- WELTBÜRGER-Stifter: weltweiser
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Finnland
- Dauer: 10 Monate
- Name: Ihno
Die Finnen und ihre Saunen
Das vielleicht finnischste an den Finnen ist wohl die Sauna. Auch, wenn es in vielen anderen Ländern Saunen gibt, hat sie doch nirgendwo sonst einen so hohen Stellenwert und eine so lange Tradition wie in Finnland. „Sauna“ ist übrigens auch das einzige finnische Wort, das den Weg in unseren deutschen Sprachgebrauch gefunden hat.
Die finnische Sauna-Gesellschaft definierte die finnische Sauna in der Ausgabe des „Helsingin Sanomat“ vom 18. Oktober 2003: „Die Sauna ist ein hauptsächlich mit Holz ausgekleideter, belüfteter, mit Wasserzufuhr und -abfluss versehener und ausreichend beleuchteter Raum, in dem sich Sitzbretter und ein beheizbarer Saunaofen befinden und dessen Luftfeuchtigkeit gering ist. Die Luftfeuchtigkeit wird mittels Wasser erhöht, das auf die heißen Steine des Saunaofens geworfen wird. Die typische Temperatur der Sauna ist mindestens 70 Grad. Ein Saunabad besteht aus gesundem und entspannendem Schwitzen, Abkühlen und Reinigen in der Sauna und in Nachbarschaft davon und sein Zweck ist es, ein Gefühl geistigen und körperlichen Wohlbefindens zu schaffen.“
Die ersten Saunen waren sogenannte „Savusaun[en]“, zu Deutsch „Rauchsaunen“.
Allerdings wird dort nicht, wie der Name vermuten lassen könnte, im Rauch gesessen. Der Name rührt daher, dass in solchen Saunen der Ofen keinen Schornstein hat, heißt, dass der Rauch beim Heizen mit Holz, erst durch die Steine des Ofens aufsteigt und dann entlang der Wände und Decke allmählich durch eine Luke aus der Sauna geht. Daher sind die Wände einer Rauchsauna stark rußig. Die Bänke werden beim Anheizen bedeckt, damit diese nicht ebenfalls schwarz werden. Man sollte es also besser vermeiden, die Wände zu streifen, sonst ist man schneller dreckiger, sprich rußiger, als zu Anfang des Saunaganges.
Fernweh? JuBi!
Die meisten Finnen empfinden die Rauchsauna als angenehmer im Vergleich zu den modernen Saunen. Die Temperatur in einer Rauchsauna ist selten höher als 80° Celsius. Aber es dauert auch deutlich länger diese anzuheizen. Ich selbst hatte Mal die Chance, in einer zu saunieren. Es hat ungefähr 4 Stunden gedauert bis wir schließlich in die Sauna konnten. Dafür bleiben Rauchsaunen auch deutlich länger warm. Es ist aber auch komplizierter diese zu heizen. Im schlimmsten Fall kann die Sauna sogar abbrennen und auch ansonsten ist es in einer nicht vernünftig vorbereiteten Rauchsauna nicht besonders angenehm.
Die Zahl der Rauchsaunen verringert sich leider immer weiter. Heutzutage werden immer mehr Saunen mit elektrischen Öfen verwendet. Diese sind vorteilhaft, da es nicht so lange dauert bis man in die Sauna kann und außerdem sind diese nicht so dreckig.
Früher war die Sauna elementar für Familien. Dort wusch man sich nicht nur, sondern es fanden sogar Geburten in der Sauna statt oder Handel wurden abgeschlossen.
Hier ein Bild einer alten Sauna
Zwar finden heute keine Geburten mehr in der Sauna statt, aber die gesellschaftliche Bedeutung der Sauna besteht immer noch. Es ist in Finnland nicht unüblich, dass Geschäftsleute sich in der Sauna treffen.
Beinahe in jedem finnischen Haus findet man eine Sauna, mal größere, mal kleinere, Hauptsache man hat eine. Viele Finnen zeigen diese auch mit gewissem Stolz ihren Gästen. Wird man sogar eingeladen dort zu saunieren, ist das ein echter „Freundschaftsbeweis“. Übliche Saunatage sind in Finnland Mittwoch und Samstag (so habe ich es erlebt). Während mittwochs zwar nicht unbedingt alle in die Sauna gehen, ist Samstag aber wirklich DER „Saunatag“. In Mehrfamilienhäusern, wo nicht jede Familie eine eigene Sauna hat, gibt es genaue Zeitpläne wann welche Familie in die Sauna des Hauses darf. Dies habe ich allerdings nie selbst erlebt, sondern nur gehört. Auch zu Festen wie Weihnachten und „Juhannus“ (Mittsommer) geht man normalerweise in die Sauna.
In der finnischen Sauna ist man immer nackt. Das heißt auch, dass Männer und Frauen streng getrennt in die Sauna gehen. Nur Familien gehen gemeinsam in die Sauna. In öffentlichen Saunen allerdings gehen Frauen und Männer ebenfalls gemeinsam in die Sauna, dann aber mit Badebekleidung.
Finnen, die von Kindesbeinen an an die Sauna gewöhnt werden, wundern sich über die zahlreichen Regelungen, die man oft in deutschen Saunenanlagen findet. Arja Saijonmaa verglich einmal Finnland und die Sauna mit dem Auge eines Orkans: Wer im Zentrum sitzt, weiß nicht, was Sturm ist. Es fehlt der Bezugspunkt. In Finnland gilt gemeinhin: „Es ist erlaubt, was gut tut“. Bevor man die Sauna betritt, duscht man sich normalerweise ab. In der Sauna wird dann mit einer Kelle Wasser aus einem Eimer auf den Ofen geworfen. Dabei ist es einzig vom Geschmack der Saunierenden abhängig, wann, wie oft und wie viel (mitunter auch was) auf den Ofen geworfen wird. Normalerweise ist man ungefähr 10 bis 15 Minuten in der Sauna bevor man sich wieder abkühlt, aber auch das ist nirgendwo vorgeschrieben, genauso wenig, wie oft das wiederholt wird. Wenn man dann aus der Sauna zurück zur Familie oder Freunden kommt sagt man oft: „Terveisiä saunasta“, man überbringt „Grüße aus der Sauna“. Danach am besten „olutta“ und „makkaraa“, also ein Bier und finnische Grillwürstchen (schmecken meiner Meinung nach viel besser als deutsche).
Nicht für jeden ein Spaß ist das sogenannte „Avantouinti“, zu Deutsch Eislochschwimmen als Abkühlung. Dabei geht man, möglichst im kalten Winter, in einem durch Pumpen freigehaltenes Loch in der Eisdecke schwimmen. Oder man wälzt sich im Schnee. Die Hartgesottenen gehen sogar bevor sie die Sauna betreten schon mal kurz „schwimmen“ und betreten dann erst die Sauna. Beim ersten Mal ist es wirklich sehr sehr kalt, aber wie an fast alles gewöhnt man sich auch daran. Ich bin in meinem Auslandsjahr bis zu drei Mal die Woche mit meiner Gastfamilie beim Eisschwimmen gewesen und mittlerweile vermisse ich es echt. Es ist einfach großartig aus der heißen Sauna ins, im wahrsten Sinne des Wortes, eiskalte Wasser zu gehen. Außerdem stärkt das ungemein die Abwehrkräfte.
Eisschwimmen
Eine andere alte Tradition ist das Schlagen mit einem Birkenquast. Hierbei schlägt man sich mit einem aus Birkenästen gebildeten Quast. Dies dient der Durchblutung. Allerdings stirbt diese Tradition leider immer weiter aus, oder verkommt, da nur noch wenige wissen, wie der Quast genau hergestellt wird. Mein Gastvater hat mir einmal versucht zu erklären, wie man die Ruten herstellt. Verwendet werden die flexiblen Enden von Birkenästen mit Blättern. Dies bindet man nun zusammen. Dafür gab es auch eine spezielle Vorgehensweise, wo man wieder Birkenäste verwendet, aber daran erinnere ich mich nicht genau. Heutzutage werden so oder so einfach überwiegend Seile verwendet. Den Quast legt man nun während eines Saunagangs auf den Ofen, um die Äste von Parasiten, Käfern usw. zu befreien. Beim nächsten Mal kann man den Quast nun gebrauchen. Zuerst tunkt man ihn in Wasser, danach kann man sich abschlagen, um die Blutzirkulation anzuregen.
Eine andere Sache, die einem noch in einer Sauna, besonders bei Feiern, passieren kann, ist, dass jemand Bier auf den Ofen wirft. Kann ich aber nur von abraten, es stinkt doch ziemlich und der Saunabesitzer freut sich sicherlich nicht über die Überreste auf dem Ofen, sobald er wieder nüchtern ist.
Die Sauna ist eine wirklich finnische Tradition mit einer langen Geschichte und hat für die Bewohner des Landes einen sehr hohen Stellenwert und man findet wirklich finnische Saunen auch nur in Finnland!
„Saunavokabular“ für Finnlandreisende:
Ämpäri – Eimer
kiuas – Saunaofen
löyly – Aufguss
lauta – Brett (im Sinne von Bank in der Sauna)
Wenn man jemanden auffordern möchte einen Aufguss zu machen oder man aufgefordert wird.
Heitäs löylyä! – Mach einen Aufguss
(Heitä) vettä kiukaalle – Wirf Wasser auf den Ofen
Und, wenn man in die Sauna eingeladen wurde, kann man sich hiermit wunderbar bedanken:
Kiitos saunasta – Danke für die Sauna
Und falls man wieder aus der Sauna zurückkommt:
Terveisiä saunasta – Grüße aus der Sauna (klingt im Deustchen seltsam, ist aber in Finnland absolut üblich)
Vier Monate später
Dezember 2010: Jetzt sind schon fast vier Monate in Finnland um, die mir eher wie vier Wochen vorkamen, und ich war total erschrocken, als ich realisierte, dass bereits fast die Hälfte meines Aufenthalts vorbei ist…
Es war schon ein seltsames Gefühl, sich am Tag vor dem Abflug von den letzten Freunden, die man nochmal sehen konnte, zu verabschieden, und den Morgen darauf auch noch von der Familie am Flughafen. Am schlimmsten war wahrscheinlich die Aufregung, als wir auf unsere Koffer am Flughafen gewartet haben und uns klar wurde, dass wir jetzt gleich unsere Gastfamilien treffen und dann unsere Reise zum endgültigen „Bestimmungsort“ antreten würden. An die rund vierstündige Fahrt vom Flughafen Helsinki-Vantaa nach Rauma, eine 30.000-Einwohner-Stadt an der Westküste Finnlands, kann ich mich nicht wirklich erinnern, da ich die meiste Zeit geschlafen habe, obwohl es gerade mal 12.00 Uhr Ortszeit in Finnland war (wir sind in Deutschland eine Stunde voraus). Das war in diesem Augenblick aber dennoch sicherlich das Beste, da weder meine Familie noch ich wussten, worüber wir hätten sprechen sollen, da meine Gasteltern so gut wie kein Englisch sprechen, und ich bis dato auch zu wenig Finnisch.
Meine Gastfamilie
Meine Gasteltern sind 72 und 67 Jahre alt. Ich denke, dass ich kaum eine bessere Gastfamilie hätte bekommen können, da ein Gastschüler ein jahrelanger Traum von ihnen war. Da sie beide in Rente sind, haben sie auch dementsprechend viel Zeit für mich. Eigentlich habe ich auch noch eine Gastschwester, aber sie lebt zusammen mit ihrem Sohn, der jetzt also mein „Gastneffe“(?) ist. Und eben jener Gastneffe ist fast täglich bei uns, da meine Gastschwester, also seine Mutter, recht viel arbeitet.
Ich habe ein eigenes kleines Zimmer mit einem Schreibtisch und meinem Bett. Die Wände habe ich mittlerweile mit Bildern und Grüßen aus Deutschland tapeziert. Bis zu meiner Schule sind es etwa sieben Kilometer, die ich normalerweise mit dem Fahrrad fahre. Jetzt im Winter bringen mich meine Gasteltern aber meistens mit dem Auto hin, weil es, ihrer Meinung nach, entweder zu kalt oder zu verschneit ist. Eine Busverbindung von ihrem Haus in die Stadt gibt es leider nicht (die nächste Haltestelle mit einer Linie in die Stadt ist drei Kilometer entfernt). Dafür habe ich recht viel Wald und auch Wasser um mich herum. Obwohl bei uns sogar manchmal wohl Elche die Straße überqueren sollen, habe ich bis jetzt noch keinen gesehen. „Nur“ vier Rentiere…
Schule und Alltag in Finnland
In der Schule sind wir mittlerweile in der dritten Periode. Das finnische Schuljahr hat fünf Perioden, in denen jedes Mal die Fächer neu gewählt werden. Das finnische Kurswahlsystem fand ich nicht wirklich übersichtlich und ich war echt heilfroh, dass an meinem ersten Schultag (an meinem dritten Tag in Finnland) mir eine ehemalige Austauschschülerin, die letztes Jahr in Deutschland war, dabei geholfen hat, meine Fächer zu wählen. Denn selbst jetzt beim dritten Mal habe ich es nicht geschafft, die Wahl über die Schulseite, wo wir untereinander und zu den Lehrern Kontakt aufnehmen können, allein zu erledigen. Stattdessen musste mir meine Kontaktlehrerin helfen.
Im Moment habe ich Mathe, Englisch, Physik, Sport und Schwedisch anstatt Deutsch. Außerdem gehe ich viermal die Woche zu einem Finnisch-Sprachkurs für Ausländer, der für uns sogar umsonst ist. Einen Nachteil hat das Kurssystem aber für mich: Es war schwerer Freunde zu finden, als in einem festen Klassenverband. Am meisten Spaß in der Schule hatte ich eigentlich immer beim Deutschunterricht, da ich dort immer muttersprachliche Beispiele geben musste. Außerdem habe ich dort einen Eishockeyspieler aus Ungarn getroffen, der drei Jahre in Österreich gespielt hat und dies jetzt in Finnland macht, sodass wir uns immer gut im Unterricht amüsieren konnten.
Meinen bisher besten Freund kenne ich allerdings aus meinem Sportkurs. Das Problem ist nur, dass er nochmal 25km außerhalb der Stadt wohnt – und das in die andere Richtung, sodass wir uns praktisch nur in der Schule treffen und manchmal gemeinsam nach der Schule in der Stadt bleiben. In Bezug auf solche Dinge vermisse ich Deutschland doch ein wenig. Dort muss ich nur drei Minuten zu Fuß gehen muss, um meine Freunde zu treffen.
Es ist hier also recht schwer, mal spontan etwas in der Stadt zu machen. Das muss ich in der Regel vorher planen, um dann nach der Schule in der Stadt bleiben zu können. Deshalb bin ich auch ganz glücklich, dass das Salibandy (Floorball) Training, an dem ich jetzt ab nächster Woche teilnehme, direkt nach der Schule ist. Immerhin sind die Busverbindungen aus der Stadt raus in die größeren Städte ziemlich gut. Ist auch für mich ganz praktisch, da ich recht häufig Treffen mit anderen Austauschschülern habe. Das wohl bisher spaßigste Treffen war die Fährfahrt nach Tallin. Es ist immer lustig, die anderen zu treffen und sich untereinander auszutauschen, zumal an meiner Schule nur ein weiterer Austauschschüler aus Mexiko ist und ein paar Eishockeyspieler.
Mittlerweile war ich mit meiner Gastfamilie auch schon zweimal bei einem Spiel der Rauman Lukko, dem Eishockeyteam von Rauma. Beide Spiele wurden leider verloren.
Finnisch
Die Sprache ist eigentlich gar nicht so schwer, wie alle sagen. Es ist nur so, dass es unendlich viele Regeln gibt, die ganz genau festlegen, wie alles zu sein hat. Es ist eben nur schwer, sich all diese Dinge zu merken, aber zumindest ist die Sprache absolut logisch und es gibt nur sehr wenige Ausnahmen. Ungewohnt ist aber vor allem, dass anstatt durch Präposition fast alles durch Suffixe (=Anhängsel) ausgedrückt wird.
Hierzu mal ein kleines Beispiel:
Sauna=Sauna
Saunassa=in der Sauna
Saunassasi= in deiner Sauna
Saunassasikin= auch in deiner Sauna
P.S.: Für alle, die ein wenig über die finnische Sprache lachen möchten: Finnisch eine Weltsprache
Und wo wir gerade dabei sind noch für alle, die ein bisschen mehr über Finnland wissen wollen: Finn-Land
Mittlerweile bin ich jetzt schon vier Monate hier und habe gerade angefangen, auch in der Schule mit meinen Freunden Finnisch zu sprechen. Zuhause spreche ich schon seit etwa einen Monat fast nur noch Finnisch, da meine Gastfamilie (zum Glück) kaum Englisch spricht. Das ist meiner Meinung nach ein gewaltiger Vorteil, da man am besten lernt, wenn man die Sprache immer aktiv sprechen muss. Ein „Learning-by-Doing-Effekt“. Auch wenn ich zum Teil sicherlich noch einige Fehler mache und mein Vokabular noch längst nicht reicht, um bei allen Sachen mitreden zu können, reicht er doch aus, um mich halbwegs vernünftig zu verständigen. Allerdings stellt die gesprochene Sprache hier nochmal eine neue Herausforderung gegenüber der geschriebenen Sprache dar, sodass ich auch häufig meine Englischkenntnisse bemühen musste. Für alle, die Sorge haben, dass sie in nicht-englischsprachigen Ländern kein Englisch lernen, kann ich zumindest sagen, dass diese Sorge unbegründet ist. Manchmal gab es ein echtes Durcheinander aus Deutsch, Englisch und Finnisch in meinem ‚Kopf. Manche Sätze klangen dann in etwa so: „In my head on a echtes Durcheinander aus saksa, englantia ja suomea“ Manchmal habe ich auch Tage, an denen ich einfach keine Lust habe, eine meiner drei Sprachen anzuwenden. Teilweise möchte ich unbedingt den ganzen Tag nur in Finnisch sprechen, und an anderen Tagen hab ich nicht mal mehr Lust, mein Englisch zu bemühen. Aber meistens herrscht eine moderate Mischung aus Finnisch und zur Sicherheit englischen Erklärungen in der Hinterhand, wenn es etwas Wichtiges ist. Aber genauso wie man sich an den finnischen Kaffeekonsum gewöhnt, gewöhnt man sich auch an diese, meiner Meinung nach faszinierende Sprache!
Die meiner Meinung nach beste finnische Errungenschaft ist die Sauna. Ich liebe Sauna. Zweimal die Woche gehen wir zu Hause in die Sauna und dann häufig noch in die öffentliche Sauna, wo wir dann noch in einem Meeresarm schwimmen können, wobei die Oberfläche dort mittlerweile z.T. gefroren ist. Ein kleiner Bereich wird aber für die Saunagänger freigehalten. Es ist schon ein großartiges Erlebnis, in der Dunkelheit aus der heißen Sauna zu kommen, den vereisten Weg und Steg hinuntergehen und sich dann im eiskalten Wasser wieder abzukühlen, um schließlich wieder in der Sauna aufzutauen!
Weihnachtszeit in Finnland
Insgesamt geht es mir hier wirklich sehr gut und ich habe eigentlich nur ziemlich selten wirklich Heimweh. Mit meinen Freunden und Eltern schreibe ich wöchentlich eine Mail, und ungefähr einmal im Monat skype ich, was sich übrigens sehr empfiehlt, da dann ein einstündiges Auslandstelefonat nichts kostet. Ab und an vergesse ich allerdings mittlerweile auch schon mal, mit bei meinen Eltern und Freunden zu melden…
Normalerweise heißt es ja, dass man Weihnachten am meisten seine Heimat vermisst, aber im Moment denke ich nicht, dass es bei mir so schlimm ausfällt. Weihnachten hat in Finnland irgendwie etwas Besonderes. Vor allem dann, wenn all die Bäume und die Umgebung von Schnee bedeckt sind und das Thermometer permanent unter 0° zeigt. Ich glaube, es war bei mir seit über vier Wochen kein einziges Mal mehr über 0°, aber dafür bis zu -19,9° kalt. Seit zwei Wochen kann ich sogar mit meinem Gastvater und meinem Gastneffen im Garten auf dem recht großen Teich Eishockey spielen, und sobald ich dann irgendwann mal irgendwoher ein Paar Skier bekomme, können wir auch Langlauf machen, auch wenn hier in Rauma nicht ganz so viel Schnee liegt wie in Helsinki und Ostfinnland. Allerdings hatten wir schon im November den ersten Schnee – und jetzt können wir uns immerhin über gute 20 Zentimeter freuen.
Ein Jahr vergeht wie im Fluge
10 Monate habe ich bis jetzt im wunderschönen Finnland verbracht und viel zu früh war auch schon der Tag des Abfluges da und jetzt bin ich wieder zurück in Deutschland-Zeit für meinen zweiten Erfahrungsbericht. In diesen 6 Monaten, die zwischen diesem und dem anderen Erfahrungsbericht liegen, ist doch einiges passiert.
Der finnische Winter
Im Dezember hatten wir bereits, wie im ersten Bericht erwähnt, rund 40cm Schnee und manchmal sogar -20°C. Doch das war noch nicht alles, was der finnischen Winter zu bieten hatte. Zwar ist nicht unbedingt sehr viel mehr Schnee gefallen, aber die Temperaturen haben noch einmal ein wenig angezogen. Als ich im Februar für eine Woche auf einem Camp meiner Austauschorganisation war, ist die Temperatur in meinem Zimmer in Rauma trotz geschlossener Fenster und eingeschalteter Heizung auf rund 15°C gesunken, da die Außentemperaturen in dieser Woche permanent unter -20°C waren. Der Tiefpunkt lag in Rauma bei ungefähr -27°C. Unser Camp hingegen war in Pyhätunturi (=heiliger Berg), einem Skigebiet in Lappland. Rund 50km nördlich von Rovanniemi , der Weihnachtsmannstadt auf dem Polarkreis (Hei, ich war nördlich des Polarkreises!!). Und hier war es in der Woche noch einmal kälter. Am 13.2 hatten wir am Morgen bereits geschlagene -33°C. Dennoch waren wir am Tag rund 5h Schneeschuhwandern, wobei die Temperaturen je nachdem, ob wir auf dem Berg oder im Tal waren, zwischen -20°C und -30°C schwankten.
Am nächsten Tag, haben wir das Eisfischen dann aber doch sein lassen, als unser Thermometer am Morgen -38°C anzeigte. Das hat uns allerdings nicht davon abgehalten in der Nacht 2 Stunden am See auf Polarlichter zu warten und dann auch tatsächlich weitere 2 Stunden diese zu beobachten. Dabei hatten wir richtig Glück und wir konnten sehr klare und starke Lichter beobachten. Es ist so ein unglaubliches Erlebnis! Außerdem habe ich dort meinen Führerschrein bekommen, allerdings nicht fürs Auto, sondern für Rentiere, nachdem wir eine Runde auf einem Rentierschlitten gefahren sind. Auf dem Camp war ich mit anderen Austauschschülern aus der ganzen Welt zusammen, die ebenfalls mit der Austauschorganisation wie ich im Ausland waren, in Finnland waren. Ich kann diese Fahrt allen, die ihr Jahr in Finnland verbringen, wärmstens empfehlen.
„Beeing an exchange student is great, but coming back is hell“
Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals genug bekommen könnte von Schnee und Kälte , aber so gegen Mitte April reichte es doch langsam und ich war froh, dass dann irgendwann auch in Finnland Frühling einkehrte. Zumindest in Rauma lag Ende April kein Schnee mehr. Zu dem Zeitpunkt war die finnische Sprache kein Problem mehr, ich habe sowohl zu Hause als auch in der Schule nur noch Finnisch gesprochen. Für alle die sich vor der finnischen Sprache fürchten: Finnisch ist nicht wirklich schwer. Es gibt nur sehr viele Regeln, an die man sich erinnern muss. Das heißt es gibt zwar weniger unerklärliche Ausnahmen, aber dafür ist es ein wenig schwerer fließend frei zu sprechen, da es so viel gibt an das man sich erinnern muss, beim Schreiben ist dies allerdings kein großes Problem, da man dann genug Zeit hat alles in Ruhe zu durchdenken. Aber was fürs Finnische genauso gilt wie für alle anderen Sprachen: Am besten lernt man, wenn man einfach die Sprache benutzt. Also auch, wenn Eure Gastfamilie gut Englisch oder sogar Deutsch spricht, tut Ihr Euch keinen Gefallen damit, wenn Ihr den einfachen Weg nehmt und die Sprachen sprecht, die Ihr schon könnt, sondern sprecht die fremde Sprache. Es wird Euch sicherlich niemand auslachen, wenn Ihr Fehler macht, und die werdet Ihr sicherlich machen, sondern Euch eher dafür respektieren, dass Ihr es versucht. Außerdem ist es nicht nur freundlicher gegenüber Euren Mitschülern im Ausland, denn nicht alle können oder auch wollen immer Englisch sprechen und sie freuen sich dementsprechend, wenn man ihnen entgegenkommt und ihre Muttersprache spricht.
Abgesehen davon, dass man die Sprache benutzt, hilft es natürlich ebenfalls, wenn man wie gewohnt Grammatik und Vokabeln regelmäßig lernt, denn das macht es einfacher zu verstehen was man hört und es selbst zu verwenden.
„Beeing an exchange student is great, but coming back is hell“, so eine Freundin von mir, als wir schließlich unsere Koffer packen mussten.
Es ist schon schwer, sich von seinen Freunden in der Heimat für ein Jahr zu verabschieden, aber noch viel schwerer ist es sich von seinen neuen Freunden in der Ferne zu verabschieden. Wenn man ins Ausland aufbricht, ist man voller Vorfreude auf das Neue und außerdem weiß man ja schon, wann man Freunde und Familie wieder sieht. Aber ein Abschied von Gastfamilie und Freunden im Ausland, ohne zu wissen ob und wann man wieder mit ihnen eine längere Zeit verbringt, mit der Aussicht zurück in sein bekanntes und, in diesem Moment (zumindest für mich) auch, „langweiliges“ Umfeld zurückzukehren, ist was ganz anderes. Obwohl ich mein Leben in Finnland auch nicht immer als ganz rosig empfunden habe und ich gerne zurück bei meinen Freunden in Deutschland gewesen wäre, war es in den letzten Wochen in Finnland genau umgekehrt. „Alles zu Hause ist so vertraut und daher auch irgendwie langweilig“, so in etwa dachte ich kurz vor der Rückkehr nach Deutschland. Dies trifft natürlich nicht wirklich zu, aber so habe ich eben eine zeitlang darüber gedacht. Natürlich haben meine finnischen Freunde, meine Gastfamilie und ich uns fest vorgenommen Kontakt zu halten und uns wieder zu treffen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt bin ich übermäßig glücklich darüber, dass es heute soziale Netzwerke wie Facebook und Programme wie Skype gibt, die es erheblich erleichtern, Kontakt zu halten. Aber auch, wenn wir uns manchmal sehen können, werden wir natürlich nicht mehr so viel Zeit miteinander verbringen, wie im vergangenen Jahr. Das macht den Abschied aus dem Gastland erheblich schwieriger. Und die ganzen lieben SMS und Abschiedsgeschenke, die ich bekommen habe, machen es auch nicht einfacher. Manchmal hätte ich mir echt gewünscht, dass mein Jahr nicht so großartig verlaufen wäre, damit mir der Abschied leichter gefallen wäre.
Endspurt
Meine Familie in Deutschland konnte es kaum noch abwarten und hat mich immer wieder gefragt, ob ich denn glücklich sei zurückzukommen. Solche Momente waren für mich recht schwer, denn wenn ich sage, dass ich mich nicht auf Deutschland freue, wären sie verständlicherweise enttäuscht, da ich ja offensichtlich nicht zu ihnen zurückwollte. Wenn ich allerdings sagte, dass ich froh bin nach Hause zu kommen, waren sie besorgt, dass ich kein schönes Jahr gehabt hätte. Beides trifft ja nicht zu. Daher waren solche Fragen für mich sehr schwer zu beantworten. Ich denke, dass man es ein wenig mit einem Urlaub vergleichen kann. Wenn Ihr einen schönen Urlaub hattet, seid Ihr doch auch immer ein wenig traurig wieder weg fahren zu müssen Obwohl es ja zu Hause deswegen nicht schlecht ist. Man kann aber auch nicht wirklich ein Auslandsjahr mit einem Urlaub vergleichen. Aber ein Austauschjahr ist natürlich sehr viel mehr als bloß ein Urlaub! Richtig verstehen kann man das wahrscheinlich eh nur, wenn man selbst eine längere Zeit im Ausland mit einem anderen festen Freundeskreis und deren Bräuchen verbracht hat und dann zurückkommt.
Stress pur: Wie bekommt man ein ganzes Jahr mit all den Erinnerungen, Andenken und Klamotten in einen Koffer? Die Kleidung war dabei noch das geringste Problem… Zum Glück wiegen heute immerhin Fotos (fast) nichts mehr…
Trotz allem, es war schön, meine Familie und meine Freunde wieder zu sehen.
Alles in allem hatte ich ein wirklich großartiges Auslandsjahr. In dieser Zeit habe ich viele unvergessliche Momente erlebt und viele neue Freunde kennen gelernt. Ich kann es jedem, der überlegt, ein Auslandsjahr zu machen, nur empfehlen. Es ist einfach eine unbeschreibliche und wertvolle Erfahrung. Natürlich heißt das nicht, dass man das Ganze auf die leichte Schulter nehmen sollte. Ein Auslandsjahr ist nicht immer nur Spaß ist, sondern es gibt auch durchaus schwierige und unangenehme Momente. Die gehören nun mal dazu und unterscheiden es von einem einfachen Urlaub. Außerdem lernt man die Kultur seines Gastlandes viel intensiver kennen, als man es in einem Urlaub vermutlich je könnte.
Im Prinzip ist es auch gar nicht so entscheidend in welchem Land man sein Auslandsjahr verbringt. Die Erfahrungen und Schwierigkeiten werden größtenteils die gleichen sein: ein Jahr ohne seine Familie auskommen, einen neuen Freundeskreis finden und sich in einer anderen Sprache zu verständigen, sind einige von diesen Dingen. Immer wieder wurde ich gefragt, ob es in Finnland nicht relativ langweilig und ähnlich wie in Deutschland ist. Ich kann nur sagen: „Ja, Finnland ist Deutschland in vielem ähnlich, aber auch in vielen Dingen unterschiedlich. Und langweilig war es ganz bestimmt nicht! Wie hätte es auch sein können, angesichts von all dem, was ich erleben durfte.“
Danke!
Ich bin meinen Eltern, meiner Gastfamilie, meinen finnischen und deutschen Freunden, meiner Austauschorganisation und weltweiser sehr dankbar, dass sie mir dieses Jahr finanziell und durch ihre Gastfreundschaft möglich gemacht haben und, dass ich mit ihnen zusammen sein konnte und sie immer für mich da waren und auch dafür, dass sie mich, obwohl ich ein Jahr lang im Ausland war, nicht vergessen haben – im guten alten Deutschland!