel, da meine Mutter alle meine Freunde eingeladen hat, die mit ihr zusammen eine Willkommensfeier vorbereitet hatten. Ich war überglücklich, sie alle wieder zu sehen. Es war ein Empfang, der nicht hätte besser sein können.
Und jetzt begann für mich die Eingewöhnungsphase an Deutschland. Natürlich musste ich die ersten paar Tage noch nicht in die Schule gehen, aber trotzdem war es schwer. Ich hatte sehr mit der Zeitverschiebung zu kämpfen, da es doch acht Stunden sind, aber auch mit dem Lärm in der Großstadt, den vielen Menschen und der Hitze. Nach einigen Tagen hatte sich alles normalisiert und ich bin wieder ganz normal zur Schule gegangen. Mittlerweile habe ich mich richtig gut eingelebt und führe eigentlich ein Leben wie vorher in Deutschland. Trotz allem werde ich niemals diese wunderschöne Zeit in Kanada vergessen und mich immer wieder gerne daran erinnern! Ich könnte nur jedem raten diese einzigartige Erfahrung zu machen!