- WELTBÜRGER-Stifter: GLS
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Neuseeland
- Dauer: 5 Monate
- Name: Lara
Meine Entscheidung ins Ausland zu gehen
Schon sehr lange habe ich mir überlegt wie ich diesen Bericht schreiben soll. Wo und wie fange ich am besten an? Nach einigen Überlegungen habe ich mich entschieden, am *Anfang* anzufangen.
Die Idee für den Auslandsaufenthalt kam durch meinen Bruder Nicolai. Er war vor zwei Jahren in Neuseeland und ist 1 1/2 Jahre in Auckland zur Schule gegangen. Meine Eltern haben mir angeboten, dass ich auch so etwas in der Art machen könnte. Und um ehrlich zu sein, hat sich mein Aufenthalt in eine ähnliche Richtung wie die meines Bruders und die meisten Aufenthalte von Schülern dieser Art entwickelt. Aber dieser Teil der Geschichte kommt eigentlich erst später.
Die erste Frage, die mir in den Sinn kam, war: „Wohin soll es denn überhaupt gehen?“. Für mich war relativ schnell klar, dass es in Richtung Australien oder Neuseeland gehen wird. Erstens sollte es ein Land sein, in dem Englisch gesprochen wird, und zweitens habe ich von meinem Bruder sehr viel Verlockendes von Neuseeland erzählt bekommen (zu diesem Zeitpunkt war er nämlich gerade dort, in Neuseeland). Aber nach Australien wollte ich auch immer schon. Nach langen Pro- und Kontralisten, vielen Gesprächen mit Freunden und Bekannten und einigen Recherchen im Internet habe ich mich letzten Endes dann doch für Neuseeland entschieden. Und glaubt mir, es war eine gute Entscheidung.
Nachdem die Auswahl des Landes geklärt war, stellte sich gleich die nächste Frage: „Wo genau in Neuseeland soll es hingehen?“ Auch bei dieser Frage wurde ich wieder sehr durch meinen Bruder beeinflusst. Er definierte Auckland damals ungefähr so: Strand, Stadt, tolle Menschen, vier Jahreszeiten an einem Tag, tolle Landschaften und das alles in einer Stadt! Auckland!Seit ich hier bin, kann ich das nur bestätigen, es trifft genau so zu. Die nächste Entscheidung war also auch gefällt: Es wird Auckland.
Die Suche nach der richtigen Organisation, war einfach. Meine Eltern waren mit GLS so zufrieden, dass wir eigentlich nicht weiter gesucht haben. Der Vorteil bei GLS ist auch, dass man sich die Schule und somit auch den Ort aussuchen kann und nicht irgendwo landet.
Meine Mutter ist dann noch auf das Weltbürger-Stipendium aufmerksam geworden. Es ging darum zu zeigen, warum man ein Weltbürger ist und warum man denkt, dass man es verdient hat in ein anderes Land für solch einen Aufenthalt zu reisen. Ich hab mir gedacht: „Hey Lara, du bist eine Weltbürgerin. Du liebst es zu reisen, du bist sozial engagiert usw. Man kann es ja mal versuchen“. Und, um ehrlich zu sein, ich habe nicht ernsthaft damit gerechnet, zu gewinnen, aber zu verlieren gab es ja auch nichts. Deshalb habe ich angefangen, an meinem Blogeintrag zu arbeiten. Täglich habe ich gecheckt, ob neue Eintrage von anderen Interessenten dazu gekommen sind.
Fernweh? JuBi!
Es war an einem belanglosen Tag und ich saß im Bus auf dem Weg zur Schule. Ich bekam einen Anruf meiner Mutter: „ Lara kannst du bitte auf dem Heimweg die biometrischen Passbilder machen lassen. Du wirst sie für deinen neuen Reisepass brauchen, wenn du nach Neuseeland fliegst.“ Am Anfang habe ich nicht mal bemerkt, dass es um den Wettbewerb ging, aber nachdem meine Mutter so komisch um den Brei herumgeredet hat, hab ich es irgendwann auch kapiert. Der ganze Bus hat sich zu mir umgedreht als ich geschrien habe. Ich habe gewonnen!!!! Mein Traum rückte ganz schnell viel näher. In der Schule musste sich jeder meine Pläne und all das anhören, ob sie wollten oder nicht. Von Mathe und Latein hab ich an diesem Tag nichts mitbekommen.
Durch den G8 Zug war klar, dass ich nur ein halbes Jahr gehen kann. Sonst hätte ich die 10. Klasse wiederholen müssen, was ich nicht wollte, da ich sehr gerne mit „meiner“ Klasse das Abitur machen will. Der Rahmen des Puzzles war gelegt. Neuseeland, Auckland, 6 Monate. Nun ging es ins Detail. Ich hab es mir mit der Schule und der Gastfamilie sehr einfach gemacht. Gleiche Schule, gleiche Gastfamilie (wir haben Familie Reinhold gefragt, ob sie bereit wären, mich als Austauschstudentin aufzunehmen). Warum Dinge ändern die gut sind. Hier noch eine Anmerkung zu meiner Schule, der Henderson Highschool. Henderson ist eine „ganz normale Schule“. Sicher gab es im GLS Katalog andere Schulen, die sich vielleicht interessant angehört haben. Aber in Deutschland geh ich auch auf ein ganz normales Gymnasium mit ganz normalen Leuten. Henderson hat auch nur wenige „Internationale“, dadurch kommt man zwangsläufig mehr mit den Kiwis zusammen und spricht permanent Englisch. Schließlich ist das ja auch ein Grund, warum ich hier bin.
Zwei Wochen vor meinem Abflug im Januar hatte ich angefangen, zu packen. Was werde ich wohl brauchen, was auf keinen Fall, was bring ich meiner Gastfamilie mit, wie viele Schuhe, welche Schuhe und all diese vielen Fragen. Ich habe immerhin einen Koffer in der Größe, dass ich selbst hinein passe. Nach ewigem Hin und Her, Ein- und Um- und Auspacken habe ich es geschafft, unter 30 Kilo zu bleiben. Es begann die Zeit des Verabschiedens von Freunden, Verwandten, Bekannten…. Immer wieder ging es darum, ob man sich vor meinem Abflug nocheinmal sieht oder nicht. Der Abschied am Bahnhof war schwer für mich, obwohl ich ja wusste,dass mich nur Gutes erwartet und dass ich alle meine Lieben in einem halben Jahr wieder sehen werde.
In Frankfurt ins Flugzeug, ca. 12 Stunden Flug nach Singapur
Der beste Flug den ich je hatte! Gutes Essen, toller Service und eine ganze Reihe für mich! Nach einem kurzen Stopp in Singapur ging es jedoch gleich weiter ins nächste Flugzeug und nochmal 12 weitere Stunden in der Luft. Nachdem ich durch alle möglichen Kontrollen und all das durch war, merkte ich erst, dass ich tatsächlich mehr als 18.000 km von zu Hause weg war. Mein Herz fing an, stärker zu schlagen. Ich weiß nicht, wie man das Gefühl richtig beschreiben kann. Ein Mix aus Angst, Trauer, Nervosität, Freude, Aufregung, Abenteuer, große Gefühle… wie gesagt, schwer zu beschreiben.
Ich lief aus der Passkontrolle und sah ein vertrautes Gesicht. Bekannte meiner Familie laufen mir entgegen. Reiner Zufall am anderen Ende der Welt. Ich war mit nicht ganz sicher warum und wieso aber in dem Moment habe ich mich einfach nur gefreut. Ihnen auf den Fersen war meine Gastfamilie, Familie Reinhold bestehend aus Paul, Sue, Bailey und Kyle. Als meine Gastfamilie mich am Flughafen abgeholt hat, haben sie gesagt: Komisch, sonst holen wir die „neuen“ Studenten ab und diesmal haben wir das Gefühl ein Familienmitglied abzuholen. Und genauso fühle ich mich auch.
Wir fuhren zu ihrem Haus nach Henderson und dort wurde ich von einem weiteren Familienmitglied mit Namen Oscar begrüßt. Er ist ein wundervoller Boxer, in den ich mich auf der Stelle verliebt habe. Kyle, (der Jüngere meiner Gastbrüder), hatte einiges für mich vorbereitet. Bilder, ein Plakat zur Begrüßung, eine „Post-it Führung“ durchs Haus usw. Ich hab mich sofort sehr wohl gefühlt. Dann hab ich meine Mama angerufen, um ihr mitzuteilen, dass meine Anreise perfekt gelaufen ist. Ich wußte, dass sie auf den Anruf wartete. Das war ein langer Teil nur für meine Planung und Anreise. Dadurch, dass ich schon relativ lange hier bin, habe ich mein Deutsch etwas verlernt, bitte seht mir das nach. Mein Englisch ist dafür natürlich 100-mal besser geworden!
Wie beschreib ich mein Leben in Auckland jetzt am besten. Den Hauptteil meiner Zeit verbringe ich, wie in Deutschland auch, in der Schule. Um genau zu sein, in der Henderson High School. Hier bin in der 12. Klasse und habe mich für die Fächer Englisch, Mathe, Chemie, Bio und Outdoor Education entschieden.
Das neuseeländische Schulsystem
Das Schulsystem in Neuseeland ist komplett anders. Es gibt Vor- und Nachteile dabei. In Neuseeländischen Schulen ist es üblich, dass man eine Uniform trägt. An meinem ersten Schultag war ich ein bisschen aufgeregt. Doch gleich in der ersten Stunde habe ich mich sehr wohl gefühlt. Jeder hat mich willkommen geheißen und alle waren neugierig, wer ich bin, wie Deutschland ist, warum ich überhaupt hier bin usw. Nach ein paar Wochen sind alle diese Menschen sehr, sehr gute Freunde geworden und ich weiß jetzt schon, dass es schwer werden wird wenn ich mich von ihnen verabschieden muss.
Mittlerweile lebe ich einen Alltag wie zu Hause und doch anders. Die Schule beginnt um 8.45Uhr. Für die Leute hier ist es aber normal, einiges früher in die Schule zu kommen, um sich mit ihrer Gruppe zu treffen. Nach den ersten paar Wochen in der Schule, hat mir ein Mädchen (Stephanie) aus meinem Biokurs angeboten, mich zur Schule zu fahren, was ich natürlich nicht abschlagen konnte. In Neuseeland kann man seinen Führerschein sogar schon mit 15 machen! Auf jeden Fall kann ich mich jeden Morgen auf sie verlassen und sie ist mir eine sehr gute Freundin geworden. Nach der Schule ist entweder Sport, in die Mall gehen oder mit Freunden „chillen“ angesagt (natürlich wird auch immer fleißig gelernt).
Ferien
Vor 4 Tagen haben die Ferien nach dem ersten Term angefangen. 2 Wochen keine Schule! Meine Freunde haben mich zu den tollsten Plätzen gebracht.
Piha ist einer der berühmtesten Strände in Neuseeland, er ist für den schwarzen Sand, die Felsen und die perfekten Wellen zum Surfen bekannt und ebenfalls nur 30-45 Minuten im Auto von meinem Zuhause entfernt.
Über tolle Strände wie Piha bis zu den Wasserfällen. (Um ehrlich zu sein ich weiß nicht einmal wie der Wasserfall heißt, wir waren auf einer kleiner Wanderung und haben ihn entdeckt. Das Wasser war trotz warmer Lufttemperatur extrem kalt). Obwohl es gerade Winter ist, haben wir trotzdem noch 25 Grad, keine Wolke am Himmel und Sonne. Es gibt auch noch so viel, was ich nicht gesehen habe! Leider kann ich nicht auf die Südinsel. Geplant war für diese Zeit ein 6-tägiger Trip mit Outdoor Education. Der musste wegen einem Unwetter abgesagt werden und dann war die Anmeldung für den Südinseltrip ums Eck. Das ärgert mich schon ein bisschen, aber ich tröste mich damit, dass ich mit meinem Bruder sowieso nach meinem Abitur nochmal nach Neuseeland komme und dann ausgiebig herumreisen werde und all meine neu gewonnen Freunde wieder treffen kann.
Meine Zeit hier ist einfach unfassbar schön und sie vergeht mir viel zu schnell. Es kommt mir vor, als sei ich erst vor ein paar Tagen angekommen. Doch nachdem ich gerade ausgerechnet habe, dass mir ab heute nur noch ca. 70 Tage hier bleiben kann, muss ich doch sagen, dass mir der Abschied von dieser wundervollen Welt hier sehr schwer fallen wird.
Die Tatsache, dass Deutschland eben doch am anderen Ende der Welt ist, macht es nicht einfacher. Man kann leider nicht mal kurz ins Flugzeug steigen, um seine Freunde hier zu besuchen. Ich werde das Beste aus der kommenden Zeit machen, und jede Minute genießen. Meinen Eltern kann ich gar nicht genug danken, dass sie mir das möglich gemacht haben! Nicht jede 15-Jährige hat die Möglichkeit, für 6 Monate in ein Land am anderen Ende der Welt zu fliegen und ein anderes Leben zu leben, all die anderen Eindrücke und Erfahrungen fürs Leben mitzunehmen und eine neue Kultur kennen zu lernen. Natürlich bin ich auch GLS sehr dankbar für alles.
Ich hoffe, ihr konntet einen kleinen Eindruck von meinem Traum „Auslandsaufenthalt“ in Neuseeland bekommen. Die Zeit hier macht mich um einiges selbstständiger und hat noch viel mehr positive Seiten als ich mir vorher vorstellen konnte. Ich habe hier ganz einfach eine unglaublich tolle und wundervolle Zeit. Ich kann jedem, der die Möglichkeit hat, so ein Auslandsaufenthalt zu machen, den Rat geben, es zu tun! Das macht jeden von Euch zu einem Weltbürger, mit mehr Toleranz, Verständnis und Weitblick und um mein Englischabitur muss ich mir auch keine Sorgen mehr machen. Denn hier gilt „learning by doing“.