- WELTBÜRGER-Stifter: Offaehrte Sprachreisen
- Programm: Schüleraustausch
- Land: USA
- Dauer: 10 Monate
- Name: Caroline
Caro vermisst ihre Familie, freut sich auf ihren Urlaub in Alabama und wird am Valentinstag reich beschenkt
Mittlerweile ist schon mehr als die Hälfte vorbei und die Zeit rast nur so vorbei. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge schaue ich schon dem Abschied/Wiedersehen entgegen. Es ist teilweise schon schwer, fast ein Jahr lang eben nicht in deiner richtigen Familie, sondern doch nur in einer Gastfamilie zu leben. Manchmal fühle ich mich doch mehr als Gast und vermisse das Gefühl, ein vollwertiges Mitglied einer Familie zu sein.
Es sind so Kleinigkeiten, die fehlen, wie einfach mal rumzumotzen, beim Einkaufen deine Eltern zu bitten etwas zu kaufen (in einem mehr oder weniger freundlichen Ton und manchmal auch weniger eine Bitte als vielmehr ein “Ich will”), eingespielte Familienrituale oder einfach mal zu kuscheln. Für mich ist es außerdem noch etwas schwerer, da ich mir ein Zimmer mit meiner 5-jährigen Gastschwester teile. Damit habe ich generell kein Problem, aber in manchen Momenten sehne ich mich doch nach mehr Privatsphäre und meinem eigenen Zimmer, in dem ich auch einfach mal für eine Weile Unordnung haben kann und nicht morgens aufwache, da jemand das Zimmer verlässt.
Was ich neben Familie und Freunde am meisten vermisse, ist echt das öffentliche Verkehrsmittelsystem. Hier können die Jugendlichen schon mit 16 Jahren Auto fahren, also brauchen sie keine Busse oder Züge, aber ich schon! Ich mag es gar nicht so auf andere Menschen angewiesen zu sein, die mich immer überall hinfahren und dann auch wieder abholen müssen. Ich bin es gewohnt, ganz eigenständig einfach den nächsten Zug oder Bus zu nehmen und es stört mich unheimlich, dass ich das hier nicht kann. Es gibt sogar viele Erwachsene und Omas, die noch nie Zug gefahren sind, Jugendliche schon gar nicht.
Das Vorurteil, dass die Schule in Amerika viel leichter ist, kann ich nur bestätigen. Ich habe wirklich fast nie Hausaufgaben zu tun, von Lernen ganz zu schweigen. Ich hab nur A’s und wurde aufgrund meiner guten akademischen Leistungen eingeladen, bei der Abschlussfeier der Seniors zu helfen, was wohl eine Ehre ist (und ich mach buchstäblich nichts Schulisches außerhalb des Unterrichts). Ich habe nur 4 Fächer, die ich auch in Deutschland hätte (Englisch, Mathe, Geschichte und Environmental Science (ein Mischmasch aus Biologie, Physik, Erdkunde, Chemie)) und ansonsten noch Fußball und Fashion & Apparel Design (hab ich jetzt seit dem 2. Semester statt Creative Writing).
Generell gehe ich gerne in die Schule und die meisten Klassen machen echt Spaß. Geschichte nicht ganz so, aber das war auch in Deutschland nie mein Lieblingsfach. Dafür mag ich Fashion & Apparel Design sehr! Da machen wir gerade einen kleinen süßen Geldbeutel, bald fangen wir mit einem Kissen an und später machen wir noch eine Tasche und eine Schürze. Und auch Fußball ist immer noch richtig toll, auch wenn es jetzt richtig zur Sache geht, da wir uns für die Saison richten. Wir hatten schon Trainingsspiele, aber nächsten Dienstag gehts dann los mit unserem ersten richtigen Spiel gegen Westmoore.
Um ehrlich zu sein, wurde ich noch nie so reich beschenkt am Valentinstag und das auch ohne Freund. Ich habe Süßigkeiten von einem aus meiner Klasse bekommen, ein Kuscheltier und Schokolade von meiner Gastmama, zwei Packungen Schokolade von meiner Kirchengruppenleiterin und etwas Gebäck und eine Karte von meiner Gastmama.
Jeden Mittwoch und Sonntag gehe ich in die Kirche, worauf ich mich immer die ganze Woche schon freue! Die Kirche ist alles andere als langweilig und die Menschen sind alle unglaublich nett. Man trifft auch viele Gleichaltrige, wenn nicht sogar Freunde aus der Schule dort, da es einfach normal ist in die Kirche zu gehen. Das gefällt mir sehr an der Einstellung der meisten Jugendlichen. Was mir jedoch überhaupt nicht gefällt, ist, dass oft etwas gesagt und ausgemacht wird, das dann in letzter Minute doch wieder abgesagt wird. Das habe ich jetzt schon so oft erlebt, dass ich mittlerweile glaube, dass das hier normal ist und einfach dazugehört. Ich muss mich wohl daran anpassen solange ich hier bin, aber das ist etwas, das ich ganz sicher nicht übernehmen werde.
Ich freue mich schon, wenn es endlich wieder wärmer wird, da die Kälte hier ein Grund ist, das Haus nicht zu verlassen und ich will endlich wieder rausgehen und etwas unternehmen. Es steht noch viel auf meiner “Bucketliste” für die Zeit, die ich hier bin und mir steht ja auch noch ein Urlaub am Golfstrom in Alabama bevor.