- WELTBÜRGER-Stifter: YFU
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Ecuador
- Dauer: 10 Monate
- Name: Vicky
Meine ersten drei Monate
Ich kann es kaum glauben, 3 Monate bin ich jetzt schon hier in Ecuador! Ich kann mich noch ganz genau an meinen Abflugstag in Deutschland erinnern. Ich war überhaupt nicht aufgeregt. Dieser Gedanke, für 10 Monate in Ecuador zu leben und meine Familie und Freunde in Deutschland zu lassen, war für mich noch total unwirklich. Erst nach den 2 Tagen Vorbereitung in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, wurde ich so langsam aufgeregt.
Es ging los an die Küste nach Machala. Nach der langen Fahrt mit einem kleinen Bus habe ich sie sofort gesehen! Meine Gastschwester Mishel und meine Gastmutter. Die beiden und zwei meiner Cousins, haben mich mit Blumen und Luftballons empfangen. Sie haben mich auch direkt umarmt und sich genauso gefreut wie ich. Ich habe mich sofort wohl gefühlt und dachte mir, dass es bestimmt erst mal so gut weiter geht.
Da habe ich mich aber leider geirrt. Am nächsten Tag sind wir einkaufen gegangen und auf einmal habe ich die schlimmsten Bauchschmerzen meines Lebens bekommen. Da ich aber außer „Hola, que tal?“ kein Wort auf Spanisch sprechen konnte, war ich total überfordert zu erklären, was ich hatte. Meine Familie war richtig panisch und ich konnte gar nichts mehr. Auf einmal standen ganz viele andere Ecuadorianer um mich herum und wollten helfen. Für mich war das aber eher noch unangenehmer, weil ich einfach nicht erklären konnte, was los war. Im Endeffekt sind wir dann in ein Krankenhaus gefahren und sie haben rausgefunden, was ich habe. Dort musste ich eine Nacht schlafen und ich kann euch sagen, dass war einer oder sogar der schlimmste Tag, den ich je hatte. Andererseits hat uns das aber auch schon zusammengeschweißt. Die haben sich so lieb um mich gekümmert und ich wusste, dass ich richtig Glück mit meiner Gastfamilie gehabt habe.
Der erster Schultag
Nach einer Woche hatte ich endlich meinen ersten Schultag. Ich bin auf einer Militärschule. Der einzige Unterschied zu anderen Schulen ist eigentlich nur, dass man morgens 15-45 Minuten formatiert und dass auf dem Schulgelände überall Sargens rumlaufen. Die Sorgen für Disziplin, aber davon kann man an meiner Schule nicht so viel finden. Sobald kein Sargent mehr in der Nähe ist, drehen alle durch und man muss nur noch lachen. Am Anfang wusste ich noch nicht so wirklich, was ich mir unter „Militärschule“ vorstellen sollte.
Da mein erster Tag ein Montag war, ging die „Zeremonie“ am Morgen etwas länger als sonst. Ich hatte natürlich keine Ahnung, wo ich mich wie bei welchem Befehl hinbewegen musste. Auf einmal wurde die Nationalhymne angemacht und alle haben gesungen, später haben sie auch noch ein Militärlied gesungen. Aber das ist eben nur am Montag. Außerdem müssen wir montags eine andere Schuluniform tragen, dazu gehören auch Schuhe mit Absatz (natürlich nur für die Mädchen). Nach der Zeremonie ging es in die Klassen. Auf dem Weg dorthin, haben mich einfach alle angeguckt und es wurde über mich geredet. In meiner Klasse kamen auch sofort Mitschüler zu mir und haben versucht sich irgendwie mit mir zu verständigen. Plötzlich stand die ganze Klasse um mich herum und ein Junge meinte, dass er jetzt für mich singt. Er fing an zu singen und alle stimmten ein und ich saß einfach nur verblüfft in der Mitte und habe mich gefreut. So etwas würde in Deutschland einfach nie passieren. An meinem ersten Tag habe ich auch direkt ein neues Fach kennengelernt: „Valores“ . Da schreibt man keine Examen oder Test, man redet einfach nur über Gefühle und sowas alles. Aber mit meiner Klasse bin ich wirklich glücklich! Es war einfach Freunde zu finden, alle sind nett und sie erklären mir alles, wenn ich etwas nicht verstehe.
Der Alltag im Gastland
Nach 3 Wochen habe ich endlich meinen Gastbruder kennengelernt. Er ist eine Woche im Monat bei uns zu Hause. Die anderen Wochen arbeitet er in einer anderen Stadt. Er ist genau so ein großer Bruder, wie ich mir große Brüder in Ecuador vorgestellt habe. Immer am aufpassen, dass meine Gastschwester und ich nichts Gefährliches machen, aber auch richtig lustig. So ein Bruder hat Vorteile aber auch Nachteile. Ein Nachteil an meinem Bruder ist z.B., dass er es nicht mag, wenn wir feiern gehen. Das müssen wir dann immer irgendwie heimlich machen, wenn er da ist, weil meine Gastmutter sonst Ärger mit ihm bekommt und das möchte sie nicht. Auch so eine Sache, an die ich mich erst mal gewöhnen musste. Ich habe noch einen anderen Gastbruder, aber der lebt, wie auch der Vater meiner Gastschwester, in den USA.
Mit meinem Bruder und Cousin, sind wir dann endlich an einen Strand gefahren. Da Machala eine Hafenstadt ist, haben wir nicht direkt einen Strand. Wir müssen mit einem kleinen Boot auf eine Insel fahren. Als wir dort angekommen sind, war ich geschockt. Alles total verdreckt mit Müll. Aber das war zum Glück nur der Strand, alle anderen die ich später kennengelernt habe, waren wirklich schön! Ausflüge an Strände oder andere Orte machen wir jeden Sonntag. Das ist sozusagen der Familientag, weil meiner Gastmutter alle anderen Tage von Morgens bis Abends arbeiten muss. Manchmal fahren wir auch übers Wochenende nach Cuenca, Familie besuchen. Cuenca ist 3 Stunden von Machala entfernt und liegt im Gebirge.
Nach einem Monat wurde alles langsam zum Alltag und ich habe angefangen meine Familie und Freunde in Deutschland zu vermissen. Das lag daran, dass ich nach der Schule ganz oft nichts vor hatte und mir langweilig war. Als ich mich endlich getraut habe, mit meinen mangelnden Spanischkenntnissen mit meiner kleinen Familie zu reden, wurde alles besser. Ich habe die Erlaubnis bekommen, alleine etwas mit Freunden zu machen, ich tanze jetzt von Montag bis Donnerstag jeden Abend und ich habe 3 mal in der Woche einen Gitarrenkurs. Natürlich vermisse ich immer noch zwischendurch mein zu Hause in Deutschland, aber ich bin trotzdem glücklich hier und lerne ständig neue Dinge kennen.
Eine Sache, die mir von Anfang an aufgefallen ist, ist dass die Menschen hier alle total herzlich und freundlich sind. Und offen! Ich glaube für Austauschschüler in Ecuador ist es um einiges leichter Anschluss zu finden als in Deutschland.
Nach 2 Monaten hatte meine Schule Examenwoche. 3 Mal im Jahr schreibt man eine Woche lang in jedem Fach ein Examen. Diese Woche ist aber von Schule zu Schule unterschiedlich. Da ich außer in Englisch und Mathe noch nichtalles verstehe, musste ich die Examen nicht mitschreiben. Normalerweise hat man nach der Examenwochen 1-2 Wochen frei. Da wir aber eine Militärschule sind, haben wir eine Woche „Instruccion Militar“. Da trainiert man die Befehle oder fährt in einer andere Stadt und macht dort etwas Militärisches. Dafür brauch man auch nochmal eine andere Uniform. Man macht in jedem Jahrgang unterschiedliche Sachen, aber mir hat diese Woche Spaß gemacht und inzwischen weiß ich auch, was ich bei welchem Befehl machen muss.
Ansonsten gehen meine Schwester Mishel und ich an den Wochenende feiern oder treffen uns mit Freunden. Das mit den Freunden treffen ist hier aber so eine Sache. Man trifft sich fast nie bei jemand zu Hause. Man geht ins Kino oder etwas essen oder man trifft sich vor einer „Fiesta“ um sich zusammen fertig zumachen. Meistens ist man aber in einer Gruppe von Freunden und nicht nur zu zweit. Das ist alles kein Problem.
Und jetzt die Fiestas. Es wird von Anfang an getanzt und wie sie tanzen. Die Latinos können es einfach. Man tanzt auch fast nie alleine. Wenn man mit Freundinnen tanzt, wird man meistens sofort von einem Jungen geschnappt und es wird Reggaeton oder Salsa getanzt. Für mich ist Tanzen fast das Beste hier!
Die Eigenarten der Ecuadorianer
Die Menschen sind hier zwar alle lieb und nett, aber die Männer nerven teilweise richtig! Man geht durch die Straßen und egal wer einem entgegen kommt, checkt einen von oben bis unten ab und/ oder es kommen Kommentare wie: „Hübsche, Prinzessin, …“ Das ist manchmal echt richtig eklig, weil das auch irgendwelche alten Männer machen, die am Straßenrand rumgammeln. Auch die Autofahrer werden teilweise langsamer und grinsen einen eklig an und hupen. Aber das muss man einfach ignorieren. Und man sollte Komplimente von Jungs auch nicht zu ernst nehmen, weil die diese einfach zu jedem Mädchen sagen.
Was hier auch ganz normal ist, dass die meisten Familien eine Art Hausmädchen haben. Man muss nicht reich dafür sein, es ist einfach normal hier. Oft arbeiten die Eltern den ganzen Tag und haben keine Zeit, das Haus aufzuräumen. Das macht dann das Hausmädchen.
Das Ende meiner ersten 3 Monate hier, war nochmal ein Highlight! Alle Austauschüler sind mit einer Reise, die von YFU angeboten wurde, in den Regenwald gefahren. Wir kamen dort nach langer Busfahrt an und sind erstmals fast vor Hitze gestorben. Unser Hotel war richtig schön, mit großem Pool, indem wir uns auch hauptsächlich aufgehalten haben, als wir nicht grade Programm hatten. Wir haben den Dschungel etwas kennengelernt und die Menschen, die dort leben. Und ich habe tatsächlich Ameisen und Baum gegessen. Und das war lecker. Hätte ich nicht gedacht. Abends waren wir tanzen und hatten unseren Spaß! Einmal haben wir uns auf einem selbstgebauten Floß über den Napo treiben lassen. Wirklich der Regenwald ist wunderschön! Und am meisten freut mich, dass ich gemerkt habe, wie sich mein Spanisch hier immer mehr verbessert hat. Vor 3 Monaten habe ich mich mit den anderen Austauschschülern aus den anderen Ländern noch auf Englisch unterhalten. Im Regenwald auf Spanisch.
Die Zeit rennt!
Knapp 7 Monate bin ich jetzt schon hier in Ecuador! Die Zeit vergeht so unglaublich schnell. In den letzten 3-4 Monaten ist auch schon wieder total viel passiert: Weihnachten, Silvester, Beginn der Ferien, mein Geburtstag,…
Es ist März und ich kann von mir behaupten, dass ich hier jetzt ein richtiges Leben habe. Eine super Familie, richtige Freunde, Hobbies und viiiiiiiel Spaß. Mein Spanisch ist inzwischen auch so gut, dass ich einfach rede und nicht über jedes zweite Wort nachdenken muss. Natürlich ist es nicht fehlerfrei, aber das ist kein Problem. Dann sorgt man manchmal sogar noch für ein Grinsen in den Gesichtern der Ecuadorianer. Ich weiß ja, dass es nicht böse gemeint ist. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass ich mal so fühlen und denken würde wie jetzt. Mein Leben hier ist im Moment ziemlich perfekt. Ich hatte auch ewig kein Heimweh mehr. Das letzte mal glaube ich während der Weihnachtszeit und Silvester. Davon fange ich auch direkt mal an zu erzählen.
Höhen und Tiefen
Weihnachten war für mich die traurigste Zeit hier in Ecuador. Ich liebe die Weihnachtszeit in Deutschland. Das war einfach der Grund, wieso ich hier in dieser Zeit nicht so glücklich war. Es war anders. Einfach so gar nicht Weihnachten, wie ich es kenne. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mir gewünscht, dass es wie bei einigen Freunden einfach ausfällt, weil die Familien einen anderen Glauben haben. Aber jetzt wo alles vorbei ist, bin ich schon froh, es miterlebt zu haben.
Es fing alles an, dass meine Gastmutter Ende November einen PLASTIK-Weihnachtsbaum aus irgendeiner Ecker gekramt und zusammen gebaut hat. Der ging mir grade bis zum Bauchnabel. Ich habe hier keinen echten Baum gesehen, nur welche aus Plastik. Der Baum wurde dann komplett lila geschmückt. In der nächsten Zeit wurde dann auch ganz Machala geschmückt. Jede Straßenlaterne war mit etwas geschmückt, das piepende Weihnachtsmusik gemacht hat. Von morgens bis Abends. Ihr glaubt gar nicht, wie ich mich darüber gefreut habe. Und es wurde ein riiiesiger Baum (natürlich aus Plastik) auf einem Platz aufgestellt. Dieser Platz war allgemein recht weihnachtlich. Trotzdem kam ich nicht in Weihnachtsstimmung. Wie auch? Es waren den ganzen Tag um die 30° hier. Über die Weihnachtstage sind meine Mutter, Schwester und ich dann nach Cuenca in die Sierra (Gebirge) zu der Familie gefahren. Dort war es zwar kalt, aber sonst nichts wie Weihnachten. Dort hatten wir nicht mal einen kleinen Plastik-Weihnachtsbaum.
Der 24. lief dann so ab: bis um 21 Uhr haben meine Schwester, Cousins und ich Filme geguckt, dann haben wir Pfau gegessen, auf einmal haben sich alle Frohe Weihnachten gesagt und es gab Geschenke, direkt danach sind alle ins Bett. Aber einfach alles ohne Weihnachtsstimmung. Die einzigen 5 weihnachtlichen Minuten waren, als wir Weihnachtskekse und Marzipan, die mir meine Familie aus Deutschland geschickt hat, gegessen haben. Nach dem Tag war es dann auch vorbei mit „Weihnachten“. Aber hier ist Weihnachten genau wie in Deutschland in jeder Familie verschieden.
Silvester war eigentlich schon viel besser. Zu dieser Zeit habe ich nur unheimlich Deutschland vermisst, deswegen nur eigentlich. Wir waren mit der ganzen Familie in dem Haus von meiner Cousine. Dort leben irgendwie auch ganz viele Tanten und andere Cousinen und deren Kinder. Auf jeden Fall kamen dann auch noch andere Tanten und Onkel. Dann sind wir zu einer Straße gefahren mit ganz vielen „Año viejos“ zum angucken. Jede Familie hat so etwas, entweder gekauft oder selbstgemacht. Das sind Figuren, die mit Böllern und sowas ausgefüllt sind und um 24 Uhr angezündet werden. Das soll alle schlechten Sachen aus dem letzten Jahr vertreiben. Bis um 24 Uhr saßen wir dann alle zusammen und haben uns unterhalten. Dann war es aber leider nicht so viel mit Feuerwerk, weil es ganz stark angefangen hat zu regnen. Aber ein bisschen ging trotzdem. Dann haben wir gegessen und ein paar Cousinen, meine Schwester und ich sind noch in der Stadt herumgelaufen und haben uns von außen die Partys angeguckt, auf die wir nicht gehen konnten, da die Silvester alle 30-60 Dollar gekostet haben und das hätte sich nicht gelohnt. War aber trotzdem ganz lustig.
Das neue Jahr
Dann war es auch schon 2013. Und es hat nur noch einen Monat gefehlt bis zu den 3 Monaten Ferien. Januar verlief ganz normal hier. Schule, Tanzen, Freunde und Familie. Ich habe mich einfach auch schon total auf meine 2 Reisen im Februar gefreut. Die erste über Karneval zu einer Freundin nach Manta und die 2. mit der Familie in den Oriente. Es hieß nur in den Oriente, aber wir sind durch halb Ecuador gefahren. Das war richtig cool!
Also Karneval in Ecuador ist ein Erlebnis! Alle fahren an die Strände, weil es da richtig ab geht. Deswegen bin ich nach Manta zu einer Freundin gefahren. Eigentlich ging Karneval nur von Sonntag bis Dienstag, aber wir haben schon am Freitag angefangen mit Freunden. Zu dieser Zeit gibt es an jeder Ecke Espuma zu kaufen. Das ist so ein Schaum zum sprühen. Es bringt so Spaß. Man kann einfach durch die Straße gehen und die Leute voll sprühen, ohne dass sie sauer sind. Meine Freundin ist auch aus Deutschland und wir beide waren von Freitag bis Dienstag nass und voll mit diesem Schaum. Wir waren hauptsächlich am Strand. Da gibt es Bühnen und alles Mögliche. Und einfach die ganze Zeit Party. Es war voll mit Menschen, das kann man gar nicht glauben. Meine Freundin und ich sind aber als Deutsche total aufgefallen und deswegen haben wir ein bisschen mehr Schaum und Wasser abbekommen als die anderen. Quasi jeder der eine Flasche mit dem Schaum hatte, hat uns voll gesprüht. 2 mal habe ich auch ein Ei abbekommen. Aber so ist Karneval hier nun mal. Es bringt nur Spaß und alles sind gut drauf. In den Nächten waren dann immer Konzerte. Also habe ich in Tagen 6 Konzerte von richtig berühmten Sängern für nichts mitbekommen! Chino y Nacho waren das Highlight von allen Konzerten. Karneval muss man hier miterleben!
Ich war ein bisschen traurig, als alles vorbei war und ich nach Hause musste. Aber die Tatsache, dass ich mit meiner Familie 2 Tage später in den Urlaub gefahren bin, hat mich dann wieder aufgemuntert. Wir sind mit einem kleinen Bus für 9 Personen durch halb Ecuador gefahren. Ich habe total viel gesehen. Zuerst sind wir nach Baños gefahren. Die Stadt liegt an einem aktiven Vulkan und wir haben in heißen Quellen gebadet, danach nach Ambato, danach durch den Oriente und dann über Cuenca und wieder zurück nach Machala. Nachts haben wir immer in so einer Art Jugendherberge geschlafen. Wir sind den ganzen Tag herum gefahren und zwischendurch uns dann Städte angeguckt. Ach ja einen Abstecher in Kolumbien haben wir auch noch gemacht. Und wir waren in einer Stadt, in der überall Affen frei herumlaufen. Wo ich grade bei dem Thema Affe bin. Die im Dschungel haben erzählt, dass sie Affen essen und wollten uns Schlange andrehen. Also das soll alles wir Hühnchen schmecken. In dieser Reise habe ich echt viel von Ecuador mitbekommen.
Nach der Reise habe ich dann mit der Sozialarbeit, die wir hier von YFU machen müssen, angefangen. Ich musste einen Monat jeden Morgen auf 1-jährige Babys aufpassen. Mit ihnen spielen und sie füttern. Die erste Zeit war total anstrengend, weil ein Baby alle einfach nur beißen wollte. Meine Aufgabe war, ihm die ganze Zeit hinterher zulaufen und aufzupassen, dass er niemand beißt. Nach 2 Wochen hat er dann die Gruppe gewechselt und es war so entspannend mit den anderen Babys. Die waren alle süß und lieb. Nach der Arbeit bin ich direkt zum tanzen gefahren. Jetzt wo ich nicht mehr arbeite, gehe ich morgens ins Crossfit, da macht man so richtig anstrengende Übungen auf Zeit. Mit Trainer und allem. Danach gehe ich zum Tanzen und abends gehe ich nochmal zum Tanzen. Ich bin also 5 Stunden am Tag im Aerodance und tanze. Es ist wie ein zweites zu Hause für mich hier in Ecuador. Sobald ich Aerodance betrete, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Eine Sache hat mich aber noch glücklicher gemacht: Mein Geburtstag!
Der Abend vor meinem Geburtstag bin ich mit meiner Schwester und Freundin meines Bruders in einem Raum gewesen und waren nur am lachen und hatte unseren Spaß. Achso inzwischen Leben in diesem Haus meine Mutter, Schwester, Freundin und Tochter vom Bruder, ich und 1-2 Wochen im Monat auch mein Bruder. Am Anfang nur meine Schwester, Mutter und ich. Aber es ist jetzt besser mit ein paar Personen mehr, finde ich. Also wir waren in dem Raum und auf einmal um kurz vor 12 kommt meiner Gastmutter hereingestürmt und schreit mich an, dass ich endlich ins Bett soll. Bin ich dann auch gegangen. Um 24 Uhr kamen dann alle mit Geburtstagsmusik, Torte und Geschenken in mein Zimmer. Es war so schön, ich gehöre inzwischen auch richtig zur Familie. Hier ist es so, dass am Geburtstag immer das Gesicht in die Torte gehauen wird. Habe ich natürlich in dem Moment total vergessen und ich wurde reingelegt, sodass ich ganz nah mit dem Gesicht an der Torte war und boooom. Alle Hände an meinem Kopf und mein Gesicht war in der Torte. Die Nacht verlief dann noch ganz lustig. Der Tag war ganz normal, außer dass ich beim Tanzen noch etwas gefeiert wurde und es noch eine Torte gab. Ich dachte, dass nichts mehr kommt. Aber ich habe nicht mit meiner Überraschungsfeier am Wochenende gerechnet. Mir wurde gesagt, dass wir auf den Geburtstag einer Tante gehen mit Kleid und ganz schön. Dort angekommen wurde ich sofort in das Zimmer meiner Cousine gebracht und sie hat mich so lange überredet, bis ich ihr Kleid von ihrem 15 Geburtstag angezogen habe. „Nur für Fotos“. 15. Geburtstage hier sind riesig, das Geburtstagskind hat ein Kleid, wie eine Prinzessin an und einfach eine riesen Feier mit allem drum und dran. Also ich habe mir dann schon ein bisschen gedacht, dass die Feier für mich war, als ich noch mehr geschminkt wurde und es sich alles nur im mich gedreht hat. Dann ging es nach oben und ALLE meine Freunde und Verwandte waren da. Alles war so schön. Für mich wurde gesungen und ein DJ war da, ein Clown, der Moderator war, und gute Laune. Es war ein bisschen wie ein 15 Geburtstag hier. Zur Info ich wurde 17. Es war die beste Feier meines Lebens. Und so etwas habe ich noch von keinem Austauschschüler hier gehört .Das alles haben meine Mutter, meine Schwester und mein Tanzlehrer organisiert. Ich bin ihnen so dankbar für meinen schönsten Tag hier in Ecuador!
Und die nächsten 3 Monate werden auch gut! Ich fliege noch mit einer Tante und anderen Verwandten nach Miami, mit meiner Organisation auf die Galapagos-Inseln und ab Mai habe ich wieder jeden Tag meine ganzen Freunde in der Schule. Ich werde meine letzte zeit hier noch richtig genießen und das kann ich auch, weil obwohl ich soviel Sport mache, trotzdem noch in der Zeit da zwischen und am Wochenende etwas mit Freunden machen darf. Und das ist hier nicht selbstverständlich in Ecuador. Ich habe einfach so Glück mit meiner Gastfamilie. Ich habe mich echt bemüht mich zu integrieren, ich helfe und verstehe mich super mit ihnen. Jetzt vertrauen sie mir komplett und wollen, dass ich mein Jahr hier weiterhin genieße und tun alles dafür. Was will man mehr? Ich habe ein perfektes Austauschjahr in Ecuador!
Zurück in Deutschland
Ich habe das Gefühl zwischen zwei Welten zu stehen. Die eine, in der ich mein ganzes Leben verbracht habe, und die andere, in der ich mein Austauschjahr in Ecuador verbracht habe. 4 Monate bin ich nun wieder hier und langsam verstehe ich, dass Ecuador vorbei ist. Nicht für immer, aber für die nächste Zeit. Das schönste und spannendste Jahr meines Lebens! Jetzt habe ich nicht nur eine Familie, sondern zwei. Ich habe nicht nur ein zu Hause sondern zwei und in beiden bin ich herzlich willkommen. Darüber bin ich sehr froh. Ich wollte nicht zurück nach Deutschland, noch nicht. Ich habe mir ein Leben in Ecuador aufgebaut. Ich konnte vor einem Jahr weder spanisch sprechen, noch kannte ich irgendwen dort. Jetzt habe ich dort Familie, Freunde und ich spreche die Sprache. Ein harter Weg, aber der beste Weg, den ich je gegangen bin. Vielleicht könnt ihr verstehen, wie schwer es ist, all das hinter sich zulassen.
Ich konnte überhaupt nicht glauben, dass mein Austauschjahr vorbei war. Es ging plötzlich ganz schnell! Und auf einmal war mein letzter Tag in Machala. Ich musste mich von allen, von denen ich mich noch nicht verabschiedet hatte, verabschieden. Es war total unwirklich. Es kam mir vor, als wenn ich sie am nächsten Tag sowieso wieder sehen werde. Als ich Abends das letzte mal bei meinem Tanzkurs, bei dem ich fast jeden Tag war, war und ich mit meinen Freunden nochmal zusammen Spaß hatte , wurde mir klar, dass ich in weniger als 24 Stunden nicht mehr da sein würde. Ich verbrachte noch einen meiner schönsten Abende mit ihnen und als ich nach Hause kam unterhielt ich mich noch einige Stunden mit meiner Gastmutter. Den Rest der Nacht habe ich kein Auge zubekommen und am Morgen, als ich los musste, kam der schlimmste und traurigste Moment überhaupt für mich. Der Abschied meiner Gastschwester, die inzwischen eine der wichtigsten Personen in meinem Leben ist.
Ich flog dann also mit ein paar anderen deutschen Austauschschülern zurück nach Deutschland und als wir dann gelandet sind, wollten wir einfach in den nächsten Flieger zurück nach Ecuador. Doch als ich dann meine Familie sah, war erst einmal alles wieder gut. Die nächsten Tage auch, denn alle wollten mich wieder sehen und ich so gar keine Zeit hatte mich großartig mit Ecuador zu beschäftigen. Die Wochen danach waren schrecklich. Ich wollte nichts machen, niemanden sehen und hatte zu nichts Lust. Ich wollte nur zurück zu meinem vertrauten Ecuador. Ich fand auch alles blöd in Deutschland. Egal was, ich habe es mit Dingen aus Ecuador verglichen. Da ich auch erst noch 2 Monate Ferien hatte, kam ich auch nicht durch Schule zur Ablenkung. Da hätte ich mit Menschen Kontakt haben müssen, doch da es Ferien waren, habe ich einfach fast immer abgesagt, da ich dachte, dass es eh nicht so viel Spaß bringen wird wie in Ecuador. Stattdessen habe ich lieber mit Freunden oder Familie von dort geschrieben oder geskypt, mir Bilder angeschaut und einfach allem hinterher getrauert. 3 Tage bevor die Schule anfing, habe ich dann auch gemerkt, dass ich gar nicht mehr auf die gleiche Schule gehen möchte wie vorher. Und konnte dann zum Glück auch noch spontan wechseln. Entweder habe ich mich ziemlich verändert oder meine alten Freunde, denn ich möchte mit den meisten nichts mehr zu tun haben. Zur selben Zeit habe ich auch mit Handballspielen aufgehört. Und das war die 11 Jahre vor Ecuador mein Leben. Dann habe ich andere Dinge ausprobiert, wie z.B.: Tanzen. Aber es dann doch nicht gemacht, denn es war einfach nicht wie mit meinen Latinofreunden. Ich hatte die erste Zeit richtigen Tanz-Entzug, weil ich dort jeden Tag tanzen war. Ich habe alles gegeben, etwas zu finden wie dort, doch nichts hat mir so Spaß gemacht. Viele konnten meine Entscheidungen nicht verstehen, konnte ich ja selbst nicht richtig. Ich habe einfach nur etwas gesucht, was mich so glücklich macht, dass ich mich hier wieder wohl fühle. Daraus wurde dann aber erst etwas, als ich in meine neue Klasse kam. Endlich hatte ich wieder richtig Spaß und seit dem kann ich auch mit allem wieder besser umgehen. Jetzt geht es mir eigentlich wieder echt gut in Deutschland. Ich lebe aber komplett anders als vor dem Jahr.
Mein Freundeskreis hat sich total verändert, ich mache anderen Sport und ich genieße viel mehr. Ich sehe mein Leben in Ecuador nicht mehr als verloren, denn ich habe meine Freunde und Familie dort immer noch. Ich kann sie zwar nicht immer sehen, aber der Kontakt wieder weiterhin gehalten. Ich bin einfach nur überglücklich über dieses tolle Jahr. Langsam merke ich selbst wie mich meine Erfahrungen, die ich dort gesammelt habe, weiterbringen. Ich schätze viele Dinge auch viel mehr. Einfach eine Familie zu haben, in einem Haus zu leben, zur Schule zu gehen, Kleinigkeiten des Alltages. Meine Mutter sagt zwar, dass ich im Kopf immer noch nicht ganz zu Hause angekommen bin, aber das ist nicht schlimm. Ecuador ist nun einfach ein Teil von mir und das wird sich auch nicht ändern.
Erinnerungen bleiben für immer, genauso wie wahre Freundschaft und Familie.