- WELTBÜRGER-Stifter: Carl Duisberg Centren
- Programm: Schüleraustausch
- Land: USA
- Dauer: 10 Monate
- Name: Felix
Der Anfang
Bis ungefähr zwei Tage vor meiner Abreise hatte ich immer noch nicht realisiert, dass ich für ganze zehn Monate in den USA auf eine High-School gehen würde und dass ich in einer komplett fremden Gastfamilie leben würde. Doch ich war bereit für ein Abenteuer, das mein Leben prägen würde.
Das Abenteuer begann am Flughafen Düsseldorf, mit einem 2 Stunden verspäteten Flug. Da ich verspätet war, verpasste ich meinen Anschlussflug und musste eine neue Route nehmen, aber ich war gut betreut und somit noch am selben Tag bei meiner Gastfamilie. Doch leider hatte mein Gepäck andere Pläne und kam erst ein paar Tage später an.
Meine Gastfamilie
Meine Gastfamilie besteht aus meinem Gastvater Michael, meiner Gastmutter Emily und meinem Gastbruder Chris. Chris ist 15 und wird demnächst 16. Es ist eine super nette Familie, die genauso aufgeregt war wie ich. Meine Gastfamilie ist eine Militärfamilie, in meinem Fall heißt das, dass mein Gastvater ein Veteran der US Airforce und der Army ist. Er ist ein verwundeter Soldat aus dem Irak, der wegen den Folgen seiner Verwundung nicht mehr zurück in den Dienst kann. Meine Gastmutter ist ein Girls scout. Ich lebe nun in einem Vorort von Cincinnati in einer super netten und ziemlich jungen Nachbarschaft. Von hier brauchen wir 10 min zur Schule und 20 min nach Downtown Cincinnati.
In der ersten Woche haben wir erst mal Cincinnati erkundet und ich lernte viele neue Leute kennen, die alle immer sehr nett und hilfsbereit waren und natürlich auch immer noch sind. Eines der interessantesten Dinge war das Erkunden der neuen Schule, die komplett neu gebaut wurde und nun einem Campus einer Universität gleicht. Somit war ich nicht der Einzige, der die Schule erst kennenlernen musste.
Meine neue Schule
Die Schule ist ziemlich riesig mit 2500 Schülern und ist komplett auf dem neuesten Stand, mit Laptops in jedem Raum, Smartboards und natürlich Wlan. Nachdem wir meinen Stundenplan zusammengestellt haben, konnte es auch schon losgehen.
Mein Stundenplan:
French II, American History, Physical Science, Algebra II(Mathe),
Studyhall (Zeit in der man Hausaufgaben und andere Arbeiten machen
kann), English II, Sports of America
Die Schule ist generell ziemlich einfach, insbesondere weil wir hier in Klassen wie Science, Algebra also Mathe oder French II Themen behandeln, die wir schon in Deutschland behandelt haben. Aber Lehrer bleiben relativ lange bei denselben Themen, damit jeder es versteht.
Die Schule geht von 8 Uhr bis 15 Uhr und man hat jeden Tag denselben Ablauf, was zu Anfang ein bisschen verwirrend war. Lehrer und Schüler sind hier mehr Freunde als einfach nur Lehrer. Interessant zu sehen war die große Auswahl an Schulfächern, von denen ich nie zuvor gehört habe. Ein Beispiel ist “Sports of America”, ein Fach, das ich gewählt habe, in dem wir über Sportarten wie Football, Basketball oder Baseball reden.
Das erste große Ereignis war die Homecoming Spirit Woche, die mit einem überragenden Football Spiel endete, 37:07 gewonnen. Das Highlight der Homecoming Woche ist der Homecoming Dance. Ein Schulball, zu dem sich alle ganz fein anziehen und tanzen. Viele Schüler machen ein Drama daraus ein Date für den Tanz zu finden, aber das ist wirklich nicht nötig und außerdem ziemlich schwierig, wenn man gerade mal für ein paar Wochen zur Schule geht. Ich bin einfach mit ein paar Freunden gegangen und hatte sogar zwei Tanzpartnerinnen, also man sollte sich wirklich nicht zu viele Gedanken darübermachen.
Land und Leute
Das Land ist im Vergleich zu Deutschland ein ziemlich junges Land und so auch die Kultur. Im Grunde ist die amerikanische Kultur ein Mix aus fast allen Kulturen der Welt. In meiner Umgebung gibt es viele Familien deren Herkunft Deutschland oder Irland ist. Die Herkunft macht sich bemerkbar, wir hatten zum Beispiel ein kleines Oktoberfest.
In meinen ersten drei Monaten war ich nun schon in 10 Staaten: Ohio, Kentucky, Tennessee, Georgia, Michigan, West Virginia, Virginia, Pennsylvania, Maryland und Washington DC. Für meine erste kleine Reise mit meiner Gastfamilie ging es mit dem Wohnwagen nach Washington DC, wo wir auf einem Campingplatz in einer Militärstadt geschlafen haben. Der eigentliche Grund für unsere Reise war, dass mein Gastvater ein Buch mit Freunden aus der Army geschrieben hat und das nun im Pentagon vorstellt. Deshalb hatten wir die einmalige Chance, in das Pentagon zu gehen. Man kann dort normalerweise nicht rein, da dort die Chefs des Militärs arbeiten. Für uns hieß das, dass wir immer einen Soldat hatten, der uns eskortiert und aufgepasst hat, dass wir keine Fotos machen oder in irgendwelchen Akten herumschnüffeln.
Nach unserem Besuch im Pentagon haben wir über mehrere Tage Washington DC erkundet. Zum Einen sind wir durch die Tunnel gegangen, die für Senatoren und Congress Men’s gebaut wurden und die verschiedenen Gebäude verbinden. Wir hatten eine Tour durchs Capitol und haben eine Senatorin getroffen die mit meiner Gastmutter zusammenarbeitet. Aus ihrem Büro konnten wir die Präsidentenhubschrauber auf Augenhöhe vorbeifliegen sehen.
Eine weitere interessante Erfahrung war, den Militärfriedhof “Arlington” zu sehen. Dort werden alle gefallenen Soldaten begraben, außer die Familie entscheidet, ihn an einem anderen Ort zu begraben. Neben den unzähligen Gedenksteinen, die alle in genau gemessenen Abständen stehen, gibt es auch das Grab der “Unknow Soldiers”. Wie der Name sagt sind dort Soldaten begraben, die nicht identifiziert werden konnten. Diese Grabstätte wird formal von einem Soldaten bewacht. Dieser Soldat marschiert für eine Stunde auf und ab. Zu jeder vollen Stunde wird der Guard des “Unknown Soldiers” in einer sehr formalen Zeremonie ausgetauscht, welche ein großes Event für viele Besucher ist. Eine Guard erhält sehr viel Ansehen und einen hoher Rang.
Unsere Fahrt nach Hause war ziemlich lang mit geplanten 11 Stunden, die sich dann auf 15 Stunden verlängert hat, da uns ein Reifen am Wohnwagen geplatzt ist. Nachdem wir zu Walmart gefahren sind um ein neuen Reifen zu kaufen, konnten wir uns langsam wieder auf den Weg machen. Den Wohnwagen haben wir einfach am Rand vom Highway stehen gelassen.
Mein Alltag
Mein Tagesablauf sah bis jetzt unter der Woche immer relativ gleich aus.
6:00 aufstehen
7:45 Schule beginnt
15:00 Schule endet
Nach der Schule habe ich jeden Tag bis auf Donnerstag Rudertraining. Da der Fluss, auf dem wir trainieren (Ohio River), nicht direkt bei der Schule liegt, geht es nach der Schule direkt mit dem Auto 15 Min. zum Training. Nach dem Training ist normalerweise nicht mehr viel los. Manchmal sind wir mit der Familie Essen gegangen oder noch kurz Einkaufen.
Der Ruderverein, für den ich rudere, gehört nicht zur Schule, weshalb ich viele Freunde kennengelernt habe, die über die Stadt verstreut wohnen. Mit dem Ruderverein bin ich inzwischen zu zwei Regatten und einem Rennen gegen einen anderen Verein angetreten. An jeder dieser Regatten haben um die 9000 Ruderer und 1200 Boote teilgenommen. Mit dem Ruderverein war ich nun schon in Columbus (Hauptstadt von Ohio), Kentucky und Tennessee und habe an der größten Regatta des Landes teilgenommen. Nun sind mein Partner und ich im Zweier auf Platz 60 der High-School Jugend in den USA.
Da die Stadt Cincinnati zu den größten Städten in Ohio gehört, hat sie mehrere Sport Teams, die in großen Ligen spielen. Das wahrscheinlich bekannteste Team sind die Cincinnati Bengals, ein Football Team, das in der NFL (National Football League) spielt. Ein weiteres Sport Team, das in obersten Liga des Sportes spielt, sind die Cincinnati Reds, ein Baseball Team, das in der Major League Baseball spielt. Dazu hat Cincinnati den FC Cincinnati, ein ziemlich neuer Fußballverein, der auf einem guten Weg ist. Inzwischen war ich schon bei einem Bengals Spiel gegen die Houston Texans, bei dem es ziemlich heiß herging. Und in der Thanksgiving Woche wird noch ein Bengals Spiel dazu kommen.
Freunde zu finden ist wirklich nicht schwierig, auch wenn das oft etwas ist, über das man viel nachdenkt. Natürlich muss man einmal anfangen, und das ist oft eine Überwindung. Amerikaner sind sehr nett und aufgeschlossen. Wenn die mitbekommen, dass man ein Austauschschüler ist, will gleich jeder deine Geschichte hören. Mein Tipp ist, zu versuchen möglichst viele Leute kennen zu lernen und möglicherweise auch was unternehmen. Danach wirst du schon wissen, mit wem du mehr unternehmen willst und mit wem nicht. Ein anderer guter Weg Freunde zu finden, ist nach der Schule bei einer Aktivität wie zum Beispiel Basketball, Football oder vielleicht Band oder andere Clubs teilzunehmen. Dort trifft man oft Schüler mit selben Interessen. Wie ich schon erzählt habe, bin ich in den Ruderverein gegangen. Da ich zuhause auch gerudert bin und dort viele Freunde kennengelernt habe, war das für mich ein sehr guter Weg, Schüler mit denselben Interessen kennenzulernen. Hinzu kam, dass ich es durch meine vorherige Rudererfahrung ziemlich schnell in ein gutes Boot geschafft habe.
Natürlich sollte man sich die Frage stellen ob man etwas Neues ausprobieren möchte oder lieber etwas macht, was man bereits kennt. Aber ich empfehle jedem der vor hat ins Ausland zu gehen, irgendeiner Aktivität nach zu gehen und nicht nur auf dem Sofa zu sitzen und nichts tun.
Inzwischen macht sich die englische Sprache schon deutlich bemerkbar. Wenn ich mit Freunden oder meiner Familie auf Deutsch reden, muss ich richtig aufpassen, dass ich keine englischen Wörter in meine Sätze einbaue. Nach ca. 2 Monaten begann es, dass ich auf Englisch denke und träume. In der Schule verstehe ich so gut wie alles, manchmal kommen Wörter auf, die ich mir aus dem Zusammenhang erschließen muss, aber ich habe keine Probleme im Unterricht mitzukommen.
Die Zeit hier vergeht wie im Flug und ich bin sehr glücklich, dass ich mich entschieden habe hier so lange wie möglich zu bleiben. Ich hoffe, dieser Bericht konnte einen kleinen Einblick, geben wie es ist ein Austauschschüler zu sein, aber ich kann jedem empfehlen diese Erfahrungen selber zu machen und sich auf so ein Abenteuer einzulassen.
Fernweh? JuBi!
5 Monate später..
Nun bin ich schon für 5 Monate in den USA. Wie schnell die Zeit vergeht. In den letzten Monaten ist viel passiert, und ich habe viele neue Erfahrungen gemacht.
Eines der großen Events war Weihnachten und eine große Reise nach Disney World danach. Die Weihnachtszeit beginnt hier unmittelbar nach Thanksgiving mit ganz viel Werbung für alle möglichen Dinge, die man zu Weihnachten schenken oder unternehmen kann. Ab dann fangen die Leute an, ihre Häuser mit den ausgefallensten Sachen zu schmücken. Ein Beispiel ist eine Lichtshow auf einem Haus, die durch Projektoren verschiedene Sachen wie Schneefall oder einen Schlitten projizieren. Andere umhüllen das ganze Haus in Lichterketten oder stellen aufblasbare Figuren in den Vorgarten. Für mich schien es, als wäre das alles ein riesen Wettbewerb zwischen den Hausbesitzern. Wir hatten kleine rote und grüne LED Strahlen, die unser Haus schmückten.
Sobald die Weihnachtszeit anfing, merkte man wie der Verkehr zunahm, da jeder irgendetwas einkaufen musste. In dieser Zeit war sogar der Parkplatz von unserer sonst eher weniger besuchten Mall gut gefüllt. Was mich erstaunte, war, dass alle zum Weihnachtsshoppen gegangen sind, aber sich am Ende die Geschenke doch selber gekauft haben.
Als der Dezember vor der Tür stand, haben wir unseren Tannenbaum aufgestellt. Dieser war zwar aus Plastik, aber meine Gastmutter wusste genau, wie man diese Tatsache versteckt. Dann wurden noch weitere Dekorationen aufgestellt oder an die Wand gehangen und Weihnachten konnte kommen.
Da wir am 25sten nach Florida aufbrechen wollten, haben wir Weihnachten ein bisschen vorgezogen. Am 23sten kam die ganze Familie zu uns und wir haben Weihnachten wie Amerikaner mit ganz viel Essen gefeiert. Was mir aufgefallen ist, dass alle Geschenke bereits unter dem Baum lagen, sobald sie eingekauft und eingepackt waren. An Weihnachten spielte eine Person den Weihnachtsmann und teilte alle Geschenke aus. Ein weiteres Highlight war, dass wir am 24sten alle zusammen zu einem NFL Spiel gegangen sind, die Cincinnati Bengals gegen die Detroit Lions. Wir (die Bengals) haben sogar in einem knappen Spiel gewonnen. Alles in allem war es eine neue Art Weihnachten zu feiern, die mir aber durchaus sehr gut gefallen hat.
Am 25sten ging es dann auch schon mit dem Auto Richtung Orlando, Florida, nach Disney World. Die gesamte Fahrt dauerte insgesamt ca. 18/19 Stunden, aber wir haben eine Pause in der Mitte gemacht. Mit den Meilen, die wir näher nach Florida kamen, merkte man, wie es immer wärmer wurde. In Cincinnati, wo meine Gastfamilie und ich leben, kam gerade eine Kältewelle an und es waren -15 Grad Celsius. In Florida waren es gemütliche 20 Grad. Wir hatten in Disney World das volle Programm mit vier Tagen und besuchten jeden Tag einen anderen Park.
Das war natürlich ganz schön teuer, aber ich kann sagen, dass es sich gelohnt hat. Der Walt-Disney-Park hat vier verschiedene Vergnügungsparks: Magical Kingdom, Animal Kingdom, Epcot und Hollywood Studios. Alle Parks haben verschiedene Themen und ganz viele Achterbahnen. Jeden Abend sind wir essen gegangen und mussten nicht auf den Preis achten, da wir einen Dining Plan von Disney hatten. So konnten wir ein Mal mit den Charakteren aus Cinderella zu Abend essen und ein anderes Mal hatte ich ein sehr feines Stück Ente und mein Gastbruder hatte Schwertfisch.
Silvester:
Nach unserem Aufenthalt in Florida machten wir uns auch schon wieder auf den Heimweg. Da unsere Schule am 2ten Januar angefangen hat, konnten wir Silvester nicht dort verbringen. Das wäre sicher ein riesen Erlebnis gewesen. Deshalb sind wir am 31sten die ganze Strecke zurück ins kalte Ohio gefahren, wo uns sogar ein bisschen Schnee erwartet hat. Meine Gastfamilie hat mir erklärt, dass Silvester für sie ein ganz normaler Tag sei und sie Neujahr nicht feiern würden.
Mein Englisch:
In den 5 Monaten, in denen ich nun schon hier in Ohio bin, finde ich, hat sich mein Englisch sehr verbessert. Inzwischen muss ich gar nicht mehr darüber nachdenken, bevor ich etwas sage. Es funktioniert ganz von alleine. Ich finde, dass ich die Sprache mit der Zeit, die ich hier verbringe, immer fließender sprechen kann. In manchen Situationen, in denen wir bspw. über etwas diskutieren, muss ich ein Wort nachschauen oder es mir erklären lassen, aber das macht keine Umstände. Wenn ich mit neuen Leuten spreche, fällt ihnen oft mein Akzent auf und sie fragen, wo ich herkomme. Viele sind total begeistert, wenn sie hören, dass ich aus Deutschland bin und loben mein Englisch.
Lebensstil:
Der Lebensstil, den die meisten Leute hier in den Vororten von Cincinnati verfolgen, ist sehr unterschiedlich zu dem was ich gewöhnt bin. Was mir auffällt ist, dass das Internet und der Fernseher sehr wichtige Elemente des Alltags darstellen. Oft wird direkt der Fernseher angeschaltet, wenn man nach Hause kommt und gilt dann als Beschäftigung des restlichen Tages.
Die Art zu Essen mag zuerst verlockend klingen, aber meine Gastfamilie isst inzwischen 3-4-mal in der Woche Fast Food von verschiedenen Restaurants. Nach einer Weile vergeht einem dann auch die Lust darauf und man vermisst das leckere gesunde Essen von Zuhause. Aber wenn meine Gastmutter richtig kocht und nicht nur etwas aufwärmt, dann schmeckt es sehr gut. Daher ist meine Meinung über die Essenskultur gespalten und so ein gutes saftiges Steak bringt mich dann doch oft wieder dazu, das Essen sehr gut zu finden.
Sehr selten sieht man hier mal jemanden spazieren gehen oder eine Runde mit dem Fahrrad fahren. Hier in den Vororten gibt es leider keine Art von öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich muss jemanden fragen, ob er mich mit dem Auto fahren kann. Zuerst habe ich mir gedacht, ich könnte vielleicht mit dem Fahrrad ein bisschen eigenständiger sein, aber alles hat viel zu große Entfernungen, um dort hin zu radeln. Dazu kommt noch, dass man auf einer Straße fahren müsste, da es meistens keine Bürgersteige gibt. Als ich meinen Gastbruder gefragt habe, warum er kein Fahrrad hat, meinte er, dass er zu alt dafür sei (er ist 16), denn ein Fahrrad ist nur ein Spielzeug für Kleinkinder. In Deutschland habe ich mein Fahrrad benutzt, um alles Mögliche zu erreichen, deshalb war ich von dieser Antwort sehr erstaunt.
Schule:
Kurz nachdem ich meinen letzten Bericht geschrieben habe, hatten wir unsere Semester Examen in allen Fächern. Das jeweilige Examen behandelt all den Unterrichtsstoff, den wir in dem Halbjahr gelernt haben. Somit muss man alle Unterlagen wieder herausholen, um sich vorzubereiten. Ich finde, dieses System hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist, dass man nur eine Klassenarbeit pro Halbjahr hat. Dies bedeutet, dass man nicht jedes Wochenende mit Lernen verbringen muss, aber dieser eine große Test zählt 20% der Gesamtnote. Zum Glück waren mir viele Themen aus Deutschland schon bekannt. Dies hat es mir deutlich erleichtert. Die Examenswoche war eine verkürzte Woche vor den Weihnachtsferien. Wir hatten mehrere Tests an einem Tag, was es relativ schwierig machte, sich vorzubereiten. Dennoch habe ich sehr gut abgeschnitten. So wie ich es verstanden habe, werden wir am Ende des Schuljahres einen Abschlusstest in jedem Fach schreiben, der alle Themen des gesamten Schuljahres behandelt. Ich bin schon sehr gespannt, wie dies wird.
Leben in einer Militärfamilie:
Wie ich in meinem ersten Beitrag schon erwähnte, ist meine Gastfamilie eine Militärfamilie. In meinem Fall ist mein Gastvater ein Veteran der Army und der AirForce. Er ist gerade erst 38 geworden, aber trotzdem schon in Rente, da er angeschossen wurde und bleibende Verletzungen hat. Zum Glück hat er das ganze überlebt, auch wenn ihn dieses Ereignis und andere Ereignisse im Kampf schwer beeinflussen. Zu Anfang war mir das alles noch gar nicht so klar, aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Sein Tag beginnt immer um 02:30 am Morgen und endet gegen 20 Uhr. Wie er mir erzählt, nimmt er ca. 40 Tabletten pro Tag, die ihm gegen alle möglichen Krankheiten helfen.
Als ich von meiner Gastfamilie erfahren habe, wurde mir erklärt, dass er Schaden an seinem Nervensystem und dem Kurzzeitgedächtnis erlitten habe, aber ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, wie ihn dies wohl beeinflussen mag. Inzwischen konnte ich mir mein eigenes Bild machen. Durch den Nervenschaden ist es ihm immer sehr warm, und er hat kleine Zuckungen. Da ihm immer warm ist, gefällt ihm der Winter, den wir gerade haben, sehr gut. Was sehr verblüffend ist, dass er sogar bei Minusgraden noch im T-Shirt unterwegs ist und auch gerne mal mit offenem Fenster fährt (natürlich nur, wenn er alleine ist oder wir okay sagen).
Da mein Gastvater dem Land gedient hat, wird ihm sehr viel Respekt und Ehre entgegengebracht. Auf der Straße kommen immer wieder Leute auf ihn zu, die sich bei ihm bedanken.
Fazit:
Ich bin sehr glücklich, dass ich diese Erfahrung machen kann und kann es nur jedem, der die Möglichkeit hat, weiterempfehlen. Natürlich ist es eine lange Zeit mit Höhen und Tiefen, doch es lohnt sich.
Die letzten paar Monate
Meiner Meinung nach waren die letzten Monate die besten, da ich mich komplett eingelebt hatte und viele großartige Ereignisse geschehen sind. Doch leider vergingen sie viel zu schnell.
Rowing (Rudern)
Nach der gefühlt ewigen Winterpause konnten wir im Frühling wieder auf dem Wasser trainieren. Da wir die „Nationals“ (eine sehr große Regatta, die man mit dem Bundesfinale der USA vergleichen könnte) bevorstehen hatten, sind wir mit dem Training gleich durchgestartet. Wir hatten jeden Wochentag von 15:30 bis 17:30 Training.
Anfang Mai war es dann auch soweit. Es kamen Vereine aus dem ganzen Osten der USA zu einem See, der gleich um die Ecke war. Mein Partner Miguel und ich haben uns sehr angestrengt und schlussendlich den zweiten Platz in unserer Bootklasse belegt.
Da wir unter die Top Drei unserer Klasse gekommen sind, haben wir uns für ein großes Finale in Kalifornien qualifiziert. Doch leider bin ich ein paar Tage zu früh abgereist, um daran teilzunehmen.
Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, war es eine sehr gute Entscheidung, dem Ruderclub oder generell einem Sportclub beizutreten. So habe ich einige meiner Freunde kennengelernt, und wir haben zusammen sportlich einiges erreicht. Mein Fazit ist, jedem, der darüber nachdenkt oder plant, einen High-School Aufenthalt zu machen, kann ich nur empfehlen, dort einem Club beizutreten. Denn oft trifft man dort andere Schüler mit denselben Interessen.
Prom
Anfang April war der große Abschlussball meiner Schule, der schon Monate davor für Aufregung unter den Schülern gesorgt hatte. Prom ist für die zwei oberen Klassen, also 11 und 12, bestimmt, aber Schüler aus anderen Stufen können auch gehen, solange ihre Begleitung aus den oberen Stufen ist.
Ich war ein Zehntklässler, aber bin mit meinem Date problemlos reingekommen, da sie in der elften Klasse war.
Schon drei bis zwei Monate vorher begann das große Shoppen für Anzüge und Kleider, die dann ja auch noch farblich abgestimmt werden mussten. Der Aufwand, der für dieses Schulevent betrieben wurde, könnte fast mit dem für eine Hochzeit verglichen werden.
Am Tag des Balls haben meine Partnerin und ich uns nachmittags getroffen, um zuerst Fotos an der Promenade von Cincinnati zu machen. Danach sind wir beide zu einem Italiener essen gegangen.
Nach dem Essen sind wir aufgebrochen Richtung Paul Brown Stadium. Paul Brown Stadium ist das Stadion von den Cincinnati Bengals, welche in der National Football League spielen. Unsere Schule hat Prom in diesem Stadium gefeiert, was eine große Attraktion war.
Der Tanz hat sehr viel Spaß gemacht und ging bis Mitternacht. Danach sind die meisten Schüler erstmal irgendwo hingefahren, um sich umzuziehen und dann weiter zu entweder einer Party, die von der Schule veranstaltet und kontrolliert wurde, oder einer anderen Party zu fahren. Meine Gastfamilie hat mit mir den Kompromiss gemacht, dass ich zur Afterparty von der Schule durfte, da dort feste Zeiten für Ankunft und Verlassen vorgeschrieben waren.
Die Schule hat sich sehr viel Mühe gegeben, eine spaßige Afterparty für uns zu gestallten. Das Schulgebäude war gefüllt mit Hüpfburgen, Rutschen, Labyrinth, … also wie ein riesen Kindergeburtstag.
Alle hatten eine Menge Spaß und sind danach todmüde ins Bett gefallen.
Abschied
Meine Gastmutter hat eine große Party organisiert, zu der viele Freunde und Familie gekommen sind, die ich über mein Schuljahr kennengelernt habe. Es gab sogar einen großen Kuchen, der mit einer USA- und einer Deutschland-Flagge verziert war. Meine Freunde und ich hatten dann ein Cornhole Turnier. Als die meisten schon gefahren sind, sind meine Freunde, mein Gastbruder und ich nochmal losgezogen, um ein letztes Mal Skyline Chili zu essen (eine Cincinnati Spezialität). Leider hieß es dann auch Abschied nehmen, aber ich werde sie hoffentlich in ein paar Jahren wiedersehen.
Mit meiner Gastfamilie hatte ich noch ein bisschen Zeit, aber im Rückblick ist das Schuljahr viel zu schnell vergangen.
Roadtrip mit meiner Mutter
Am letzten Schultag ist meine Mutter mit dem Flieger aus Deutschland angekommen, um sich zeigen zu lassen, wo ich mein Jahr verbracht habe und um mit mir einen Roadtrip zu unternehmen.
Nachdem wir meiner Mutter ein paar Tage die Gegend, z. B. meine Schule oder Downtown Cincinnati gezeigt haben, sind wir mit einem Mietwagen Richtung Süden aufgebrochen. Die Fahrt ging durch Kentucky, wo wir das größte Höhlensystem der Welt besichtigt haben, die Mammoth Cave. In dieser Höhle haben selbst schon Indianer gelebt. Forscher finden immer noch zahlreiche neue Höhlen.
Nach dem kurzen Stopp in Kentucky ging es weiter nach Nashville, Tennessee, die Countrymusik-Hauptstadt. Dort sind wir für zwei Nächte in einem Hotel geblieben. Nashville hat mit dem Broadway (eine Countrymusik-Partymeile), der Music Hall of Fame und weiteren interessanten Plätzen einiges zu bieten.
Am ersten Abend sind wir zuerst in den Listening Room (ein Restaurant, wo neue Artisten ihre Musik vorstellen) essen gegangen und danach in den „Wild Horse Salon“, um ein bisschen zu feiern. Der Wild Horse Salon ist eine Country Bar mit Tanzfläche und einer Bühne für Bands. Dort wurde der Line Dance getanzt, den sogar ich nach ein bisschen Übung mittanzen konnte.
Als ein Cowgirl mitbekommen hatte, dass ich gerade versuchte, zum ersten Mal diesen Tanz zu tanzen und dazu noch Europäer war, hat sie mich gleich zu einer Brautparty geschleppt, um mir den Partner-Tanz beizubringen. Das kam zwar sehr überraschend, war jedoch auch sehr lustig.
Den zweiten Tag in Nashville haben wir damit verbracht, die Stadt anzuschauen und ein bisschen Cowboy-Kleidung anzuprobieren. Ich habe Stiefel angezogen, die in der Gegend überall getragen wurden. Jedoch war es nicht ganz mein Stil. Ich würde niemals im Sommer mit langer Jeans und Stiefeln herumlaufen.
Nach Nashville sind wir weiter nach Chattanooga gefahren. Ehrlich gesagt ist Chattanooga keine besonders interessante Stadt, aber wir haben uns dort mit meinem Gastvater getroffen, der in Atlanta eine Reha machte und somit nicht zuhause war. Mit meinem Gastvater, der ein echter amerikanischer Redneck ist, sind wir Burger essen gegangen und haben über die tolle Zeit geredet. Der Abschied fiel mir relativ schwer, da er für mich eine wichtige Person war, von der ich viel gelernt habe. Aber ich werde ihn auf jeden Fall wiedersehen.
Von Chattanooga sind wir in die Smoky-Mountains gefahren und haben den National Park bei Gatlinburg besucht. Dieser Park hatte sehr tolle Wanderwege, auf denen wir einen 2000 Meter hohen Berg erklommen haben.
Der nächste Tag war nur noch die Heimreise zurück nach Cincinnati, wo ich ein letztes Mal meinen Gastbruder und meine Gastmutter sehen konnte.
New York
Auf dem Weg nach Deutschland hatten wir noch einen zweitägigen Stop-over in New York. Die Stadt hat noch mal eine ganz andere Atmosphäre als der Ort, wo ich ein Jahr gewohnt habe. New York macht dem Namen „Die Stadt, die niemals schläft“ alle Ehre. Noch am Abend sind wir zum Times Square gegangen. Dort ist es nachts so hell wie am Tag.
Während wir in New York waren, haben wir uns das 9/11 Denkmal angeschaut und sind mit der Fähre einmal über den Hudson River gefahren, von wo aus man einen super Blick auf die Skyline von New York und die Freiheitsstatue hatte. Das Denkmal ist ein riesiges unterirdisches Museum, das unter den ehemaligen Twin Towern liegt. Während man durch die alten Fundamente läuft, kann man sich die Geschichten vieler verschiedener Menschen anhören und Objekte anschauen, die mit 9/11 verbunden sind.
Zum Glück konnte man alle Orte schnell und einfach mit der Subway erreichen, denn mit dem Taxi oder zu Fuß dauert es Stunden, von Ort zu Ort.
Natürlich haben wir den Central Park besucht und haben viele schöne Ecken des Parks besichtigt. Der Park ist echt riesig und hat alles Mögliche zu bieten, zum Beispiel eine kleine Kirmes, Seen mit kleinen Booten, Luxusrestaurants und vieles mehr. Zu dem Zeitpunkt, als wir da waren, wurde sogar ein Softball Turnier mit Teams aus den ganzen USA und sogar mit ein paar Kanadiern veranstaltet.
Heimreise
Nach zwei sehr schönen Tagen in New York ging es dann mit dem Flieger von JFK über Amsterdam nach Frankfurt. Von Frankfurt mussten wir dann mit dem ganzen Gepäck noch einmal in den ICE nach Bonn steigen. Zum Glück fährt der ICE schnell, und die Fahrt hat nur 40 min gedauert.
Am Bahnhof wurden wir von meiner Familie und meinem besten Freund empfangen. Wir haben es extra so geplant, dass ich an dem Geburtstag von meinem kleinen Bruder ankomme, was sehr schön war.
Wieder eingewöhnen in Deutschland
Da ich schon eine Woche mit meiner Mutter Deutsch geredet hatte, war mein Deutsch relativ flüssig. Doch es ist mir des Öfteren passiert, dass ich nur das englische und nicht das deutsche Wort wusste. Sogar nach ca. einem Monat in Deutschland benutze ich noch englische Wörter, da sie sich besser anhören und mir schneller einfallen.
Die letzten Wochen bis zu den Sommerferien habe ich ganz entspannt verbracht mit vielen Unternehmen mit meiner Familie und Freunden.
Die Erfahrung ist es wert!!!
Nach einem Schuljahr in den USA kann ich nur jedem empfehlen, ins Ausland zu gehen. Man lernt so viel dazu, schließt neue Freundschaften und natürlich habe ich meine Englischkenntnisse sehr verbessert.
Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich es direkt noch einmal machen.
Dank an alle, die es ermöglicht haben
Ein riesiges Dankeschön geht an meine Eltern, denn ohne deren Unterstützung wäre das Ganze nicht möglich gewesen.
Vielen Dank auch an die Carl Duisberg Centren, Frau Weller und Frau Simons, dass sie eine tolle Familie für mich gefunden haben und mich auf meiner Reise begleitet haben.
Ein weiteres riesiges Dankeschön geht an meine Gastfamilie, die so mutig und nett war, ein fremdes Kind in ihre Familie aufzunehmen.