- WELTBÜRGER-Stifter: GLS
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Australien
- Dauer: 5 Monate
- Name: Thea Marie
24 Stunden Flug ist eine lange Zeit und danach sieht niemand mehr ganz frisch und munter aus. Trotzdem versucht man sein Bestes, denn schließlich will man ja einen guten Eindruck auf die Gastfamilie machen. Gleichzeitig gehen einem Tausende Fragen durch den Kopf: Wie sehen die wohl in Wirklichkeit aus? Sind sie nett? Werden sich mich mögen? Und dann ist da auch noch die Sorge über die Sprache. Werde ich das Richtige sagen? Werden sie lachen, wenn ich was falsch mache? Was ist, wenn ich nicht weiß, wie ich etwas sagen und mich verhalten soll?
Ankommen
Ja, auch ich habe all das hinter mir. Aber es war nicht so schlimm wie es klingt. Natürlich war ich nervös als ich vor fünf fremden Personen stand, die ich nur vom Foto und vom Skypen kannte. Ich hatte alles vergessen was ich sagen wollte.
Aber ich musste gar nichts sagen. Mein Gastvater, meine Gastschwester (13 Jahre) und die ebenfalls in „meiner Familie“ wohnende Gastschülerin aus Japan (17 Jahre) umarmten mich herzlich. Sie erkundigten sich danach, ob ich einen guten Flug hatte. Zuerst war ich noch ein bisschen schüchtern, um was zu sagen, aber mit einem freundlichen „Yes, thank you!“ ist man fürs erste immer auf der richtigen Seite.
Dann hatte ich einen „typisch australischen Heimweg“ vor mir. Das bedeutet, zwei Stunden Autofahrt, bevor wir das Ziel, mein Zuhause für ein halbes Jahr, erreicht hatten. Hier in Australien ist eben alles ziemlich weit auseinander. Aber auch diese zwei Stunden haben meine Gastfamilie und ich gut gemeistert. Die ersten Gespräche waren noch etwas steif und keiner wusste wirklich, was man einander sagen und fragen konnte. Aber schon nach wenigen Minuten zeigte sich, dass wir gut miteinander auskommen würden.
Mein „Zuhause“
In meinen neuen ’zu Hause’ angekommen, wurde ich erst einmal von den Kindern meiner Gastfamilie in Haus und Garten herumgeführt. Neben dem „Flughafen-Empfangskomitee“ gehören noch meine Gastmutter – supernett -, mein Gastbruder (11 Jahre) und meine kleine Gastschwester (drei Jahre) sowie ein Hund und drei Hühner zu meiner Gastfamilie. Schnell fühlte ich mich willkommen und auch irgendwie schon geborgen. Mein Zimmer ist gemütlich und hat alles, was ich brauche: Ein Bett, einen Schrank, ein Regal, einen Schreibtisch, eine schöne Couch, ein großes Fenster und die Wände sind in einer freundlichen Farbe gestrichen. Alles konnte ich nach belieben umstellen und meine Gastschwester hat mir gleich Poster geschenkt, die ich in meinem Zimmer aufhängen konnte, um mich heimisch zu fühlen. Das war großartig!
Nach einem gemeinsamen Willkommens-Abendbrot habe ich mich „hundemüde“ in mein Zimmer zurückgezogen und erst einmal bis zum nächsten Nachmittag durchgeschlafen.
Erste Eindrücke
In den folgenden Tagen hat mir meine Gastfamilie die Stadt gezeigt. Ich konnte mich an einiges erinnern, da ich schon einmal hier war, aber ich habe auch viel Neues entdeckt. Auch wurde ich unheimlich vielen Leuten vorgestellt: Nachbarn Freunden, Freunden von Freunden …. und zum Teil habe ich immer noch Probleme, mir die Namen zu merken. Aber das ist nicht so schlimm, denn hier nennt man sich gegenseitig sowieso eher ’dude’ oder ’mate’. Nach einem schönen Wochenende, stand mir auch gleich schon der erste Schultag bevor. Und um ehrlich zu sein, ich war schon lange nicht mehr so nervös.
Meine neue Schule
In meiner Schule, genauer gesagt in meiner ’Homegroup’ wurde ich zunächst von allen Seiten angeguckt und das große Tuscheln fing an. Eine Homegroup ist übrigens so etwas Ähnliches wie eine Klassengemeinschaft, in der alle organisatorischen Dinge geregelt werden und der man sich zugehörig fühlt. Für die einzelnen Fächer belegt man Kurse, die man mit unterschiedlichen Leuten hat. In der Homegroup sollte ich mich dann vorstellen, was eigentlich ganz unkompliziert war, denn alle waren unglaublich freundlich und offen. Jeder wollte mir etwas in der Schule zeigen oder sich mit mir unterhalten – und Schwupps war ich das neue Gesprächsthema an der Schule (derzeit bin ich die einzige Deutsche an der Schule). Da sind vorrübergehend sogar all die anderen Gesprächsthemen über „Jungs und Mädchen“ an der Schule vergessen. Alle reden über dich und jeder kennt deinen Namen. Ich wurde von allen Seiten gegrüßt, hatte aber gleichzeitig keine Ahnung, wer die freundlich lachenden Personen eigentlich sind. Wenn ich jemanden etwas erzählt habe, dann wussten es gleich alle, weil ich eben die Neue war. Schnell habe ich mich in die Homegroup eingewöhnt und mit ziemlich vielen Leuten gleich sehr gut verstanden. Auch wurde ich gleich herzlich in mehrere Freundesgruppen aufgenommen.
Aber schon nach ein paar Tagen war das Alltag und inzwischen bin ich eine ganz normale Schülerin des Charles Campbell College in Adelaide, South Australia. (Worüber ich unglaublich froh bin!!!)
Meine Schule auf den zweiten Blick
Die Schule, und auch der Unterreicht, sind hier ganz anders, als ich es erwartet hatte. Mein Schulalltag in Deutschland, an einem Gymnasium, sieht in der Regel so aus, dass ich nach dem Unterricht noch viele Stunden am Schreibtisch mit Hausaufgaben und Lernen für Klausuren verbringen muss; manchmal bis in die Abendstunden. Das ist hier ganz anders. Am Anfang wusste ich gar nicht, was ich mit der ganzen freien Zeit am Nachmittag anfangen sollte. Unterricht ist in der Regel von 8:45 – 15:20 Uhr; mit Extrakursen – Sport zum Beispiel – bis 17:00 Uhr.
Auch der Unterricht selbst ist anders. Die ersten Tage in der Schule dachte ich: Okay, es sind die ersten Tage des neuen Halbjahres, vielleicht geben sie uns ein bisschen Zeit, sodass wir uns wieder einleben können und dann legen sie ganz normal mit dem Unterricht los, dachte ich eben. Aber dieser Umbruch passierte nicht. Die Schule hier, soweit man, wie ich, auf eine staatliche Schule geht, ist viel entspannter und stressfreier (sicher auch nicht ganz so anspruchsvoll) als in Deutschland. Aber im Gegensatz zu deutschen Schulen haben die Schüler hier die Möglichkeit, ihre Fächer individueller zu gestalten. Darüber hinaus können sie in jedem Term (das Schuljahr, von Januar bis Dezember, ist in vier Terms eingeteilt) andere Bereiche belegen (wählen). Mathe, Englisch und Naturwissenschaften sind Pflichtfächer, die sie in jedem Term belegen müssen. Aber die anderen vier Fächer (es werden immer nur sechs bis sieben Fächer pro Term belegt) können sie frei auswählen. Die Auswahl an interessanten Fächern ist ungemein groß. So gibt es an meiner Schule neben Fächern wie Fotografie, Business, Recht und Werken, ein ganzes Programm (Selective Entries), das nur besteht, um die künstlerischen Begabungen der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. In diesem Programm gibt es Tanz, Theater und Musik als extrem intensive Fächer. Wenn man sich also dafür entscheidet, so wie ich es getan habe (das war mein Grund an diese Schule zu gehen), hat man jede Woche bis zu vier Stunden in den gewählten ’spezial’ Fächern. An unserer Schule werden diese von (ehemaligen) Tänzern, Schauspielern und Musikern unterrichtet, was super ist, weil man so von einem „Profi“ lernt.
Zudem werden an unserer Schule in jedem Term eine Musikproduktion und eine Tanzperformance einstudiert. In diesem Term habe ich auch jeweils daran teilgenommen, was teilweise sehr anstrengend aber insgesamt eine super Erfahrung war.
Fernweh? JuBi!
Das Australische Schulsystem
Insgesamt ist das Schulsystem in Australien total anders. Die Schülerinnen und Schüler gehen sieben Jahre zur Primary School (Grundschule) und dann fünf Jahre zur High School. In Deutschland gehen wir nur vier Jahre zur Grundschule, anschließend fünf Jahre zur Hauptschule, sechs Jahre zur Realschule oder acht Jahre zum Gymnasium. Hier gehen alle Kinder zusammen zur Schule (eher wie bei uns Gesamtschule); der Unterschied dann allerdings darin, ob man auf eine staatliche oder eine Privatschule geht.
Was mir besonders aufgefallen ist, da die Primary School hier bis zur siebten Klasse geht, sind alle noch ein bisschen länger Kind. In Deutschland hatte ich manchmal den Eindruck, dass schon zwölfjährige Kinder aus Klasse sieben mit dicken Make-up-Schichten herumlaufen und nachts länger ausgehen. Hier werden sie länger auf das vorbereitet, was sie in der High School und im restlichen Leben erwartet.
Wenn dann der große Wechsel von der eher familiären Umgebung der Primary School zur großen High School in Australien bevor steht, ist jeder aufgeregt. Bei diesem Wechsel macht erleben die Kinder hier einen großen Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Da meine Gastschwester all das gerade erlebt, weiß ich, was für eine Freude bei den Primary Schülern aufkommt, wenn es heißt: Noch zwei Monate und dann gehst du zur High School. Dann bist du ein bisschen mehr erwachsen und kannst mehr entscheiden. Auch bist du alt genug, um viele neue Dinge kennenzulernen – aber auch Fehler zu machen, und aus ihnen zu lernen.
Land, Leute Multikulti
Als ich meine Reise nach Australien plante, viele Bücher las und im Internet recherchierte, bin ich oftmals auf den Aspekt getroffen, dass Australien ein sehr multikulturelles Land ist. Und das ist wahr! Hier in „Down under“ leben unheimlich viele verschiedene Nationen: Italiener, Japaner, Chinesen, Griechen, Afrikaner, Deutsche und sehr viele Inder. So trifft man immer neue Leute, aus anderen Ländern, mit anderen Traditionen. Das ist sehr interessant. So kann ein einfacher Besuch bei Freunden der Gastfamilie zum reinsten Abenteuer werden. Anderes Essen, andere Sitten, andere Traditionen und vor allem andere No-Goes! Ich hatte anfangs ziemliche Angst wenn es hieß: „Heute sind wir bei Indern zum Abendessen eingeladen.“ Ich dachte: Was ist wenn ich mich falsch benehme? Was ist wenn ich das Essen nicht mag? Wie sage ich, wenn ich etwas gar nicht will? Aber das ist gar nicht so kompliziert. Die Menschen andere Kulturen, die ich bisher getroffen habe, waren immer sehr erfreut, dass ich mich für ihre Kultur interessiere. Auch wenn ich bei den Gerichten manchmal etwas verhalten war (vertrage nicht gut ganz scharfes Essen), war es völlig okay, wenn ich nur vorsichtig davon probiert habe. Allein schon darüber haben sie sich gefreut und meine gute Absicht erkannt.
Allerdings ist mir auch aufgefallen, dass manche Kulturen mehr angenommen und akzeptiert werden als andere. Das liegt, nach meiner Einschätzung u. a. zum Teil daran, dass inzwischen viele Menschen hier aus asiatischen Ländern stammen. Diese bilden länderspezifisch untereinander Gruppen (ich habe sehr viel Japaner wahrgenommen), wohnen in einer Straße, eröffnen eigene Läden und man hat manchmal den Eindruck, sie wollen unter sich bleiben.
Aber ich glaube, das stimmt nicht immer; oftmals ist es scheinbar anders herum, dass die „Aussies“ ein bisschen auf Abstand bleiben, weil ihnen die anderen Kulturen sehr fremd vorkommen. Aber ich denke Australiens Ziel, das Land noch multikultureller zu machen, ohne zu versuchen, alle neuen Einwanderer zu Australiern zu „formatieren“, ist ein guter Anfang, um in ein paar Jahren ein noch bunteres Australien zu haben.
Für heute abschließend kann ich nur jeden empfehlen, der sich nach (meistens) warmen und sommerlichen Wetter, netten Leuten und einer tollen Umgebung sehnt, demnächst sein Vorstellungsgespräch bei GLS zu machen um ans andere Ende der Welt zu reisen und unglaubliche tolle und spannende Erfahrungen zu machen.
Liebe Grüße aus dem Land der Kängurus, Koalas, tollen Strände und supernetten Aussies.
High School Australien, 10.07.-27.12.2012 – Ein Rückblick
„Bis in sechs Monaten“, sagte ich noch zu meinen Eltern und meinem Bruder, drehte mich um und ging durch die Absperrung von Gate 28, Terminal B am Flughafen Frankfurt. Einmal drehte ich mich noch um und winkte – und schon stand ich vor einem leeren, endlos langen Gang der mich meinem großen Ziel ein bisschen näher bringen sollte.
Mein Wunsch war es, ein halbes Jahr in Australien zur High School zu gehen, in einer Gastfamilie zu wohnen und einfach unglaublich tolle, und vor allem neue, Erfahrungen zu sammeln. Gereizt hat mich dabei auch, all dies alleine zu machen, ohne meine Eltern. Auf eigenen Beinen stehen und alleine Entscheidungen treffen, das wovon alle Teenager träumen.
Die Vorbereitungen für diese große Reise habe ich gerne in Angriff genommen, aber sich dann konkret von der Familie, den Freunden vom gewohnten Alltag zu verabschieden, ist schon nicht ganz einfach. Eine Woche vor meinem Abflug habe ich eine Abschiedsfeier gemacht, ein schönes Abschiedsessen mit der Familie – Oma, Opa, Tante, Onkel und Cousinen – und später einen lustigen Abend mit meinen Freundinnen und Freunden. Und, um ehrlich zu sein, diese Abschiedsfeiern waren eine gute Entscheidung; so hatte ich die Möglichkeit, alle noch einmal zu sehen. Ein halbes Jahr hört sich vielleicht nicht sehr lange an, aber in einem fremden Land, mit neuer Familie und neuen Freunden kann es manchmal ein bisschen einsam werden – so dachte ich zumindest. Aber diese Einschätzung sollte sich in wenigen Tagen ändern.
30 Stunden später stieg ich – nach einem langen Flug von Frankfurt nach Singapur, von Singapur nach Perth (West-Australien) und von Perth nach Adelaide (Hauptstadt von Süd-Australien) – sehr müde und erschöpft aus dem Flugzeug. In Perth war meine offizielle Einreise in Australien, sehr gründliche Kontrolle von Personalien und Gepäck, insbesondere Schuhe (ob auch kein Schmutz in den Sohlen ist!!).
Was dann in Adelaide auf mich warten würde, war auch für mich noch ein Rätsel. Wo musste ich hingehen? Würde mich jemand abholen, wie besprochen? Und wenn ja, waren die nett?
Ich war so aufgeregt, wie nie zu vor. Noch bevor ich meinen Koffer vom Band genommen hatte, standen fünf, mir noch fremde, Personen mit einem Schild vor mir: Welcome Thea Marie! Erst wusste ich gar nicht, was ich sagen sollte oder wie ich mich vorstellen sollte; aber sie waren alle so unglaublich nett und wussten natürlich sofort, wer ich war. Das Empfangskomitee waren: Eddie (mein Gastvater), Charlotte (meine Gastschwester), Zaki (eine japanische Austauschschülerin, die ein ganzes Jahr in der Familie wohnte) und Mrs. Andrea Short (Accommodation Officer, Student Services, International Education Services). Zusammen holten wir meinen Koffer und nach einigen Informationen von Frau Short über die nächsten Termine ging es dann auch schon mit dem Auto zu meinem neuen Zuhause. Die ersten Hürden waren genommen und jetzt konnte das „Abenteuer Australien“ beginnen.
Nach wenigen Tagen stand mir auch schon der erste Schultag bevor. Aufregung pur, sage ich euch! Fast zitternd näherte ich mich, in Begleitung der Koordinatorin für internationale Schüler, meiner neuen Klasse (homegroup). Zum Glück musste ich mich nicht gleich selber vorstellen, das übernahm meine Koordinatorin. Das war super. Und dann gab es auch schon eine Namensrunde für mich. Zwar fiel es mir schwer, mir die Namen von meinen neuen Klassenkameradinnen und -kameraden zu merken, aber das machte auch nichts. Nach ein paar Tagen weiß man sie sowieso.
Insgesamt war die Erfahrung, in einem anderen Land zu einer High School zu gehen, eine unglaublich faszinierende Sache. Ich hätte nie gedacht, dass ich so viel lernen würde. Damit meine ich nicht die Leistungsanforderungen in den Fächern, die ich auch in Deutschland hatte, wie z. B. Mathe; die waren sicherlich nicht vergleichbar. Nein, ich meine die Vielzahl von anderen Themen und Angeboten, die ich von meiner Schule Zuhause nicht kannte. So z. B. „child studies“, „dance lesson“, „drama“ usw. Aber insbesondere meine ich auch all die Erfahrungen, die meine Persönlichkeit betreffen, meine Stärken und meine Schwächen, meine Selbsteinschätzung – kurzum, ich habe mich besser kennengelernt.
Auf dem Weg zum Erwachsenwerden macht jeder Mensch seine individuellen Erfahrungen, die dazu beitragen, das eigene Ich zu finden. Und meine Erfahrung ‚Australien’ hat definitiv bei mir dazu beigetragen, selbstbewusster zu werden, auch mal größere Schritte zu wagen und Verantwortung zu übernehmen. Meine Zeit auf dem Charles Campbell College hat sehr dazu beigetragen. Ich fühlte mich auf diesem Weg gut unterstützt, und wenn es mal Probleme gab, war immer ein Ansprechpartner da, sei es vom School-Board oder von meinen Freunden.
Aber auch meine Gastfamilie (hostfamily) war immer für mich da. Sie war und ist unglaublich toll. Meine Gastmutter Susan und ihr Mann Eddie haben sich rührend um mich gekümmert, wie um ihr viertes Kind. Und auch meine Gastgeschwister (Charlotte, 13; Mathew, 11; Elanore, 3) und ich sind über die Zeit zu wirklich richtigen Geschwistern geworden. Vor allem meine 13-jährige Gastschwester Charlotte und ich waren unzertrennlich, was den späteren Abschied dann umso schwieriger machte.
In dieser Familie habe ich nur tolle Erfahrungen gemacht. Am Anfang war ich ängstlich und vielleicht auch ein bisschen eingeschüchtert. Ängstlich wovor? Nun ja, auch wenn mir das Englischsprechen leicht gefallen ist, konnte ich dennoch nicht alles gleich richtig ausdrücken. Deshalb fiel es mir anfangs manchmal schwer zu erklären, worin mein Problem lag (wenn es mal eines gab). Aber meine Gastfamilie war sehr einfühlsam und hat mir immer geduldig zugehört, auch wenn meine Erklärungsversuche länger dauerten. Wir haben immer eine Lösung gefunden.
In meiner Gastfamilie gab es natürlich, wie in jeder anderen Familie auch, gewisse Regeln an die ich mich halten musste. Manche denken vielleicht, dass, wenn man alleine ins Ausland geht, man sich alle Freiheiten nehmen kann. Aber das ist natürlich nicht so, und um ehrlich zu sein, ist das nicht mal ein negativer Punkt. Grenzen gesetzt zu bekommen von Leuten, die nicht die eigenen Eltern sind, ist eine super Sache gewesen. Mit meinen Eltern wäre es vielleicht zum Streit wegen mancher Dinge gekommen, wo hingegen meine Gastfamilie und ich Gespräche über diese Dinge, z. B. Ausgehzeiten, geführt haben. Danach war dann alles klar. Und wenn man sich an die Absprachen hält, ist alles okay.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass ich unglaublich glücklich in meiner „hostfamily“ war und hoffe, dass ich sie schon bald, wenn ich genug Geld gespart habe, wieder besuchen kann, oder sie mich.
Neben meiner Gastfamilie habe ich natürlich noch viel mehr Leute kennengelernt, neue Freundschaften, in der Nachbarschaft und in der Schule, geschlossen und auch da nur die besten Erfahrungen gemacht, von kleinen Ausnahme abgesehen 😉 !
In den ersten Tagen waren die Unterhaltungen, sei es in der Schule oder im privaten Umfeld, zwar noch etwas steif, aber sobald ich die verschieden Leute besser kennengelernte hatte – und sie mich – fanden wir schnell zueinander. So wurden die Schulpausen und Nachmittage nach und nach zu sehr spaßigen und tollen Angelegenheiten. In meinen neuen australischen Freunden habe ich unglaublich tolle Menschen gefunden. Mit den meisten habe ich mich vom ersten Tag an gut verstanden und sie haben mich offen und herzlich aufgenommen.
Während meines sechsmonatigen Aufenthaltes habe ich wochentags (und manchmal auch am Wochenende) viel mit meinen Freundinnen und Freunden unternommen und am Wochenende eher etwas mit meiner Familie oder/und mit meinen Nachbarn. Dabei habe ich andere Kulturen (z. B. Inder), andere Religionen und andere Werte und Normen kennen- und schätzen gelernt.
Mit „meiner Clique“ bin ich ins Schwimmbad, ins Kino oder sogar auf ein Konzert gegangen. Wir hatten unglaublich viel Spaß! Schon jetzt haben mehrere von ihnen ihren Besuch bei mir in Deutschland angekündigt – schaun wir mal!
Aber auch die schönste Zeit geht einmal vorbei und so auch dieses halbe Jahr in Down under. „Leider“ muss ich sagen, denn ich wäre gerne noch länger dort geblieben.
Am Flughafen haben meine Freunde und meine Familie noch meine letzten zwei Stunden in Australien mit mir verbracht. Ich habe noch kleine Abschiedsgeschenke bekommen und so viele Umarmungen, dass ich aufgehört habe, sie zu zählen. Als es dann so weit war und ich alleine meine Rückreise antreten musste, flossen unzählige Tränen. Ich habe mich dort so wohl und Zuhause gefühlt, dass es schwer fiel, all das hinter mir zu lassen. Doch ich musste zwangsläufig durch die Absperrung gehen und das ohne meine Familie oder meine Freunde. Erst im Flugzeug wurde mir wirklich bewusst, dass es wirklich für lange Zeit das letzte Mal war, dass ich diese lieben, mir so vertraut gewordenen Menschen, gesehen habe und die Traurigkeit überkam mich ganz stark.
Nach wiederum 24 Stunden Flug sah ich meine Eltern das erste Mal (ausgenommen beim skypen) nach vollen sechs Monaten wieder, und das war super. Ich freute mich unheimlich doll und vergaß für einen Moment, wie sehr ich meine australische Familie und meine Freunde auf der anderen Seite der Erde vermisste.
Jetzt bin ich schon seit drei Wochen wieder zu Hause und alles scheint so wie immer zu sein, außer dass mein Zimmer mit vielen Bildern von Freunden und meiner Familie aus Australien geschmückt ist. Per Skyp, E-Mail und Facebook stehe ich aber in regelmäßigem Kontakt mit all diesen lieben Menschen.
Ich möchte mich bei allen, bedanken die mir diese Erfahrung ermöglicht haben. Das sind zum einen meine Eltern hier in Deutschland, die mich von Anfang bis Ende unterstützt und auch über die Distanz begleitet haben. Dann bei meiner (Gast-) Familie in Australien, durch die mein Aufenthalt in Adelaide zu einer so wundervollen Zeit wurde. Und natürlich (und nicht zuletzt) auch bei GLS, die meinem Wunsch eines Auslandsaufenthaltes einen so guten organisatorischen Rahmen gegeben haben und als vertrauensvolle Ansprechpartner (insbesondere Marie Thumm) in jeder Situation zur Verfügung standen. VIELEN DANK!!