- WELTBÜRGER-Stifter: Carl Duisberg Centren
- Programm: Schüleraustausch
- Land: USA
- Dauer: 10 Monate
- Name: Tobias
Spontan ins Auslandsjahr? Klar!
Ich kam relativ kurzfristig auf die Idee ein Auslandsjahr zu machen. Bei mir war es so, dass eine befreundete Familie uns besuchen kam und davon erzählte, dass sie letztens auf einer Messe für Auslandsaufenthalte waren. In dem Moment habe ich mir dann gedacht, dass so ein Auslandsjahr eigentlich eine ziemlich gute Idee ist.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich davor noch nie richtig über ein Auslandsjahr nachgedacht habe. Ich habe danach erst mal mit meiner Mutter darüber gesprochen und kurz darauf war klar, dass ich ein Auslandsjahr machen werde. Ich habe im Internet lange gesucht und ich muss zugeben: Mein Traumziel wäre eigentlich Neuseeland gewesen. Dass es am Ende doch in die USA ging, bereue ich trotzdem nicht.
Ich habe mich insgesamt bei zwei Organisationen beworben und mich dann am Ende auf Grund der finanziellen Frage entschieden. Kurz darauf wurde ich angenommen und dann ging alles ganz schnell. Ich habe die ganzen notwendigen Papiere ausgefüllt und meine Bewerbung abgeschickt, sodass die entsprechende Partnerorganisation eine Gastfamilie und eine Schule suchen konnte.
Ich habe dann auch ein Visum beantragt, und ganz ehrlich, da man meistens einen Termin unter der Woche kriegt, geht das relativ schnell, da das für die Leute, die das da machen, Alltag ist. Ich war nach 20-30 Minuten aus dem Konsulat wieder raus.
Ich bekam meine Gastfamilie während den Osterferien, als wir in Frankreich waren und gerade beim Mittagessen saßen. Für mich ging es nach Houston zu einer dreiköpfigen Familie mit einem 11-jährigen Sohn. Ich habe dann noch am gleichen Abend direkt eine Mail geschrieben, um den ersten Kontakt herzustellen.
Abflug Richtung Houston
Der Abschied, besonders von meiner Familie, war sehr schwer, vor allem da ich es die ganze Zeit irgendwie dann doch nicht begreifen wollte, dass ich bald für 10 Monate auf der anderen Seite der Welt sein würde. Ganz begreifen musste ich es dann, als ich am Flughafen an der Sicherheitskontrolle angekommen war und mich endgültig verabschieden musste.
Dann sollte man ja eigentlich erwarten, dass es während des Fluges langsam besser werden würde und dann die Vorfreude überwiegt, das war auch bei mir so, aber erst mal hatte mein Flieger eine Stunde Verspätung. Die Ankunft am International Houston Airport lief sehr gut. Der Weg war immer klar ausgeschildert, sodass ich schnell zum Gepäckband kam und dann endlich meine Gastfamilie persönlich treffen konnte.
Meine Gastfamilie hat mich super nett empfangen, der Tag war aber trotzdem sehr hart, weil ich direkt versucht habe einen normalen Rhythmus zu leben und entsprechend auch erst am Abend ins Bett zu gehen. Also hatte ich einen 24 Stunden Tag, da ich auch auf dem 10 Stunden Flug nicht schlafen konnte.
Das erste Wochenende war sehr spannend, da meine Gastfamilie eine Party organisierte, wo ich ganz viele Leute kennengelernt habe – auch einen, der in meiner Stufe und im Football Team war, wo ich am Montag anfangen sollte, was mir sehr geholfen hat, andere Leute kennenzulernen.
Erster Schultag an meiner High School
Am Montag darauf wurde ich dann ins System der Schule aufgenommen, konnte meine Fächer wählen und hatte mein erstes Football Training. Ich habe Mathe, US Geschichte, Englisch, einführende Psychologie, Chemie Pre-AP (also annähernd College-Niveau), und Nutrition Class (Kochen) belegt.
Football war für mich ein komplett neuer Sport und da ich keine Ahnung hatte, welche Position ich spielen möchte oder was ich genau zu tun habe, habe ich mich während den ersten paar Tagen einfach mal auf jeder Position umgeschaut und bin am Ende bei den Receivern hängen geblieben, also bei denen, die die Pässe fangen sollen. Noch genauer war ich ein y-Receiver oder Tight End. Nachdem ich meine Position wusste, musste ich dann die ganzen Spielzüge herausfinden, was besonders in Football sehr schwierig ist (z. B. right empty far jump 91 10-lock).
Ich hatte das Glück, dass eine Nachbarin eine 12. Klässlerin (Senior) war, und mich zur Schule fahren konnte. Dadurch habe ich auch andere Leute kennengelernt. Der erste Schultag war dann ein bisschen komisch, weil die deutsche und die amerikanische Schule sich sehr stark unterscheiden. Der erste Schultag ist sehr einfach gestaltet, da es eigentlich nur „lern die Lehrer kennen“ ist.
Da meine Schule um 2200 Schüler hat, hat es einige Zeit gebraucht, bis die meisten wussten, dass ich aus Deutschland bin. Nach 2-3 Wochen war es dann immer noch so, dass ein paar aus meinem Footballteam zu mir gekommen sind und gefragt haben ob ich denn wirklich aus Deutschland bin (und ich habe schon mit denen gespielt und gesprochen).
Die ersten Schulwochen waren noch sehr spannend und dann habe ich mich so langsam in den Alltag eingelebt. Meine Gastfamilie hat sehr viel gemacht, um mir typisch amerikanische Sachen zu zeigen. Zum Beispiel haben sie mich zu einem Baseballspiel mitgenommen.
Über das Baseballteam in Houston muss man wissen, dass der Name des Teams Astros ist, und sie 2017 die World Series gewonnen haben und deswegen relativ berühmt sind. Über ein Baseballspiel sollte man außerdem wissen, dass es sehr langwierig ist und etwas langweilig werden kann, so langweilig, dass ein 11-jähriger Gastbruder schon mal einschlafen kann. Das Ganze war trotzdem eine gute Erfahrung und ich würde es jedem empfehlen, wenn man denn schon mal in den USA ist.
Fernweh? JuBi!
Texas genauer kennen lernen
Außerdem sind wir an einem Wochenende in die Nähe von San Antonio gefahren, wo wir typische Sehenswürdigkeiten in San Antonio und ein paar traditionell zentral texanische Sachen gesehen haben. In San Antonio haben wir das Alamo besucht, sind am Riverwalk entlanggelaufen, und haben alle 6 oder 7 Attraktionen vom Ripleys besucht. An einem anderen Tag sind wir nach Gruene gefahren, eine typisch texanische Stadt (auch eine berühmte Touristenattraktion) und waren in einem Schlangen- & Alligatorzoo.
Was dann als Nächstes noch anstand war Halloween. Für Amerikaner ist Halloween definitiv unter den drei wichtigsten Feiertagen im Jahr. Es hatte gefühlt jeder Skelette, aufblasbare riesige Katzen oder Spinnennetzte im Vorgarten. Am Samstag vor Halloween waren wir dann noch in einer großen Gruppe Kürbisse schnitzen.
An Halloween selbst hatten wir Pech, dass es so ziemlich den ganzen Tag regnete, aber für die Parade in der Nachbarschaft, wo gut 300-400 Leute verkleidet waren, war es zum Glück trocken. Diesen Donnerstag (1. November) haben wir leider auch schon das letzte Football-Spiel, da danach die Saison schon vorbei ist.
Thanksgiving in Florida
Der nächste große Feiertag nach Halloween war Thanksgiving. Zu diesem Anlass fuhren wir nach Seaside in Florida, um Freunde zu treffen. Alle gemeinsam wohnten wir dann eine Woche lang mit 8 Personen in einem Haus direkt am Meer.
Den gesamten ersten Tag verbrachten wir am Strand, am zweiten Tag blieben wir im Haus, da es die meiste Zeit regnete. Am Abend besserte sich das Wetter dann, sodass wir nach Rosemary Beach fuhren und den Tag dort ausklingen ließen.
An Thanksgiving war ab etwa 7 Uhr Hochbetrieb in der Küche, da das Thanksgiving Meal für den Mittag angesetzt war. Es gab eine große Auswahl an klassischen Thanksgiving Gerichten, unter anderem zwei verschiedene Pies.
Einige Tage nach Thanksgiving machten wir einen Ausflug in eine nahe gelegene Gegend, durch die gerade erst ein Hurrikan gefegt war. Die Auswirkungen des Wirbelsturms waren wirklich schockierend: Am Strand waren bis auf einige wenige Ausnahmen alle Häuser zerstört und es stand kaum noch ein Baum.
Adventszeit und Weihnachten
Den Sonntag, an dem wir zurück kamen, nutzten wir, um das Haus und den Vorgarten weihnachtlich zu dekorieren. Als wir fertig waren, leuchtete unser Garten heller als jeder andere in der Straße und auch im Vergleich zum Rest des Viertels lagen wir definitiv ganz weit vorne; wir hatten wirklich sämtliche Dekoration, die im Haus zu finden gewesen war, in irgendeiner Form genutzt.
Im Haus selbst stand ein Plastikbaum, selbstverständlich auch von oben bis unten geschmückt und in allen Räumen verteilt fanden sich Nussknacker, Räuchermännchen und Weihnachtsmänner.
Am 2. Adventswochenende entschied mein Gastvater kurzfristig, dass es eine Dessert-Party geben sollte; hierzu bekam ich den Auftrag, verschiedene typisch deutsche Nachspeisen zuzubereiten und ich entschied mich für einen Hefezopf, rote Grütze und Kaiserschmarrn.
Bis zum Weihnachtsmorgen, dem 25. Dezember, verlief dann alles wieder wie gewohnt, da die Adventszeit hier nicht besonders gefeiert wird. So hatten wir zum Beispiel keinen Adventskranz und auch der Abend des 24. Dezember verlief einigermaßen unspektakulär.
Am Morgen des 25. Dezembers allerdings wurden dann endlich Geschenke geöffnet und gemeinsam mit Freunden ausgiebig gefrühstückt. Einige Stunden später aßen wir dann gemeinsam mit der gesamten Familie zu Mittag; es gab verschiedene Gerichte aus der Tiefkühltruhe, die wir nur noch in den Ofen schieben mussten, wodurch allen eine Menge Stress erspart blieb.
Winterurlaub in New Mexico
Am nächsten Tag fuhren wir dann gegen 4 Uhr morgens los nach New Mexico, zum Ferienhaus meiner Gastfamilie. Kurz bevor wir angekommen waren, etwa 100 Meter von unserem Ziel entfernt, trafen wir auf ein Auto, das mitten auf der Straße im Schnee stecken geblieben war.
Wir mussten also, unmittelbar vor dem Start in unseren Weihnachtsurlaub, einen zweiten Weg abseits der Straße freischaufeln, um das Haus überhaupt erreichen zu können. Den gesamten Urlaub lang hatten wir dann optimales Winterwetter! Es lagen etwa 30 cm Schnee, sodass beinahe alle Pisten im nahe gelegenen Skigebiet geöffnet waren.
Dieses Skigebiet erstreckte sich über beide Seiten des Berges, sodass wir es in 5 Tagen gerade einmal schafften, jede der blauen (blau bedeutet in den USA den Schwierigkeitsgrad Medium, ist also das Pendant zu den deutschen roten Pisten) Pisten einmal zu testen.
Natürlich war auch Burke, unser Hund, in diesem Urlaub dabei; es war lustig anzusehen, wie er von Zeit zu Zeit einfach mal im Schnee verschwand. Am vorletzten Tag unseres Urlaubs gingen wir dann noch einmal Schneewandern. Hierzu liehen wir uns extra Schneeschuhe, die ihre Funktion meiner Meinung nach allerdings verfehlten, da sie nicht im Stande waren, mich sicher im Schnee zu halten.
Baseball-Try-Outs und Theater
Nach den Ferien fing ich an, mich auf die Baseball Try-Outs vorzubereiten. Dazu trainierte ich mit einem Freund meines Gastvaters, dessen Sohn momentan für das Trinity-College-Baseball-Team spielt. Ich schaffte es schlussendlich zwar leider nicht ins Team, muss aber auch sagen, dass die Anforderungen, die im Profisport an einen gestellt werden, einfach enorm sind.
Nachdem ich es nicht geschafft habe, in das Baseball-Team zu kommen, habe ich nach etwas anderem gesucht, was ich nach der Schule machen konnte. Ich habe mich dann dafür entschieden mich für Pippin, die letzte Theatershow des Schultheaters, als Teil der Crew zu bewerben.
Wir sind dann auch einmal zu einem Spiel der Dynamos gegangen. Auch wenn es nicht annähernd so aufregend oder emotional bzw. stimmungsvoll war, wie ein Fußballspiel in Deutschland, war es trotzdem eine schöne Erfahrung.
Ich habe mich dann auch zwischendurch öfter mit meinen Freunden getroffen, da manche von ihnen auch im Theater tätig waren, und wir nach dem ersten Semester wirklich zu guten Freunden wurden.
In der Woche vor Springbreak hatten meine Gasteltern dann Hochzeitstag und haben entschieden, dass wir alle zusammen zum Rodeo gehen. Also habe ich mir einen Hut und Stiefel von meinem Gastvater ausgeliehen, damit ich auch wie ein echter Texaner aussehen konnte.
Besuch aus der „alten“ Heimat
Die nächste große Sache war dann, als meine Mutter für Spring Break gekommen ist. Meine Mutter ist am Sonntag gelandet und am Montag sind wir als erstes durch Memorial Area gefahren und an alle Orte gefahren, wo ich regelmäßig war. Nachmittags sind wir dann noch in die Memorial City Mall gefahren und shoppen gegangen und abends sind wir dann noch zu einem Rockets Spiel (Basketball) gefahren.
Die Arena hatte ein Fassungsvermögen von ungefähr 80.000 Zuschauern, aber da die Arena nicht komplett gefüllt war und die Rockets nur gegen die Charlotte Hornets gespielt haben, war leider die Stimmung nicht so gut. Es war trotzdem ein schönes Spiel, was die Rockets natürlich gewannen.
Am Dienstag sind wir dann zu NASA gefahren. Da der Vater von einem Freund von meinem Gastvater bei NASA arbeitet, konnte er uns eine VIP-Tour besorgen wodurch wir unseren eigenen Tourguide hatten und eine besondere Führung durch normalerweise nicht zugängliche Bereiche bekamen. Wir durften sogar dem Präsidenten von NASA die Hand schütteln.
An dem Tag haben wir so viele unglaublich aufregende und interessante Dinge gesehen, wie zum Beispiel das echte Mission Control, Wissenschaftler, die gerade am neuesten Roboter gearbeitet haben, und den größten Indoor-Pool der Welt mit einer originalgetreuen Nachstellung der ISS.
Am Mittwoch haben wir einen gemütlichen Vormittag gemacht und am Nachmittag sind wir nach Downtown gefahren und dort in die Cistern gefahren, was eine digitale Kunstausstellung in einem leergelegten Wassertank ist. Am Donnerstag waren wir vormittags bei Blue Bell Ice Cream und nachmittags sind wir zum Rodeo gefahren.
Nahender Abschied nach dem Auslandsjahr
Pippin war eine sehr akrobatisch tänzerisch ausgelegte Show, weswegen es für die Set Crew diesmal leider nicht so viel zu tun gab. Dafür haben wir an einem neuen Soundsystem für die Blackbox (was im Prinzip einfach eine Art Probebühne ist) gearbeitet. Dafür haben wir dann eine erhöhte Plattform mit Leiter und Stauraum gebaut.
Das war eine lustige Zeit, wo ich auch etwas erleben durfte, was ich noch nicht erlebt habe und wahrscheinlich nicht nochmal erleben werde und ich würde es jedem empfehlen, wenn sich die Möglichkeit ergibt, dass man im Theater der Schule mitmachen kann, dass man diese Chance dann nutzt.
In der Zeit war auch ein langes Wochenende, wo wir erst zu der Großmutter von meiner Gastmutter und dann zu Freunden in Wimberly gefahren sind, die ein großes Haus und ein riesiges Grundstück hatten, wo wir dann das Wochenende verbracht haben.
In der Zeit war dann auch noch mein Geburtstag, was ein wirklich schöner Tag war, da am Morgen Luftballons im Flur hingen und das Wohnzimmer dekoriert war. Ich musste erst noch in die Schule, da das auch der letzte Tag war, wo noch Shows von Pippin gelaufen sind. Da bin ich dann früher weg, da meine Gastfamilie eine Überraschung geplant hatte. Wir sind dann zum Minute Maid Park gefahren, da dann ein Home Run Derby der Texans war.
Den Rest meiner Zeit in den USA habe ich dann friedlich verbracht und in der letzten Woche habe ich dann nochmal viel mit meinen Freunden gemacht und mich schon relativ früh auf meine Abreise vorbereitet, da ich schon eine Gitarre mit hatte, das heißt ich dachte ich muss schon extra bezahlen und habe mir kein zweites Gepäckstück mitnehmen können.
Der Flug war dann ganz ok, ich hatte nur sehr viele kleine Kinder in meiner Umgebung was es alles ein bisschen anstrengend gemacht hat.
Das Auslandsjahr in den USA war unglaublich schön und eine unbeschreibliche Erfahrung die ich jedem empfehlen würde.