- WELTBÜRGER-Stifter: Highschool Australia
- Programm: Schüleraustausch
- Land: Australien
- Dauer: 6 Monate
- Name: Cora
Australien war vor dem Beginn meines Auslandsjahres immer total weit weg. In meinem Kopf waren immer Bilder von riesigen Landschaften ohne Menschen, vielen Kängurus und Eukalyptusbäumen mit Koalas drin.
Seit ich hier bin, habe ich schon sehr viel erlebt und die Zeit ist total an mir vorbeigeflogen. Die erste Zeit war nicht einfach, aber trotzdem wunderschön. Auch wenn Heimweh und der Jetlag etwas sind, was man gerne hinter sich gebracht hat, habe ich auch total viele neue Leute und Lebensstile kennengelernt.
Ich habe das große Glück, meine Gasteltern zu kennen, da sie Freunde meiner Eltern sind. Sie sind total nett und probieren, mir so viel wie möglich zu zeigen. Wir waren zum Beispiel schon in einer Koala Auffangstation, sind zu einem Weinberg mit Kängurus gefahren und haben uns einige der umliegenden Orte angeguckt. Wir hatten total viele schöne Erlebnisse, die ich nie vergessen werde. Dabei sind es nicht immer die großen Dinge, sondern auch die kleinen. Wir waren zum Beispiel schon einmal an einer Landzunge im Meer, den Sonnenaufgang angucken, oder sind durch den Sonnenuntergang am Strand lang gelaufen.
Ein weiteres typisches Klischee im Bezug auf die Australier_innen ist ihr leichter und fröhlicher Lifestyle, bei dem es so scheint, als ob nichts in der Welt ein Problem ist. Ich konnte genau diese Leichtigkeit schon auf vielfältige Weise erleben, was bei einem Lächeln auf der Straße anfängt und sich auch in der Hilfe bei allen möglichen Dingen zeigt. Die anderen Austauschschüler an meiner Schule, der Cleveland District State High, und ich wurden vom ersten Tag an total gut unterstützt. Einige der australischen Schüler haben uns auch geholfen, sich besser auf dem Schulgelände, welches total weitläufig ist und viele verschiedene Gebäude hat, zurechtzufinden und anzukommen, ohne zu irgendeiner Zeit alleine zu sein. Weil hier der Unterricht in einem Kurssystem stattfindet, hat man nicht nur die Chance, viele neue und interessante Fächer auszuprobieren, sondern kann auch in jedem Fach neue Leute und Freunde kennenlernen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Australier_innen in einigen Fächern – wie zum Beispiel Mathe – nicht annähernd so weit sind wie ich in meiner deutschen Schule. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, da ich mich dadurch besser auf die Fachwörter und die Sprache im Allgemeinen konzentrieren kann. Aber nicht alle Fächer sind einfacher. Weil zum Beispiel in Chemie die Fachwörter ziemlich anders und trotzdem wichtig sind. Sehr schwer ist auch, eine dritte Sprache, wie in meinem Fall Französisch, auf einer Fremdsprache zu lernen. Shakespeare stellt mich in meinen Englischstunden regelmäßig vor die Herausforderung, Altenglisch zu verstehen. Zum Glück ist meine Lehrerin sehr nett und steht mir bei allen Fragen zur Seite.
Eine weitere Sache, auf die ich mich im Bezug auf die Schule sehr gefreut habe, ist die Schuluniform, da ich in Deutschland nie eine hatte und mich immer gefragt habe, wie es sich anfühlt, wie alle Anderen auszusehen. Ich persönlich finde die Schuluniform meiner Schule hier sehr sehr schön, da sie eher schlicht und weinrot gehalten ist. Als ich am ersten Tag in die Schule gekommen bin, hat es auf mich total beeindruckend gewirkt, weil jeder gleich aussah und es sich für mich sehr nach Zusammenhalt und Gemeinschaft angefühlt hat. Trotzdem war es in den ersten Tagen etwas komisch, nicht selbst entscheiden zu können, was man trägt. Doch mittlerweile fühlt es sich total normal an, und ich denke auch, dass es mit der Schuluniform leichter ist, Menschen kennenzulernen, da jeder zuerst deinen Charakter und nicht dein Aussehen sieht. Ich habe dadurch auch das Gefühl, dass die Freundschaften und Bekanntschaften mehr auf den Charakteren der Personen als auf einer äußerlichen Gemeinsamkeit beruhen.
Eine Sache, die mich wirklich total überrascht hat, war auch, dass die Kassierer in manchen Supermärkten die Einkaufstaschen für dich zusammenpacken. Als ich das erste Mal mit meiner Gastmutter Essen einkaufen war, hatte ich so etwas wie einen kleinen Kulturschock, weil ich das wirklich überhaupt nicht erwartet habe. Der arme Kassierer muss sich auch gewundert haben, als ich ihn wie eine Irre angestarrt habe, während er nur seinen ganz normalen alltäglichen Job gemacht hat. Meine Gastmutter zieht mich immer noch damit auf, wie entgeistert ich den Mann angeguckt habe.
Eine letzte Sache, die ich euch erzählen will und die für mich sehr wichtig ist, ist die Sache mit meinen Hobbys. Ich gehe in Deutschland Tanzen und hin und wieder Joggen, was ich beides gerne in Australien weitermachen wollte. Als Erstes habe ich dafür in meiner Schule nachgefragt, was sie in dieser Richtung anbieten, und hatte dabei auch das Glück, dass ich in das Fach Tanzen und das Tanzteam meiner Schule reingekommen bin. Weil ich aber auch weiterhin Ballet machen wollte, habe ich mit meiner Gastmutter geredet, woraufhin wir mich in einer Tanzschule angemeldet haben, wohin ich jetzt zwei Mal die Woche gehe und sehr glücklich bin. Für die Sache mit dem Joggen habe ich auch eine gute Lösung gefunden, indem ich immer mal normal joggen gehe und jeden Samstag bei einem kostenlosen 5 km Parkrun in einem nahe gelegenen Park mitmache.
Was ich damit sagen möchte: Wenn du etwas wirklich möchtest, wirst du immer einen Weg finden, es zu tun, und es ist überhaupt nicht schlimm, Heimweh oder schlechte Tage zu haben. Das Wichtigste ist nur, immer wieder aufzustehen, sich aktiv zu halten und nicht alles zu ernst zu nehmen. 🙂
Zweiter Bericht:
Drei Monate sind eine lange Zeit, möchte man meinen, aber manchmal fühlt es sich so an, als ob die Zeit an mir vorbei zieht wie Wolken an einem besonders windigen Tag. Es fühlt sich wie gestern an, als ich wie ein kleines nervöses Nervenbündel in meinem Flieger von Deutschland nach Australien saß. Und jetzt ist bereits die Hälfte meiner Zeit hier vorbei. Ich habe Freunde gefunden, tolle Menschen kennengelernt und schon sehr viel vom Land, den Menschen und der Kultur gesehen. Und auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist, ist es gut wie es ist.
Bevor ich nach Australien gekommen bin, wusste ich natürlich, dass ich meinen Geburtstag hier in Australien, 15.800 km von zuhause entfernt verbringen würde. Aber irgendwie hat es sich gar nicht wirklich angefühlt. Die Zeit hier ist auch so schnell vergangen, dass ich darüber gar nicht mehr wirklich nachgedacht habe, aber ich dachte immer, dass es bestimmt ein schöner, aber auch trauriger Tag sein würde, weil es mein erster Geburtstag alleine war. Ich hätte mir darüber wirklich keine Sorgen machen müssen. Ich erlebte einen total lustigen und unvergesslichen Tag mit meiner Gastfamilie, welche mit mir einen tollen Trip zum Australia Zoo gemacht hat, wo ich unzählige süße Tiere sehen konnte und wir echt viel Spaß hatten. Und ich habe sogar in einer Crocodile Show die Nachfahren vom legendären ‚Crocodile Hunter‘ Steve Irwin gesehen. Einfach toll mitzuerleben, wie sie so furchtlos mit diesen gefährlichen Tieren arbeiten und den Traum und die Bestimmung von Steve Irwin leben, aus der Welt einen besseren Ort für die Wildtiere und die Natur zu machen.
Hast du schon mal von Marmeladenglas-Momenten gehört? Die Momente, die man am liebsten einpacken und nie mehr hergeben will? Für mich sind das diese Momente, in denen ich am liebsten meinen kleinen Happy-Dance machen würde und sich alles so leicht anfühlt. Ich finde, dabei macht es dann nicht einmal einen Unterschied, ob es der einfache Strandbesuch nach der Schule, ein toller Brettspiel-Minigolf-Nachmittag mit einer guten Freundin oder einfach nur der kleine Snack im Sonnenuntergang ist. Das sind die Momente, wo sich alles so anfühlt, als wäre es für immer, und es ist einfach so schön, sich immer mehr und mehr am anderen Ende der Erde zuhause zu fühlen und zu sehen, wie das eigene soziale Netz immer größer wird.
Ich habe sogar angefangen, auf Englisch zu träumen. Also naja, es ist mehr ein ziemlich verwirrender Sprachen-Mix, aber es ist was es ist. Ich dachte immer, das ist eine Legende, also das mit dem Träumen. Aber jetzt, wo es mir selbst passiert, ist es irgendwie auch ziemlich cool, auch wenn ich nach dem Aufwachen erstmal eine kleine Pause bräuchte, um die vielen Wechsel zwischen Deutsch und Englisch zu verarbeiten. Es fühlt sich echt komisch an und es ist schwer zu verstehen, wenn man es nicht erlebt. Ich meine, wem passiert sowas schon?
Ich bin hier im Dance-Team meiner Schule, und als ich das erste Mal den Raum betreten habe, war ich sehr überfordert. Vor allem, weil alle sehr gute, extrovertierte und energetische Tänzer sind und sich schon seit vielen Jahren kennen. Ich saß da und habe alle einfach nur angestarrt. Aber auch wenn ich jetzt immer noch manchmal etwas überfordert bin, habe ich sehr gute Freunde in der Gruppe gefunden, und ich sehe jetzt, was unsere Lehrerin meinte, wenn sie sagte „Im Tanzen sind wir eine Familie“. Ich habe alle sehr lieb gewonnen und bin sehr froh, dass sie mich ‚adoptiert‘ haben und ich ein Teil von so vielen tollen Tänzen sein kann. Jeder ist immer unterstützend und die ganze Atmosphäre fühlt sich einfach nur verdammt richtig an. Auch außerhalb des Tanzens habe ich so wundervolle Menschen kennengelernt, für die ich so dankbar bin. Und dabei ist es nicht wichtig, ob es mit einem einfachen „Hi“ in einem meiner Fächer oder dem Vorstellen durch andere Freunde angefangen hat. Jetzt möchte ich niemanden missen und ich denke, dass das echte Freundschaften sind. Freundschaften, die für immer und sogar über mehr als 15.800 km halten. Es sind Freunde, denen ich alles sagen kann, die an guten Tagen mit mir feiern und an schlechten immer noch bei mir sind und mir zuhören, die immer für einen Spaß zu haben sind und mit denen alles immer gleich doppelt soviel Spaß macht als alleine.
Ich bin sehr dankbar für alles, was mir bisher passiert ist und auch für alles, was mich noch auf diesem Abenteuer erwarten wird. Eines ist aber sicher: Auch wenn nicht immer alles perfekt oder gut ist, alles hat einen Sinn und egal, was passiert, zumindest bin ich nicht allein. ♥