- WELTBÜRGER-Stifter: Highschool Australia
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Australien
- Dauer: 5 Monate
- Name: Floria
Meine ersten Tage auf der anderen Seite der Welt
Zunächst einige „Background informations“ über mich: Mein Name ist Floria, ich bin hier in Australien 16 Jahre alt geworden. Ich habe zwei ältere Geschwister, eine Schwester und einen Bruder, der auch ein Auslandsjahr in Australien gemacht hat.
Mein Bruder war einer der Gründe, weshalb ich auf jeden Fall ein Auslandsjahr machen wollte. Ich erinnere mich zwar nur noch sehr wenig an die Zeit, als mein Bruder für ein Jahr weg war, ich war damals um die sechs Jahre alt. Aber ich weiß, dass ich das alles ganz schön spannend fand.
Als ich dann acht Jahre alt war, bin ich mit meinen Eltern für drei Wochen zuerst für ein paar Tage nach Sydney und danach nach Neuseeland geflogen. In Neuseeland sind wir für die restliche Zeit mit einem Wohnmobil auf Erkundungstour gegangen. Nach diesen drei Wochen stand für mich fest, dass ich irgendwann wieder zurück nach Neuseeland möchte. Warum ich mich letzten Endes doch für Australien entschieden habe, darauf komme ich noch zurück.
Meine Vorfreude auf mein Auslandjahr war riesig. Natürlich hat man immer mal wieder Zweifel, ob das wirklich die richtige Entscheidung sein wird oder nicht, aber bei mir überwog eindeutig die Freude auf neue Erlebnisse und darauf, neue Menschen kennen zu lernen. Alle Vorbereitungen waren getroffen und ich machte mich auf den Weg zum Flughafen, um ein nicht ganz gewöhnliches Auslandsjahr zu erleben. Meine Gastfamilie hatte mir zuvor einmal geschrieben und ich hatte mir auch schon auf Google Maps angeschaut, wie mein neues Zuhause und die Umgebung so aussehen wird.
Meine Gastfamilie ist meine Gastmutter Kate, mein Gastvater Kris und meine zwei jüngeren Gastschwestern Jakinta und Charlotte. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich mal wieder mit Geschwistern unter einem Dach wohnen würde, da meine Geschwister in Deutschland schon seit ein paar Jahren ausgezogen sind.
Die anderen beiden Familienmitglieder sind unsere Hunde Cookie und Fudge, auf die ich mich auch sehr gefreut habe, weil wir zuhause in Deutschland keinen Hund haben können, ich mir aber schon immer einen Hund gewünscht habe.
Auf meinem 24-Stunden-Flug über Dubai nach Australien war ich also entsprechend gespannt auf das, was auf mich zu kommen wird. Der Flug hat sich ziemlich hingezogen. Ich kann nur empfehlen, sich vorher aufzuschreiben, was man bei Langeweile im Flugzeug so machen kann. Bevor ich nach Australien geflogen bin, habe ich mir ein Abschiedsbuch von meinen Freunden gestalten lassen, welches ich mir dann auf dem Flug das erste Mal angesehen habe. Das Abschiedsbuch mit den Texten von meinen Freunden hat auf jeden Fall die Langeweile ein wenig vertrieben und zudem ist es schön, etwas so Persönliches von seinen Freunden aus Deutschland zu haben.
Am Flughafen in Brisbane angekommen fand ich mein Gepäck erstmal nicht, das ist dann zum Glück beim Sperrgepäck aufgetaucht. Dann habe ich meinen Fahrer nicht gefunden und ich konnte mich auch niemanden anschließen, da ich die einzige aus der Gruppe war, die auf das Whites Hill State Collage gekommen ist. Als ich dann endlich meinen Fahrer gefunden hatte, war ich sehr erleichtert und wurde von ihm zu meinem neuen Zuhause in die Greenmeadow Road gefahren.
Kate, Jakinta, Charlotte und die Hunde haben mich sehr lieb empfangen. Mir wurde erstmal eine Haustour gegeben. Mein Haus hier in Australien ist ganz anders als in Deutschland. Wir haben einen Pool, was ich sehr gut finde. Außerdem wohne ich hier in einem Einfamilienhaus. Wir haben sogar ein kleines Gym im Keller und einen „Spielraum“ für uns Kinder. Mein Zimmer ist sehr schön, ich habe ein riesiges Fenster und sehr viel Gestaltungs-Freiraum in meinem Zimmer.
Am ersten Wochenende habe ich direkt die ganze Familie kennengelernt. Von meinem Gastvater der Vater lebt an der Gold Coast, ungefähr eine Stunde entfernt von Brisbane, und die Eltern von meiner Gastmutter wohnen in Brisbane. Da der Bruder von meinem Gastvater gerade aus Amerika zu Besuch war, gab es ein großes Familienessen bei den Eltern von Kate. Es ist teilweise echt schwer den australischen Akzent zu verstehen, aber ich denke, dass wird noch.
Es ist sehr schön, von Beginn an im Familienleben integriert zu sein, aber leider war ich durch meinen Jetlag sehr geschafft und hätte eigentlich die ganze Zeit einschlafen können. Der Jetlag hat mich richtig erwischt, ich habe das Gefühl, dass ich immer noch nicht richtig in der Zeitzone angekommen bin, aber vielleicht bin ich auch nur so erschöpft, weil ich so viele neue Dinge jeden Tag erlebe.
Mein erster Schultag ist relativ unspektakulär verlaufen. Meine Schule hat relativ wenig Schüler für eine australische Schule und deshalb auch nicht viele Internationals. Ich bin mit zwei Italienerinnen die einzige, die nur für einen begrenzten Zeitraum auf der Schule bleibt. Alice, eine von den beiden Italienerinnen, und ich haben sehr ähnliche Stundenpläne gewählt, weswegen wir ziemlich viel zusammen machen und uns auch öfter mal außerhalb der Schule treffen. Meine Schule liegt im Vorort Whites Hill, was ungefähr zehn Minuten von Carindale entfernt ist, wo es auch ein großes Shoppingcenter gibt. Leider ist es ziemlich weit bis zum Strand und mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen.
Der Grund, weswegen ich auf diese Schule in Brisbane gehe, ist mein Sport. Ich fechte leistungsmäßig und wollte damit nicht komplett aufhören während der Zeit im Ausland. Wegen meinem Hobby war ich lange unsicher, ob ich wirklich ein Auslandjahr machen möchte. Fechten war auch der Grund, weswegen ich mich für Australien und nicht für Neuseeland entschieden habe. Es gibt hier bessere Möglichkeiten zu trainieren als in Neuseeland. Meine Schulwahl lag auch daran, dass an dieser Schule mein Fechtclub „The Fencing Club“ trainiert. Meine Gastfamilie habe ich auch über den Fechtverein bekommen.
Meine Gastschwester Jakinta ficht auch und ich gehe mit ihr dreimal die Woche zum Training. Meine Organisation und die Schule haben sich sehr viel Mühe gegeben, damit das alles so funktioniert, dass ich auch in Australien mein Hobby weitermachen kann. Dafür bin ich sehr dankbar. Auch wenn ich durch mein Hobby einen nicht ganz gewöhnlichen Auslandaufenthalt habe, denke ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe und ich es sehr bereuen würde, wenn ich jetzt nicht in Australien wäre. Meine ersten paar Tage waren voller neuen und ungewohnten Sachen, aber langsam lebt man sich ein und bekommt einen neuen Alltag.
Die Zeit vergeht wie im Flug
Die ersten drei Monate sind sehr schnell vergangen und nun stehen die Frühlingsferien an. In der ersten Woche fahre ich zu einer Freundin an die Sunshine Coast und in der zweiten Woche werde ich Freunde von meinem Bruder in Sydney besuchen. Bis jetzt habe ich schon sehr viele tolle Orte gesehen. Einer meiner Lieblingsorte hier ist North Stradbroke Island, das ist eine Insel vor der Küste von Brisbane. Es ist nur leider ein wenig zeitaufwendig, dort hinzukommen, aber man hat unter anderem eine sehr schöne Fahrt mit der Fähre. Als wir – Alice und ich – dort angekommen sind, sind wir einen kleinen Rundweg entlang der Küste gegangen und wir waren die ganze Zeit nur am staunen. Wir haben Delphine, Schildkröten und sogar einen Wal gesehen.
Aber auch in Brisbane gibt es ein paar meiner Lieblingsplätze. Die South Bank ist ein künstlich angelegter Strand in der Stadt mit Blick auf die Skyline. Schön ist auch Kangaroo Point, von wo man einen mega Blick auf Brisbane hat. Schon der Weg dorthin ist schön. Man muss mit der Fähre über den Brisbane River fahren. Und nicht nur mit meinen Freunden unternehme ich tolle Sachen, mit meiner Gastfamilie fahre ich jeden Samstag morgen in ein großes Atelier, wo man kostenlos Farbe und Leinwände bekommt. Außerdem geht der Besitzer – ein Millionär oder so, der das anbietet, um Leuten die Möglichkeit zu geben zu malen – immer herum und hilft einem.
Manchmal gibt er auch kleine Kunstkurse zu Basics. Ich werde diese kleinen Kunstkurse sehr vermissen, wenn ich wieder zurück in Deutschland sein werde. Diese Samstagmorgen sind zu einer richtig schönen Routine geworden. Ich denke, dass ich durch meine Zeit hier sehr viel offener gegenüber neuen Sachen und neuen Leuten werde.
Leider fährt meine Freundin Alice nach den Ferien zurück nach Italien, was einerseits gut ist, weil ich dann wahrscheinlich noch mehr Kontakt zu Australiern knüpfen kann, aber auch schade ist. Alice und ich haben sogar schon Pläne gemacht, dass wir uns treffen, wenn ich zurück in Deutschland bin. Ich finde es toll, dass man nicht nur Kontakt nach Australien halten kann nach seinem Auslandsjahr, sondern auch mit internationalen Freunden. Zum Beispiel habe ich Freunde aus Italien und Brasilien kennengelernt.
Mit dem Fechten ist soweit alles gut. Ich verstehe mich sehr gut mit meinem Trainer. Nur leider hat sich meine Gastschwester verletzt, so dass ich nicht mehr so oft trainieren kann wie zu Beginn. Aber dafür habe ich jetzt mehr Zeit für Freunde und auch für die Schule, die anspruchsvoller ist, als ich erwartet hatte. Wir müssen in sehr vielen Fächern Aufsätze schreiben, was schwer ist, wenn man nicht gewohnt ist, so viel auf Englisch zu schreiben. Aber es ist gut, dass meine Schule so klein ist und man sich immer mit den Lehrern absprechen kann, falls man etwas mal nicht versteht oder schafft.
Die Tage in Caloundra an der Sunshine Coast bei meiner Freundin waren sehr schön, es ist was ganz anderes, so nah am Strand zu wohnen – finde ich. Allerdings würde mir Brisbane auch etwas fehlen. Was für mich sehr anders ist als in Deutschland, sind die Entfernungen. In Deutschland brauche ich fünf Minuten, bis ich in der Innenstadt bin. Hier brauche ich ungefähr eine Stunde, was komplett normal ist. Ich denke, um von einem zum anderen Ende in Brisbane mit dem Auto zu fahren, bräuchte man bestimmt eine Stunde.
Alle Strecken sind viel länger als in Deutschland. Deshalb kann ich Ausflüge in die Stadt oder an die Strände auch leider nur am Wochenende machen. Es kommt auch noch hinzu, dass die Schule einem vorschreibt, wann man zu Hause sein muss, so dass man nach der Schule nicht viel Zeit hat, noch irgendwo hinzugehen. Also man kann schon was unternehmen, aber halt nur in der Umgebung. Die Zeit nach der Schule reicht nicht , um noch in die Stadt zu fahren. Um mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können, braucht man eine GoCard, die man immer wieder neu aufladen muss; als Schüler bekommt man dann ein bisschen ermäßigte Preise.
Meine Woche in Sydney war auch schön. Nur leider hatte ich mich vorher erkältet, so dass ich mich echt schlapp gefühlt habe und nicht so viel Sightseeing machen konnte. Ich habe aber trotzdem relativ viel von der Stadt gesehen. Ich liebe es einfach, mit meiner Kamera durch die Straßen zu schlendern und Fotos von allem möglichem zu machen. Sydney ist nochmal ganz anders als Brisbane. Sydney hat ein paar ältere Stadtteile, die sehr schön sind. Das hat Brisbane leider so gar nicht. An einem Tag bin ich aus Versehen auf die falsche Fähre gegangen und bin dann nach Watsons Bay gefahren. Ich dachte schon, der Tag würde komplett doof ausgehen, aber dann habe ich diesen mega schönen Weg an der Küste entlang zu einem einsamen Leuchtturm gefunden. Das hat meinen Tag echt gerettet. Der Rückflug war wegen meiner Erkältung auch nicht so schön, weil ich die ganze Zeit mega Ohrenschmerzen hatte. Jetzt fängt bald schon wieder die Schule an und ich bin gespannt, wie meine nächsten paar Monate so werden.
Sein zweites Zuhause verlassen
Ich denke, dass meine letzten zwei Monate unerwartet schwierig für mich waren. Einfach dadurch, dass ich das Gefühl hatte, viel in Deutschland zu verpassen, aber gleichzeitig mir nicht vorstellen konnte, Australien so bald wieder zu verlassen. Ich habe mich schon sehr darauf gefreut, bald alle meine Freunde und meine Familie wiederzusehen, wenn ich zurück gekommen bin. Natürlich ist man traurig, seine Gastfamilie und seine Freunde im Gastland verlassen zu müssen. Am letzten Tag habe ich mich noch mit zwei Freundinnen in meinem Lieblings Cafe getroffen: MYLK+CO.
Und dann, als ich alles fertig gepackt hatte, hat sich noch ein letztes Mal meine ganze Familie beim Leagues Club zum Essen getroffen. Ich habe von meiner Gastmutter noch ein paar Kleinigkeiten geschenkt bekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Es war echt sehr schwer und emotional, sich von allen zu verabschieden, aber auch weil ich sehr aufgeregt war vor meinem Flug. Es ist verrückt sich vorzustellen, dass man die Menschen, die man in den letzten Monaten fast jeden Tag gesehen hat, jetzt für so lange Zeit gar nicht mehr sieht. Meine Gastfamilie und ich haben in den letzten Tagen sogar noch den Weihnachtsbaum aufgebaut. Leider bin ich an Weihnachten ja garnicht mehr da (aber ich habe sehr schöne Fotos geschickt bekommen). Das wäre eine Erfahrung gewesen, die ich noch mega gerne gemacht hätte. Wegen einem Fechtturnier in Deutschland bin ich schon etwas früher nach Hause gefahren, als ich eigentlich gemusst hätte.
Der Rückflug war ziemlich aufregend, da ich erstens alleine geflogen bin, womit ich kein Problem hatte. Ich fand es sogar ziemlich angenehm, nicht auf eine Gruppe angewiesen zu sein, sondern sich frei bewegen zu können.
Dann war ich noch sehr aufgeregt, meine Eltern nach so langer Zeit bald wieder zu sehen. Auf dem Flug von Brisbane nach Dubai sind dann auch noch die Sauerstoffmasken aus der Decke gefallen. Alle waren einen Moment wie geschockt. Als dann Leute angefangen haben, sich die Sauerstoffmasken aufzusetzen, hat der Pilot zum Glück Entwarnung gegeben, dass es nur ein technischer Fehler sei.
Woran ich gar nicht gedacht habe, bevor ich meinen Auslandaufenthalt angetreten habe, war, dass die Zeit zu Hause auch nicht stehen bleibt und sich wirklich viel verändern kann in der Zeit, die man im Ausland ist. Ich denke, es ist wichtig, das nicht zu vergessen, sich aber auch nicht davon runterziehen zu lassen, dass deine Freunde und deine Familie gerade etwas unternehmen und man nicht dabei sein kann. Ich habe das aber gerne in Kauf genommen für die unvergessliche Zeit, die ich in Australien erleben durfte.
Dinge, die ich anders machen würde, wenn ich den Auslandaufenthalt noch einmal machen würde und ich keine Fechterin wäre: Auf jeden Fall länger als fünf Monate bleiben und wahrscheinlich eine Schule an der Sunshine Coast oder Gold Coast wählen – also für einen typischeren Auslandsaufenthalt in Australien am Strand.
Bei mir war es so, dass ich mich nach drei Monaten gerade so eingelebt hatte und aus diesem Feriengefühl rausgekommen bin. In den Monaten danach habe ich dann angefangen, richtige Kontakte zu knüpfen und auch außerhalb der Schule etwas mit den Leuten zu unternehmen.
Mein Auslandsaufenthalt war echt eine der besten Erfahrungen, die ich je machen werde. Es ist einfach toll, ein zweites Zuhause auf der anderen Seite der Welt zu haben, wo man weiß, dass man immer willkommen ist. Ich hoffe, dass ich Jakinta bald auf internationalen Turnieren wiedersehen werde, und ich hoffe, dass Charlotte gut an ihrer neuen Schule ankommt. Außerdem hoffe ich, dass ich zu allen Kontakt halten werde, vor allem zu meiner Gastmutter, Kate, die mir echt immer zur Seite stand und mit der ich mich immer gut unterhalten konnte. Vor allem bin ich meiner Gastfamilie sehr dankbar, dass ich so viel mit ihnen reden konnte und sich mein Englisch dadurch hoffentlich deutlich verbessert hat. Ich werde die beste Gastfamilie sehr doll vermissen und hoffe, dass ich sie so bald wie möglich wieder sehen werde.