- WELTBÜRGER-Stifter: CAS
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Costa Rica
- Dauer: 5 Monate
- Name: Emma
Um die erste Hälfte meines Auslandsjahres zu beschreiben, könnte ich mich nur schwer auf einzelne Höhepunkte beziehen. Diese Zeit ist geprägt durch Herrausforderungen, unglaublich lustige Momenten mit Freunden, Feiertage, paradiesische Ausflüge, Anpassung an die fremde Umgebung und an die völlig andere, sehr entspannte Tico-Lebensart, und noch so viel mehr, was es schwierig macht, meine Erfahrungen in einen relativ kurzen Text zu packen.
Es ist wichtig zu sagen, dass jedes Auslandsjahr komplett anders ist. Jeder macht seine eigenen Erfahrungen, findet sich unterschiedlich gut in seiner neuen Welt zurecht und natürlich gehört auch etwas Glück mit der Schule und mit seiner Gastfamilie dazu. Doch jeder Austauschschüler wird am Ende des Jahres reifer geworden sein und eine andere und weltoffene Sicht auf das Leben haben.
ALLTAG
Der ganz normale Schulalltag ist im Grunde nicht sehr viel anders als in Deutschland. Mein Tag beginnt um 5:30 Uhr morgens, ich frühstücke ausgiebig und in Ruhe und um 6:50 Uhr werden ich und meine Schwester von meinem Gastvater zur Schule gefahren. Meine Schule hat sehr viele Schüler, also muss man sich in den Gängen durch die Menge quetschen um seine Hefte für die nächste Schulstunde aus den Spinden zu holen. Am Anfang hatte ich noch einige Schwierigkeiten, meine Klassenzimmer zu finden, da man für jedes Fach einen anderen Raum hat. Die erste Stunde beginnt mit einem 10 minütigen Gebet, bei dem jeder Alles stehen und liegen lässt und sich niemand mehr bewegen darf.
Fernweh? JuBi!
Der Unterricht wird nur selten langweilig. Am Anfang war ich das Zentrum der Aufmerksamkeit. Alle wollten mich kennenlernen und mir wurde schnell das nötige Vokabular an Schimpfwörtern und Tico-Wörtern beigebracht. Zu hören wie ich deutsch spreche schien selbst den Lehrern interessanter zu sein als ihr eigener Unterricht und die Zeit bist zum Schulschluss um 3:00 Uhr verfliegt wie im Flug. Besonders in den Pausen nutzte ich am Anfang die Zeit, um so viele Leute wie möglich kennenzulernen. Natürlich hatte ich noch Schwierigkeiten mich zu verständigen, doch ich hatte das Gefühl nach jedem Gespräch verstand ich mehr und mein Spanisch machte gute Vortschritte.
An den Wochenenden gehe ich mit meiner Mutter laufen, unternehme was mit meiner Gastschwester und mit meinen Freunden, oder nutze die Zeit, um Sachen zu machen, die mir wichtig sind, zu denen ich in Deutschland aber nicht gekommen wäre, weil mein Leben in Deutschland eindeutig stressiger ist. Mit meiner Schwester verstehe ich mich super gut. Wir können über alles lachen und reden, sie hilft mir bei meinem Spanisch und bringt mir immer wieder neue Wörter bei. Sie ist jemand, mit dem man auf so verrückte Ideen kommt wie nachts aufs Dach zu klettern, um dem Konzert im nur 100 Meter entfernten Stadion zuzuhören und so laut mitzusingen, dass die ganze Nachbarschaft das Vergnügen hat, unserem Konzert zuzuhören. Ich kann mir mein Leben schon gar nicht mehr ohne eine Schwester vorstellen.
Ich hatte das Glück, dass meine Schule in der Zeit als ich ankam unglaublich viele Veranstaltungen hatte, wodurch ich meine Mitschüler viel schneller und besser kennen lernen konnte und auch schnell gute Freunde gefunden habe. Direkt in meiner ersten Woche gab es einen Sport- und Spieletag, bei dem wir von einem Klassenraum in den nächsten gegangen sind und Videospiele gespielt haben, den Schulteams beim Fußball spielen und Cheerleading zugeguckt haben und wo ich mich überwinden musste, vor meiner ganzen Klasse Just Dance zu tanzen. Selbst die Lehrer haben gezeigt was sie können und ausgiebig getanzt.
Schon in der zweiten Woche wurde in der Turnhalle eine Fiesta de Espuma, eine Schaumparty organisiert. Ich weiß nicht, wann ich das letze Mal so viel Spaß hatte. ALLE haben getanzt, gelacht und gesungen, selbst die Jungs haben getwerkt, und als dann noch die Schaumwerfer nassen Schaum sprühten, wünschte ich dieser Moment würde nie aufhören.
Kurz danach sind wir mit dem ganzen Jahrgang zu einer Convivencia in die Berge gefahren. Nach einer zweistündigen Messe, bei der ich kein Wort verstand, fing der Spaß an. Wir wurden in Teams aufgeteilt und für mein Team ging es gleich als erstes in den Pool. Doch meinen Bikini brauchte ich nicht, denn alle sind mit Klamotten in den Pool gesprungen und wir haben Wassenball gespielt. Hierbei war es völlig egal ob man gut spielen konnte oder nicht. Alle bekamen mal den Ball und wenn man nicht gefangen hat, oder daneben warf wurde einfach weiter gespielt und man hat keine blöden Kommentare zu hören bekommen, wie ich es noch aus Deutschland gewohnt war. Als Gewinner verließ mein Team das Wasser und wir wurden zum Fußballfeld gerufen.
Der tropische Regenschauer machte den Moment zu etwas besonderem. Wir rutschten durch den Schlamm und waren völlig durchnässt und da angenommen wurde, dass ich als deutsche Fußballspielen können sollte, bekam ich immer wieder den Ball um das Tor zu schießen, aber dieses Talent ist mir leider nicht mitgegeben worden.- Die Ticos haben eindeutig das Talent, kleine Erlebnisse und Ereignisse zu unvergesslichen Momenten zu machen.
EINLEBEN UND ENTWICKLUNG, FAMILIENWECHSEL
Vor meinem Auslandsjahr hatte ich mir immer die Frage gestellt, wie lange ich brauchen würde, um spanisch zu sprechen. Eine genaue Antwort darauf kann ich nicht geben, da das Lernen ein Prozess ist und man mit jedem Tag mehr lernt. Die erste Schwierigkeit war, die einzelnen Wörter in einem Satz auseinanderzuhalten. Auch wenn ich die Wörter nicht verstand, habe ich sie nach etwa zwei Wochen trennen können. Etwa nach zwei Monaten verstand ich schon einiges, konnte mich auch schon ausdrücken und ich war in der Sprache angekommen, aber so richtig fließend war es nicht. Nach ungefähr 4-5 Monaten musste ich nicht mehr viel über meine Sätze nachdenken und jetzt, nach 6 Monaten, gibt es zwar immer noch Worte die ich nicht verstehe, aber kann so ziemlich alles sagen, was ich sagen möchte.
Eine der wahrscheinlich wichtigsten Entscheidungen hier in Costa Rica war mein Beschluss, die Gastfamilie zu wechseln. In den ersten drei Monaten, in denen ich noch in meiner vorherigen Familie gelebt hatte, kam mir immer wieder die Überlegung, ob ich lieber wechseln sollte. Ich habe mir viel Mühe gegeben, mich in die Familie zu intigrieren und wollte dem Ganzen noch etwas Zeit geben, aber die Chemie zwischen uns hat einfach nicht gestimmt und die Differenzen wurden immer größer, so dass mir irgendwann klar wurde, es wäre besser zu wechseln.
Ich wollte auf keinen Fall auf eine andere Schule, weil ich mich dort von Anfang an super wohl gefühlt habe, darum war ich super glücklich, als mir eine meiner besten Freundinnen angeboten hat, bei ihr zu wohnen. Obwohl noch nichts abgesprochen war, erzählte sie mir aufgeregt, zu welchen Orten sie und ihre Familie mit mir fahren würden, was wir alles zusammen machen könnten und wie gerne sie mich als Schwester haben würde. Ich konnte mein Glück noch gar nicht fassen, als ich mich schon mit gepackten Koffern vor der Haustür meiner neuen Familie wiederfand.
SCHILDKRÖTENPROJEKT UND FEIERTAGE
Zwei Wochen meiner zwei Monate langen Ferien habe ich als Volunteer am Strand Matapalo verbracht und mich mit 12 anderen Freiwilligen um den Schutz von Schildkröten gekümmert. Das Gehege mit den Schildkröteneiern, das direkt am Strand zwischen Palmen mit Kokusnüssen liegt, musste rund um die Uhr bewacht sein und sauber gehalten werden. Da wir so viele Helfer waren, konnten wir die 3 stündigen Schichten und die nächtlichen Strandpatrullien, die dazu da sind Eierräuber aufzuhalten und Nester zu finden, gut aufteilen und hatten neben anderen kleinen Arbeiten viel Freizeit.
Das Projekt liegt an einem wunderschönen Ort, an dem man Tukane zu Gesicht bekommt, die Affen von Baum zu Baum springen, einem regelmäßig riesige Leguane über den Weg laufen, die Faultiere den ganzen Tag an der gleichen Stelle in den Bäumen hängen und wo man die Glühwürmchen jede Nacht glitzern sieht und sie auch mal mit Sternschnuppen am klaren Sternenhimmel verwechselt. Wenn nachts Schildkröten geschlüpft sind, wurden sie gezählt , in einen Eimer mit Sand getan und zum Strand getragen. Etwa 20 Meter vor dem Wasser wurden die kleinen Tiere ausgesetzt und bis zu 100 Babyschildkröten tapsten ihre ersten Schritte in Richtung Meer.
WEIHNACHTEN UND SILVESTER
Wenn man mein Weihnachten in Costa Rica mit dem in Deutschland vergleicht, hätte es nicht unterschiedlicher sein können, was alleine schon am heißen Wetter und den Palmen lag. Der ursprüngliche Plan, am 24.12. um 7:00 Uhr zu meiner Gastoma zu fahren, die in Puntarenas wohnt, wurde um 8 Stunden nach hinten verschoben, sodass der größte Teil des Tages aus warten bestand. Da es in meiner Gastfamilie nicht den Brauch gibt sich gegenseitig etwas zu schenken, fiel die Bescherung aus.
Ich bin aus Deutschland eine stundenlange Essensvorbereitung gewohnt, also war es für mich etwas ganz neues zu sehen, wie ein spontanes Weihnachtsessen zustande kam, wenn jeder einige Zutaten mitbrachte und in einer halben Stunde eine Vielfalt an Gerichten gezaubert wurde. Es war das erste Mal, dass ich am 2.Weihnachtstag bei 31 Grad in der Sonne lag und so schön es war, ich vermisste zu dem Zeitpunkt das kalte, verschneite Deutschland mit den Weihnachtsmärkten und das weihnachtliche Gefühl, das dieses Jahr ausblieb. Trotzdem hatte ich ein wunderschönes Weihnachtsfest mit meiner Gastfamilie hier in Costa Rica.
Eine Woch später ging es dann für ein paar Tage mit meiner Gastfamilie nach Guanacaste an den Playa Coco, wo wir Silvester gefeiert haben. Vom kleinen, gemütlichen Hostel aus machten wir jeden Tag Ausflüge an die schönsten und bekanntesten Strände Costa Ricas und durch den Tipp einer Frau, die sich dort auskennt, haben wir eine kleine, verlassene Bucht entdeckt, mit kristallklarem, blauem Wasser, umrandet von Klippen, Bergen und Palmen – paradiesisch!
In der Nacht des 31. Dezembers haben wir dem Feuerwerk vom Strand aus zugeguckt und haben mit tausenden von Urlaubern ins neue Jahr gefeiert. Bis in die frühen Morgenstunden wurde getanzt und meine Gastmutter, die aus Limón kommt, eine Hafenstadt an der Karibikküste, hat mir Salsa und Merengue beigebracht. Das war eine Sylvesterfeier nach tpischer „Latino-Art“: !PURA VIDA!